Leitsatz (amtlich)

1. Eine zulässige, über § 3 Abs. 3 S. 4 VermG zu einem Erstattungsanspruch führende Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahme des Verfügungsberechtigten ist es auch, wenn das Mietobjekt über Modernisierungen (hier: Erneuerung der Fenster, Heizungs-, Sanitär- und Fassadensanierung) am Wohnungsmarkt gehalten und Leerstand verhindert wird.

2. Ist eine Gesamtsanierung wirtschaftlich sinnvoll, muss sich der Verfügungsberechtigte nicht auf das „Notwendige”, also Stückwerk, beschränken.

3. Eigene Arbeitsleistungen sind dem Verfügungsberechtigten nicht zu erstatten.

4. Nimmt der Verfügungsberechtigte für zulässige Maßnahmen Fremdmittel in Anspruch, so kann er die in diesem Zusammenhang aufgewandten Finanzierungskosten (Zinsen) als weiteren Aufwand erstattet verlangen.

 

Verfahrensgang

LG Dessau (Urteil vom 05.07.2002; Aktenzeichen 4 O 310/01)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Dessau vom 5.7.2002, Geschäftszeichen: 4 O 310/01, abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 5.107,68 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 9.12.2000 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Kläger jeweils 3/10 und der Beklagte 2/5.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 10.000 Euro abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Weise leisten. Jeder Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 2.500 Euro abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision ist zulässig.

und beschlossen:

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 131.657 Euro festgesetzt. Der Streitwert erster Instanz beträgt unter Abänderung seiner Festsetzung im Urteil des LG vom 5.7.2002 389.771,94 DM.

 

Gründe

A. Wegen der darin enthaltenen tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf die angefochtene Entscheidung, das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Dessau vom 5.7.2002, verwiesen. Das von dem Restitutionsantrag der Kläger betroffene und sich in der Verfügungsmacht des Beklagten befindliche Mietwohngrundstück liegt in der H.-Straße 16 in W. Nach der Bestandskraftfeststellung des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen beim Landratsamt M.-kreis vom 27.9.1999 (Bd. I Bl. 5 f. d.A.), auf die inhaltlich Bezug genommen wird, trat die Bestandkraft des die Kläger begünstigenden Rückübertragungsbescheides am 28.6.1999 ein.

Dem auf Herausgabe des nach dem 1.7.1994 vom Beklagten eingezogenen Mietzinses (= 225.410,85 DM) gerichteten Anspruch der Kläger hat der Beklagte zunächst die Aufrechnung mit mehreren Gegenforderungen aus dem gleichen Zeitraum i.H.v. insgesamt 189.353,91 DM entgegen gestellt. Sodann hat der Beklagte von ihm zwischen Oktober 1990 und 30.6.1994 getätigte grundstücksbezogene Ausgaben von zusammen 284.478,30 DM in den Prozess eingeführt, denen bis zum 30.6.1994 angefallener Mietzins von 84.060,27 DM ggü. steht. Mit dem verbleibenden Betrag von 200.418,03 DM hat der Beklagte ebenfalls die Aufrechung erklärt.

Die 4. Zivilkammer des LG Dessau hat den Beklagten durch Entscheidung vom 5.7.2002 verurteilt, an die Kläger 78.727,59 Euro (= 153.977,78 DM) nebst Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen. Nach Auffassung des LG führten von den eingewandten Aufwendungsersatzansprüchen des Beklagten lediglich einige zum Erlöschen des Herausgabeanspruchs der Kläger und zwar in einem Gesamtumfang von 71.433,06 DM (30.703,04 DM aus der Zeit vor dem 1.7.1994 und 40.730,02 DM aus der Zeit danach). Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner auf Abweisung der Klage gerichteten Berufung, die sich aufgrund des Weiterverfolgens von mehreren zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen im Wert von 257.498,72 DM auf das Erlöschen des Herausgabe- sprich Zahlungsanspruchs der Kläger stützt. Die Kläger verteidigen das Urteil des LG und beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

B. Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache zum Teil Erfolg.

I. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Kläger vom Beklagten die von ihm seit dem 1.7.1994 eingezogenen Mieten herausverlangen können. Gegenstand der Berufung sind daher, wie auch in erster Instanz, die gestaffelt (zum Teil hilfsweise) zur Aufrechnung gestellten Aufwendungsersatzansprüche des Beklagten.

1. Rechnet der Beklagte mit mehreren, die Forderung des Klägers übersteigenden Gegenforderungen auf, ist er zur Angabe der für die gerichtliche Prüfung seiner Ansprüche maßgeblichen Reihenfolge gehalten (OLG Frankfurt, Urt. v. 15.6.2000 – 1 U 55/99, OLGReport Frankfurt 2001, 149 ff.; OLG Schleswig, Urt. v. 14.5.1975 – 4 U 48/74, MDR 1976, 50 ff.). Diese, auf eine Bestimmung nach § 396 Abs. 1 S. 1 BGB abstellende Pflicht ist Ausdruck des auch für die Prozessaufrechnung geltenden Bestimmtheitsgrundsatzes. Ihr ist bei Aufrechnung mit einer Forderungsmehrh...

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