Entscheidungsstichwort (Thema)
Konkurrenz von Insolvenzverwalter und Kanzleiabwickler bei Honorarbeitreibung
Leitsatz (amtlich)
Zur gerichtlichen Geltendmachung von Gebührenforderungen eines Rechtsanwalts, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, ist ausschließlich der Insolvenzverwalter berechtigt. Die Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens durch Abwickler der Kanzlei des Rechtsanwalts entfaltet keine verjährungshemmende Wirkung.
Verfahrensgang
AG Dessau-Roßlau (Urteil vom 12.03.2013; Aktenzeichen 8 Lw 7/06) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 12.3.2013 verkündete Urteil des AG - Landwirtschaftsgericht - Dessau-Roßlau teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 23.419,78 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Mit Bestallungsurkunde der Rechtsanwaltskammer des Landes Sachsen-Anhalt vom 23.4.2004 wurde Rechtsanwalt Dr. P. R. zum Abwickler der Kanzlei des ehemaligen Rechtsanwalts W. G. bestellt. Mit Beschluss des AG - Insolvenzabteilung - Halle-Saalkreis vom 14.5.2004 (59 IN 258/04) ist über das Vermögen des W. G. das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt H. F., der Kläger, zum Insolvenzverwalter bestellt worden.
Auf den für W. G. gestellten Antrag des Rechtsanwalts Dr. R. vom 6.10.2004 ist am 16.11.2004 gegen den Beklagten ein Mahnbescheid über eine Hauptforderung i.H.v. 23.443,51 EUR ergangen, in welchem der geltend gemachte Anspruch wie folgt bezeichnet ist:
"anwaltliche Gebührenforderungen des RA W. G. aus Vertretung in verschiedenen Landwirtschaftssachen vor dem AG Dessau vom 11.02., 12.02. und 13.2.2003 sowie 2.1.2002 und 10.01. sowie 19.7.2004 i.H.v. insgesamt EUR 23.443,51, Mahnungen blieben erfolglos.
nicht anderweitig festsetzbar."
In der Rubrik "Nebenforderung" ist der Betrag " EUR 0,00" benannt. In der Rubrik "Zinsen, Bezeichnung der Nebenforderung" ist folgende Eintragung enthalten:
"Zinsen und Nebenforderungen laut beiliegender Anlage".
Dem Mahnbescheid ist eine "Anlage zum Mahnbescheid Akte:... RA Dr. R. als Abwickler./. B. " beigefügt, in der den dort aufgelisteten 22 Forderungen jeweils ein "Zins: 0 %" vorangestellt worden ist.
Gegen den ihm am 23.11.2004 zugestellten Mahnbescheid hat der Beklagte am 1.12.2004 Widerspruch eingelegt.
Im Jahre 2001 hatte der Beklagte den damaligen Rechtsanwalt W. G. mit der gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz (LwAnpG) gegen die Landhof T. e. G. beauftragt. Diese Ansprüche waren dem Beklagten von ehemaligen LPG-Mitgliedern abgetreten worden. Die von W. G. gefertigten und vom Beklagten persönlich am 31.12.2001 in den Nachtbriefkasten des AG Dessau eingeworfenen 20 Antragsschriften erhielten dort die Aktenzeichen 8 Lw 34/01 - 8 Lw 53/01.
Für seine anwaltliche Tätigkeit in diesen Verfahren machte W. G. gegenüber dem Beklagten mit Kostenrechnungen vom 11.2.2003, 12.2.2003, 13.2.2003 und 10.1.2004 - unter Berücksichtigung vom Beklagten geleisteter Vorschüsse i.H.v. 21.870,97 EUR - einen Gesamtbetrag von 23.443,51 EUR geltend.
Wegen der Vertretung in einem weiteren Verfahren, in welchem es um einen möglichen Verstoß des Beklagten gegen das Rechtsberatungsgesetz ging, machte W. G. mit Rechnung vom 19.7.2004 gegen den Beklagten einen Betrag von 198,36 EUR geltend.
Unter Übersendung einer auf einem Gesamtstreitwert von 409.033,50 EUR basierenden neuen Kostenrechnung über 5.539,70 EUR bot Rechtsanwalt Dr. R. dem Beklagten mit Schreiben vom 25.10.2004 - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - an, dass bei Zahlung dieses Betrages - 5.539,70 EUR - bis zum 8.11.2004 und bei Verzicht des Beklagten auf sämtliche eventuelle Einwendungen gegen den Honoraranspruch die neue Kostenrechnung maßgeblich sein solle (Anlage B 2 und B 8). Hierauf erwiderte der Beklagte nicht.
Am 30.3.2006 ist die Anspruchsbegründung des Rechtsanwalts Dr. R. beim AG Dessau eingegangen, an das der Rechtsstreit mit Beschluss des AG Bitterfeld vom 22.9.2005 verwiesen worden war. Mit Beschluss vom 8.5.2006 hat das AG Dessau - Zivilabteilung - den Rechtsstreit an das Landwirtschaftsgericht des AG Dessau abgegeben.
Nach Beendigung der Bestallung des Rechtsanwalts Dr. R. als Abwickler zum 30.6.2007 hat dieser dem Gericht die am 14.5.2004 erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens mitgeteilt. Am 7.10.2011 hat der Kläger die Aufnahme des Rechtsstreits erklärt.
Der Kläger hat vorgetragen, dass es W. G. nicht möglich gewesen sei, die 20 Ansprüche im Rahmen nur einer Antragsschrift geltend zu machen. Zum Einen sei der Beklagte erst am 30.12.2001 bei W. G. erschienen, so dass angesichts des zum 31.12.2001 dro...