Leitsatz (amtlich)
Zum Nachweis eines Unfalls in der Vollkaskoversicherung bei unklarer Spurenlage und der vom Versicherer eingewandten vorsätzlichen Herbeiführung des Schadensereignisses nach § 61 VVG a.F.
Verfahrensgang
LG Stendal (Urteil vom 07.02.2012; Aktenzeichen 23 O 257/09) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Stendal vom 7.2.2012 - 23 O 257/09, abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 15.603,10 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.1.2009 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die weiter gehende Berufung zurückgewiesen und bleibt die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 1/5 und die Beklagte zu 4/5.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aus einer bei der Beklagten unterhaltenen Vollkaskoversicherung aus Anlass eines Verkehrsunfalls vom 4.9.2005.
Der Kläger ist oder war Generalvertreter der Beklagten in B.. Er schloss am 29.3.2004 bei der Beklagten eine Vollkaskoversicherung für seinen Pkw Jeep ... mit dem amtlichen Kennzeichen ... mit einer Selbstbeteiligung von 300,- EUR ab. Das Fahrzeug hatte der Kläger von der D. Leasing GmbH geleast. Nach Ziffer X 4 von deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das Leasing von Fahrzeugen (Bl. 134 Bd. I d.A.) ist der Kläger berechtigt, auch über das Vertragsende hinaus alle fahrzeugbezogenen Ansprüche aus einem Schadensfall im eigenen Namen und auf eigene Kosten geltend zu machen.
Am 4.9.2005 kam es gegen 02:15 Uhr zu einem Verkehrsunfall auf der Bundesstraße ... aus Fahrtrichtung St. in Richtung B. gesehen, an dem der Kläger mit seinem Pkw und M. B. mit dessen Pkw Cadillac ..., den er im Juli 2005 von dem Vorbesitzer B. Bl. zu einem Kaufpreis von 15.000,- EUR erworben hatte, beteiligt waren.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob es sich bei dem Unfall um einen gestellten Verkehrsunfall handelt.
Das LG Stendal hatte mit Urt. v. 29.6.2009 - 23 O 524/06, den Vollkaskoversicherer des Unfallgegners M. B., die M. Versicherungsgesellschaft a. G., auf dessen Klage hin verurteilt, an diesen wegen des Verkehrsunfalls vom 4.9.2005 eine Entschädigungsleistung i.H.v. 6.160,98 EUR zu zahlen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Versicherung wies der Senat mit Urt. v. 11.3.2010 - 4 U 66/09, zurück.
In einem weiteren Verfahren vor dem AG Burg, Az.: 3 C 324/06, hatte der Kläger erfolglos Ansprüche auf Ersatz von Sachverständigenkosten gegen die M. Versicherungsgesellschaft a. G als Haftpflichtversicherer des M. B. eingeklagt.
Der Kläger hat behauptet, er sei am 4.9.2005 gegen 02:15 Uhr auf der Bundesstraße ... aus Richtung St. kommend in Richtung Autobahnauffahrt A 2 B./Ost mit einer Geschwindigkeit von ca. 100 km/h gefahren. Er habe zuvor das vom Zeugen M. B. geführte Fahrzeug überholt. Plötzlich habe er auf seiner Fahrbahnhälfte einen schlecht bis gar nicht beleuchteten weißen Transporter bemerkt, der so langsam gefahren sei, dass er geglaubt habe, das Fahrzeug stehe auf der Fahrbahn. Nach Einleitung einer Notbremsung habe er nach einer Ausweichmöglichkeit gesucht, um einen Auffahrunfall zu vermeiden. Die einzige Möglichkeit sei das Ausweichen auf einen Sommerweg zwischen der Straße und dem Acker auf der rechten Seite der Bundessstraße gewesen. Wäre er dort nicht zum Stehen gekommen, so hätte er mit seinem Geländewagen noch unbeschadet auf den Acker neben dem Weg ausweichen können. Als er seinen Wagen fast zum Stillstand gebracht habe, habe er plötzlich einen heftigen Anstoß von hinten gegen sein Fahrzeug bemerkt. Durch die Wucht dieses Anstoßes sei dann sein Pkw nach vorne bewegt worden und nach rechts von der Straße abgekommen, wo es gegen einen Straßenbaum geprallt sei. Nach dem Unfall habe er gesehen, dass sich zwei Kleintransporter langsam vom Unfallort entfernt hätten. Er selbst sei nach dem Unfallgeschehen benommen gewesen und habe durch den aufgeplatzten Airbag eine leichte Nasenverletzung erlitten. Den Unfallgegner M. B. habe er vorher nicht gekannt. Dieser habe seinen Pkw Cadillac von B. Bl. gekauft. M. B. habe als ehemaliger Zeitsoldat bei der Bundeswehr über entsprechende finanzielle Mittel zum Kauf dieses Fahrzeugs verfügt. Auf ihn seien zwar insgesamt vier Fahrzeuge zugelassen gewesen, was aber kein hinreichender Grund für die Annahme eines fingierten Verkehrsunfalls sei. M. B. habe den Pkw Cadillac und einen Oldtimer Pick Up zur Durchführung von Oldtimer-Veranstaltungen angeschafft. Gegenwärtig sei er als Reisebusfahrer tätig.
Die von ihm begehrte Versicherungsleistung beziffert der Kläger der Höhe nach auf 19.603,10 EUR. Das von ihm in Auftrag gegebene Gutachten des Kfz-Sachverständigen M. R. vom 8.9.2005 (Bl. 8 ff. Bd. I d.A.) schätzt den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs auf 29.000,- EUR einschließlich Mehrwertsteuer. Die D. Bank hat darauf einen Betrag von 9.500,- EUR gezahlt. Der Kläger begehrt nunmehr die Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert und dem von der Bank gezahlten Betrag ...