Leitsatz (amtlich)
1. Die Pflicht eines Beauftragten zur Auskunft nach § 666 Alt. 2 BGB bzw. zur Rechenschaftslegung nach § 666 Alt. 3 BGB erstreckt sich nur auf solche Geschäfte im Namen des Geschäftsherrn, welche er tatsächlich wahrgenommen hat. Für den Umfang dieser Informationspflichten ist es unerheblich, ob die Tätigkeit im Rahmen eines umfänglich erteilten Auftrags oder im Rahmen mehrerer Einzelaufträge erfolgte.
2. Erfüllt ist der Anspruch, wenn der Beauftragte Angaben macht, die nach seinem Willen den Gesamtumfang der Auskunft darstellen. Soweit im Rahmen der Pflicht zur Rechenschaftslegung grundsätzlich Belege beizufügen sind, kann auch diese Pflicht, insbesondere für weit zurückliegende Geschäfte, nur insoweit bestehen, wie dem Auftragnehmer solche Belege noch zur Verfügung stehen.
3. Die Erklärung des Auftragnehmers, über die von ihm dargelegten Einzelaufträge hinaus keinen Gebrauch von der Generalvollmacht gemacht zu haben, ist als eine sog. Gesamterklärung zu bewerten.
Verfahrensgang
LG Stendal (Urteil vom 23.02.2023; Aktenzeichen 21 O 240/21) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das am 23.02.2023 verkündete Urteil der Einzelrichterin der Zivilkammer 1 des Landgerichts Stendal wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil des Senats und das o.a. Urteil des Landgerichts sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 19.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil und etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist.
B. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.
Der Kläger hat zwar als Miterbe gemäß § 2039 S. 1 BGB für die Erbengemeinschaft einen Anspruch gegen die Beklagte auf Auskunft und Rechenschaft aus § 666 BGB. Das Landgericht hat jedoch zu Recht darauf erkannt, dass dieser von der Beklagten erfüllt worden und deshalb gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen ist.
Im Einzelnen:
I. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger als Miterbe gemäß § 2039 S. 1 BGB für die Erbengemeinschaft grundsätzlich einen Anspruch gegen die Beklagte auf Auskunft und Rechenschaft aus § 666 BGB hat.
1. Insoweit wird auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil (Seiten 11, 12) Bezug genommen. Auch der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass in Fällen wie dem vorliegenden, in welchen eine General- und Vorsorgevollmacht erteilt wurde, wegen der weitreichenden Befugnisse für den Auftragnehmer und der erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung für den Auftraggeber auch in einer nahen familiären Beziehung wie der Eltern-Kind-Beziehung kein reines Gefälligkeitsverhältnis, sondern ein Auftragsverhältnis im Sinne der §§ 662 ff. BGB besteht (z. B. Senatsurteil vom 29.09.2021, 2 U 40/21, unveröffentlicht).
2. Die Pflicht zur Auskunft aus § 666 Var. 2 BGB erstreckt sich, ohne dass eine klare Abgrenzung immer möglich und notwendig ist, auf den jeweiligen Stand des Geschäfts in seinem Zusammenhang als Ganzes, d. h. je nach erforderlichem Inhalt ggf. auch auf länger zurückliegende Vorgänge (z. B. BGH, Urteil vom 01.12.2011, III ZR 71/11, BGHZ 192, 1 - 8, zitiert nach juris Rz. 15).
Der Anspruch auf Rechenschaft aus § 666 Var. 3 BGB umfasst die gesamte Dauer der Geschäftsführung. Die im Rahmen der Rechenschaftslegung, die unter anderem zur Vorlage von Belegen verpflichtet, zu erteilenden Informationen werden oftmals, wie auch im vorliegenden Rechtsstreit, deckungsgleich mit den Auskünften sein, die nach § 666 Variante 2 BGB geschuldet werden (z. B. BGH, a.a.O., Rz. 16).
II. Die Beklagte hat den Anspruch des Klägers auf Auskunft und Rechenschaft inzwischen erfüllt. Die vom Kläger mit der Berufungsbegründung erhobenen Rügen greifen nicht durch.
1. Es kann vorliegend dahinstehen, ob die Beklagte, wie es der Kläger behauptet, alle Finanzgeschäfte für die Erblasserin seit dem Tode von deren Lebensgefährten erledigt hat, oder ob die Beklagte, wie sie selbst behauptet, nur einzelne Geschäfte auf Einzelanweisungen der Erblasserin vorgenommen hat.
Denn die Beklagte ist aus § 666 BGB ohnehin (nur) verpflichtet, über solche Geschäfte Auskunft zu erteilen und Rechenschaft zu legen, die sie für die Erblasserin als Auftragnehmerin wahrgenommen hat. Ob dies im Rahmen eines umfänglich erteilten Auftrages oder im Rahmen von Einzelaufträgen geschehen ist, ändert nichts am Umfang ihrer Auskunfts- und Rechenschaftspflicht.
2. Erfüllt ist der Anspruch, wenn der Beauftragte Angaben macht, die nach seinem Willen den Gesamtumfang der Auskunft darstellen (vgl. Grüneberg-Grüneberg, 83. Aufl., § 666 Rz. 3). Soweit im Rahmen d...