Leitsatz (amtlich)

1. Der - unfallbedingte - Ausfall der Nutzungsmöglichkeit eines als Krankentransportwagen genutzten Kleintransporters eines gemeinnützigen Vereins kann einen ersatzfähigen Vermögensschaden darstellen, wenn der Geschädigte auf eine kostenintensive Anmietung eines Ersatzfahrzeugs verzichtet.

2. Verfügt der als Krankentransportwagen genutzte Kleintransporter nach einem Umbau zu einem Kleinbus nicht oder nur in sehr geringem Maße über Sonderausstattungen zum Zwecke des Kranken- bzw. Behindertentransports, so ist für die Bestimmung der Höhe der Nutzungsausfallentschädigung auf Tabellenwerte für einen entsprechenden Kleinbus zurückzugreifen.

 

Verfahrensgang

LG Stendal (Urteil vom 19.09.2012; Aktenzeichen 23 O 502/11)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19.9.2012 verkündete Urteil der Einzelrichterin der Zivilkammer 3 des LG Stendal teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.145,92 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 770 EUR seit dem 27.8.2010 und aus einem Betrag von 375,92 EUR seit dem 6.1.2012 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu ¼ und die Beklagten zu ¾. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 9/10 und den Beklagten zu 1/10 auferlegt.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Von einer Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung hat überwiegend Erfolg.

Dem Kläger steht wegen der Schäden, die an seinem Ford Transit Kleinbus bei dem Verkehrsunfall am 6.6.2010 in T. entstanden sind, gegen die Beklagte zu 1) als Fahrerin gem. §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG sowie gegen die Beklagte zu 2) als Haftpflichtversicherung gem. § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 VVG, Art. 1 Abs. 1 EGGVVG - über die zwischenzeitlich geleisteten Zahlungen hinaus - nur ein Schadensersatzanspruch in Höhe weiterer 770, - EUR zu; hinzu kommt ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten von 375,92 EUR.

1. Eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach besteht. Die Beklagte zu 1) hat bei dem Betrieb des unfallbeteiligten Pkws schuldhaft einen Schaden an dem Fahrzeug des Klägers verursacht, indem sie die Vorfahrt des Klägers missachtete und mit diesem zusammenstieß. Die 100%ige Einstandspflicht der Beklagten zu 1) und 2) ist im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens zwischen den Parteien unstreitig geworden.

2. Die Schadensersatzpflicht umfasst, wie das LG zu Recht und mit zutreffender Begründung ausgeführt hat, gem. § 251 BGB den Ausgleich des merkantilen Minderwerts des Ford Transit Kleinbus. In der mündlichen Verhandlung haben sich die Parteien darauf verständigt, hinsichtlich der Höhe der Wertminderung einen Betrag von 250, - EUR zugrunde zu legen; insoweit bedürfe es der Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht.

3. Eine Nutzungsausfallentschädigung kann der Kläger lediglich i.H.v. 975, - EUR, abzgl. bereits gezahlter 455, - EUR, mithin i.H.v. 520, - EUR beanspruchen.

a) Der Ausfall eines zwar nicht privat, aber auch nicht gewerblich genutzten Kraftfahrzeuges, wie hier des umgebauten Personentransportes (dazu noch sogleich) eines gemeinnützigen Vereins, kann einen ersatzfähigen Vermögensschaden darstellen, wenn der Geschädigte - wie im vorliegenden Fall - auf eine kostenintensive Anmietung eines Ersatzfahrzeuges verzichtet (so OLG Naumburg, Urt. v. 26.1.2009 - Az.: 1 U 76/08 -, NJW-RR 2009, 1187 ff., Ziff. 3.2.; vgl. auch BGH, Urt. v. 26.3.1985 - Az.: VI ZR 267/83 -, NJW 1985, 2471 ff., sowie Grüneberg in Palandt, BGB, 72. Aufl., § 249 Rz. 46 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall bestehen an der nichtgewerblichen Nutzung des beschädigten Kleinbusses keine Zweifel, auch wenn der Kfz.-Sachverständige W. P. sowohl sein Gutachten als auch seine Rechnung vom 15.6.2010 an die "Autovermietung J." adressiert hat. Denn es ist im Verlaufe des Rechtsstreits unstreitig geblieben, dass der Kleinbus von dem Kläger im Rahmen seiner gemeinnützigen Aufgaben - vor allem zum Zwecke des Behindertentransports - eingesetzt worden ist.

Im Übrigen hat das LG in der angefochtenen Entscheidung zu Recht unterstellt, dass - im Sinne einer tatsächlichen Vermutung - die Nachteile des vorübergehenden Ausfalls des Kleinbusses für den Kläger deutlich fühlbar gewesen sind (vgl. dazu OLG Naumburg, a.a.O., Ziff. 3.2.). Das betrifft etwa die Organisation der Einsatzfahrten der verbleibenden Transportfahrzeuge, die zwangsläufig zur Kompensation des Ausfalls häufiger im Einsatz unterwegs sind, die Wartung usw., aber auch Anpassungen der Dienstpläne der Fahrzeugbesatzungen, insbesondere auch im Hinblick auf die jeweiligen Fahrzeugübernahmen. Diese fühlbaren Nachteile wären nicht entstanden, wenn sich der Kläger für die Ausfallzeit des Kleinbusses ein Ersatzfahrzeug gemietet hätte.

b) ...

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