Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem Totalschaden an einem Kraftfahrzeug liegt eine Ersatzbeschaffung i.S. einer Naturalrestitution auch dann vor, wenn sich der Geschädigte bei der Ersetzung nicht auf die Beschaffung eines nur gleichwertigen Fahrzeugs beschränkt (hier: Neuwagen statt Gebrauchtwagen). Die Höherwertigkeit kann im Rahmen der Begrenzung der Höhe der erstattungsfähigen Kosten nach Wirtschaftlichkeitsgebot des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB angemessen berücksichtigt werden.
2. Kosten für einen Besuch nächster Angehöriger am Krankenbett der Geschädigten können unter besonderen Umständen auch dann als Heilbehandlungskosten erstattungsfähig sein, wenn die Geschädigte nicht stationär in einem Krankenhaus medizinisch versorgt wird (hier: Erstattungsfähigkeit der Flugreisekosten des Ehemannes im beruflichen Auslandseinsatz trotz Entlassung der Geschädigten in die ambulante Versorgung bei posttraumatischer Belastungsstörung).
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 15.12.2009; Aktenzeichen 10 O 1367/09) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15.12.2009 verkündete Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des LG Magdeburg unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 2.899,07 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3.12.2008 sowie weitere 1.538,19 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.4.2009 zu zahlen.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 817 EUR für die Zeit vom 2.12.2008 bis zum 29.9.2009 sowie aus 569 EUR für die Zeit vom 10.4.2009 bis zum 29.9.2009 zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche eventuellen weiteren materiellen und immateriellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 30.10.2008 zu erstatten, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind.
4. Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben die Klägerin zu 34,5 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 65,5 % zu tragen; diejenigen der zweiten Instanz fallen der Klägerin zu 74 % und den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 26 % zur Last.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Die Klägerin ist Geschädigte eines Verkehrsunfalls am 30.10.2008 nahe B.. Die Beklagten (Kfz-Haftpflichtversicherung, Führer und Halterin des unfallbeteiligten Flüssiggas-Tanklastzuges) erkannten ihre 100%ige gesamtschuldnerische Haftung bereits vorgerichtlich an; die Beklagte zu 1) regulierte einige Schadenspositionen der Klägerin. Weitere Schadenspositionen sind Gegenstand der Klage, die in erster und in zweiter Instanz jeweils erweitert worden ist.
Von einer Darstellung der tatsächlichen Feststellungen i.S.v. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
Das LG hat der Klage teilweise stattgegeben und sie im Übrigen als unbegründet abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie die erstinstanzlich nicht zuerkannten Schadenspositionen weiter verfolgt und zudem Schadenersatzansprüche wegen einer im Wesentlichen im Jahre 2010 erfolgten weiteren medizinischen Behandlung geltend gemacht.
Der Senat hat am 5.5.2010 mündlich zur Sache verhandelt; die Schriftsätze der Beklagten vom 19.5.2010 und der Klägerin vom 26.5. und 4.6.2010 sind bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden.
B. Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie hat jedoch in der Sache nur teilweise Erfolg.
Über die vom LG ausgesprochene Verurteilung hinaus hat die Klägerin gegen die Beklagten als Gesamtschuldner auch Ansprüche auf Erstattung der Transportkosten für die Überführung des Ersatzfahrzeuges i.H.v. 495 EUR, der Reisekosten ihres Ehemannes i.H.v. 1.129,07 EUR sowie der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung i.H.v. 1.538,19 EUR.
Im Übrigen ist die Berufung unbegründet, und zwar sowohl hinsichtlich der von Anfang an geltend gemachten Schadenspositionen betreffend Zulassungskosten i.H.v. 75 EUR, Umsatzsteuerdifferenz i.H.v. 261,18 EUR und Telefonkosten i.H.v. 120 EUR, als auch hinsichtlich der im Verlaufe der ersten Instanz erhobenen Forderungen nach Ersatz von Aufwendungen für ein ärztliches Attest i.H.v. 44,28 EUR und von frustrierten Aufwendungen für eine Kur i.H.v. 1.790,22 EUR, als auch schließlich hinsichtlich der Klageerweiterung im Verlaufe des Berufungsverfahrens um ein weiteres Schmerzensgeld (mindestens i.H.v. weiteren 2.000 EUR) sowie um weitere Behandlungskosten i.H.v. 316,35 EUR.
I. Die Berufung ist hinsichtlich der Hauptforderungen in Höhe weiterer 1.624,07 EUR sowie hinsichtlich der Rechtsverfolgungskosten in Höhe weiterer 1.538,19 EUR begründet.
1. Der ...