Leitsatz (amtlich)
1. Es ist dem klagenden Land gestattet, die großflächige Verunreinigung der Fahrbahn durch Ölspuren auf der Autobahn zu Lasten des haftenden Unfallverursachers mittels eines maschinellen Nassreinigungsverfahrens zu beseitigen anstatt auf das kostengünstigere Aufbringen von Ölbindemitteln zurückzugreifen.
2. Es ist nicht zu beanstanden, dass sich die zuständige Straßenbehörde im Rahmen ihres weiten Entscheidungsspielraums bei der Aufstellung der Vergabebedingungen für die maschinelle Nassreinigung entschieden hat.
3. Die Preise, die im Ergebnis eines bestandskräftig abgeschlossenen Vergabeverfahrens für die Beseitigung von Ölspuren auf Fernstraßen vereinbart sind, sind durch die Gerichte grundsätzlich nicht auf ihre wirtschaftliche Angemessenheit zu überprüfen.
4. Anhaltspunkte für die Möglichkeit einer Einflussnahme des vergebenden Landes auf die zustande gekommenen Preise unter dem Gesichtspunkt eines sog. gespaltenen Tarifs bestehen für den Geltungszeitraum 2011 bis 2013 in Sachsen-Anhalt nicht.
5. Allenfalls unter der Voraussetzung, dass die Preise, zu denen der Zuschlag zu erteilen wäre, in einem groben Missverhältnis zu der Leistung stehen (fast doppelt so hohe Preise als für die Leistung üblich), wofür der Schädiger darlegungs- und beweisbelastet ist, kommt ein Mitverschulden des Landes in Betracht, die Ausschreibung nicht vor der Vergabe aufgehoben zu haben.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 13.10.2014; Aktenzeichen 6 O 225/13) |
Tenor
Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten im Übrigen wird das am 13. Oktober 2014 verkündete Einzelrichterurteil des Landgerichts Halle teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt neu gefasst wie folgt:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an das klagende Land 5.260,95 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. September 2011 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
und beschlossen:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 5.360,21 EUR.
Gründe
I. Das klagende Land, dem die Straßenbaulast für die Bundesautobahn A ... obliegt, nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner auf Ersatz der Kosten für die Beseitigung von Ölverunreinigungen nach einem Verkehrsunfall in Anspruch, der sich am 18. April 2011 gegen 4.10 Uhr ereignet hat.
An diesem Tag befuhr der bei dem Unfall tödlich verunglückte Fahrer mit einer bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten Sattelzugmaschine, deren Halterin die Beklagte zu 2) ist, nebst Sattelauflieger, der bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversichert ist und der von der Beklagten zu 4) unterhalten wird, die Bundesautobahn A ... in Fahrtrichtung ... . In Höhe des Fahrtkilometers ... kam er nach links von der Fahrbahn ab und prallte mit dem LKW zunächst gegen die Mittelschutzplanke und sodann gegen den dort befindlichen Brückenpfeiler der über die Autobahn führenden Brücke der L ... . Aus der Zugmaschine traten Dieselkraftstoffe und weitere Betriebsmittel aus. Mit der Reinigung der betroffenen Verkehrsfläche und der Beseitigung des kontaminierten Erdreichs beauftragte das klagende Land die Ölwehr ... GbR (im folgenden Ölwehr) auf der Grundlage eines mit dieser geschlossenen Rahmenvertrages. Bei der Ölwehr handelt es sich um eine Bietergemeinschaft verschiedener auf die Reinigung ölverschmutzter Verkehrsflächen spezialisierter und in Sachsen-Anhalt tätiger Unternehmen. Diese hatte nach einer öffentlichen Ausschreibung in einem Vergabeverfahren am 28. Dezember 2010 den Zuschlag für die landesweite - einschließlich des hier relevanten Loses 6 (Autobahnbereich ...) - Durchführung derartiger Ölbeseitigungsarbeiten auf Bundes-. Landes- und Kreisstraßen außerhalb von Ortsdurchfahrten erhalten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 26. November 2010 (Anlage 7 Anlagesonderband), das Auftragsschreiben des Klägers vom 28. Dezember 2010 (Anlage 8 Anlagensonderband), die Übersicht über die Gebote (Bl. 4 Band III d.A.) und die ab dem 1. Januar 2011 gültige Preisliste der Ölwehr (Anlage 9 Anlagensonderband) verwiesen.
Die Ölwehr nahm die Reinigung der Fahrbahn am 18. April 2011 nach Beseitigung des aufgebrachten Ölbindemittels u. a. unter Einsatz eines Spezialreinigungsgerätes im Nassreinigungsverfahren vor. Außerdem tauschte sie den kontaminierten Boden neben der Fahrbahn aus und entsorgte diesen. Für ihren Einsatz berechnete die Ölwehr dem zuständigen Landesbetrieb Bau insgesamt 10.360,21 EUR (inkl. USt.). Wegen der Einzelheiten wird auf die Rechnung vom 4. Juli 2011 verwiesen. Der Landesbetrieb verlangte darauf mit Rechnung vom 12. August 2011 von den Beklagten neben anderen Schadenspositionen u.a. die Erstattung der von der Ölwehr abgerechneten 10.360,21 EUR. Die Beklagten zahlten hierauf lediglich einen Teilbetrag in Höhe von 5.000,00 EUR. Einen weitergehenden Schadensausgleich lehnten sie mit ...