Entscheidungsstichwort (Thema)

unlauterer Wettbewerb

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Urteil vom 24.08.1999; Aktenzeichen 11 O 23 /99)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 26.10.2004; Aktenzeichen 1 BvR 981/00)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird die Beklagte unter Abänderung des am 24.08.1999 verkündeten Urteils des Landgerichts Halle (AZ: 11 O 23/99) verurteilt, bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Zuständigkeitsbereich der Klägerin berufliche Werbung auf Straßenbahnwagen durchzuführen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen hat die Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Wert der Beschwer: 20.000,00 DM für die Beklagte.

und beschlossen:

V. Streitwert für den Berufungsrechtszug: 20.000,00 DM.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des

Tatbestandes

wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung der Klägerin gegen das am 24.08.1999 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer – 2.Kammer für Handelssachen – des Landgerichtes Halle ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden (§§ 511, 511a, 516, 518, 519 ZPO).

Sie hat auch in der Sache Erfolg.

II.

Die Klage ist zulässig.

Die Klägerin ist gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG prozeßführungsbefugt. Die öffentlich-rechtlich organisierten Kammern freier Berufe sind Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen im Sinne der vorgenannten Bestimmung, weil sie – ungeachtet ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgabenstellung – auch die beruflichen Belange ihrer Mitglieder zu wahren und zu fördern haben (st. Rspr. des BGH, zuletzt NJW 1999, 2444 m.w.N.). Für die Steuerberaterkammern folgt dies insbesondere aus § 76 Abs. 2 Nr. 4 StBerG (in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderungdes Steuerberatungsgesetzes vom 24. Juni 1994 – BGBl I S. 1387), wonach den Kammern allgemein die Aufgabe zugewiesen ist, die beruflichen Belange der Gesamtheit der Mitglieder zu wahren und die Erfüllung der beruflichen Pflichten zu überwachen. Die Steuerberaterkammern haben insbesondere die Verpflichtung, die Erfüllung der den Mitgliedern gemäß § 57 StBerG obliegenden Pflichten zu überwachen. Dazu gehört auch die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen, soweit dadurch der Wettbewerb von Mitgliedern der Kammer hinsichtlich ihrer Dienstleistung – der Steuerberatung – berührt wird (vgl. zuletzt BGH NJW 1999, 2444, GRUR 1998, 835, 836).

Die Klage ist auch begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3 UWG i.V.m. §§ 57, 57a StBerG, §§ 10 ff BOSt zu, denn die Werbung der Beklagten überschreitet die Grenzen zulässiger Werbung, weil sie reklamehaft ist. Diese Nichtbeachtung der unmittelbar wettbewerbsbezogenen gesetzlichen Werbebeschränkung verletzt zugleich § 1 UWG und rechtfertigt den Klageanspruch.

Die Beklagte wirbt mittels Anbringens des Firmennamens nebst Logo und Slogan „Ihr Partner in Sachen Steuer – und …” auf einer Straßenbahn der H. für sich.

Werbung ist ein Verhalten, das planvoll darauf angelegt ist, andere dafür zu gewinnen, die Leistungen des Werbenden in Anspruch zu nehmen (BGH NJW 1992, 45, Feuerich / Braun, Kommentar zur BRAO, 4. Aufl. 1999, zu § 43 b Rdnr. 4, deren Erwägungen wegen der Vergleichbarkeit der Berufsleitbilder der Rechtsanwälte und Steuerberater sowie der inhaltlich gleichlautenden §§ 43 b BRAO und 57 a StBerG auch auf Steuerberater zutreffen). Ob diese Merkmale erfüllt sind, ist nach objektiven Kriterien zu ermitteln. Maßgebend ist dafür in erster Linie die Verkehrsanschauung. Das entspricht auch der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 76, 196, 206), wenn es ausführt, dass die Beurteilung nach dem Eindruck vorzunehmen ist, den das anwaltliche Verhalten auf das Publikum macht. Nach der Verkehrsauffassung handelt es sich um Werbung in diesem Sinne nicht nur dann, wenn sich jemand mit positiven Bewertungen der eigenen Fähigkeiten und Leistungen an das Publikum wendet. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung aller Umstände können vielmehr auch sonstige Gründe das Urteil rechtfertigen, das betreffende Verhalten sei darauf angelegt, andere für die Inanspruchnahme der Leistungen zu gewinnen. Es genügt allerdings nicht, dass ein Verhalten (lediglich) die Wirkung hat, dass der Leistungserbringer und seine Leistungen beim Publikum weiter bekannt werden, entscheidend ist vielmehr, ob das Verhalten nach der Verkehrsanschauung darauf angelegt ist, diese Wirkung zu erreichen (Feuerich / Braun, a.a.O., zu § 43 b, Rdnr. 4).

Das ist hier der Fall. Abgesehen davon, dass die Beklagte mit der Wahl des Slogans „Ihr Partner…” den Leser ansprechen will und damit eine gute, fundierte Zusammenarbeit im Falle einer Auftragserteilung anpreist, ist auch das Anbringen des Logos und Slogans auf einem typischerweise von der gewerblichen Wirtschaft genutzten Medium,...

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