Leitsatz (amtlich)
1. Der auf eine zahnprothetische Behandlung gerichtete Vertrag zwischen einem Patienten und einem Zahnarzt ist ein Dienstvertrag.
2. Nach einem vorzeitigen Abbruch der zahnärztlichen Behandlung durch den Patienten entfällt die Vergütungspflicht nur unter den Voraussetzungen des § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB; diese sind nicht gegeben, wenn der Patient die angeblich mangelhafte Brücke in unveränderter Gestalt mehr als drei Jahre nach ihrem Einsetzen noch immer nutzt.
3. Ein haftungsbegründender Behandlungsfehler kann bei anfänglicher geringfügiger Beweglichkeit der Zahnprothese nur angenommen werden, wenn dem Zahnarzt im Rahmen der Weiterbehandlung Gelegenheit zur Vornahme von Korrekturen gegeben worden ist und ihm dabei eine Korrektur vorwerfbar nicht gelingt.
4. Kosten einer wegen eines zahnärztlichen Behandlungsfehlers bei Einfügung einer Zahnkrone notwendigen Nachbehandlung stellen nur dann bereits einen ersatzfähigen Vermögensschaden dar, wenn der Patient diese Nachbehandlung schon hat durchführen lassen. Eine Klage auf Vorschusszahlung zur Selbstvornahme der Mängelbeseitigung kommt wegen des Rechtscharakters als dienstvertragliche Leistungen nicht in Betracht.
5. Kein Schmerzensgeld bei allenfalls geringfügigen, zeitweisen Beeinträchtigungen des Wohlbefindens durch freiliegende Zahnhälse.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 22.12.2006; Aktenzeichen 9 O 1584/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger und des Beklagten wird unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen das am 22.12.2006 verkündete Urteil des LG Magdeburg, 9 O 1684/05, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 5.184,10 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % auf 4.899,03 EUR seit dem 16.4.2004 zu zahlen.
Auf die Widerklage wird festgestellt, dass die Kläger als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Beklagten alle zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die darauf zurückzuführen sind, dass die Kronen der Zähne 13 und 27 den Zahn jeweils nur unzureichend bedecken, wobei ein etwaiges Mitverschulden des Beklagten zu berücksichtigen ist. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer beider Parteien übersteigt 20.000 EUR jeweils nicht.
und beschlossen:
Der Kostenwert des Berufungsverfahrens wird auf 16.471,21 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Von einer Darstellung der tatsächlichen Feststellungen i.S.v. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
II. Die Berufungen der Kläger und des Beklagten sind jeweils zulässig; insbesondere wurden sie jeweils form- und fristgemäß eingelegt und begründet. In der Sache hat vor allem die Berufung der Kläger Erfolg, und zwar hinsichtlich der Klage im vollen Umfange, hinsichtlich der Widerklage mit Ausnahme des erkannten Vorbehalts künftiger eingeschränkter Ersatzpflicht.
Das LG hat zu Recht darauf erkannt, dass der von den Klägern geltend gemachte Honoraranspruch in voller Höhe entstanden ist. Zutreffend ist die Kammer auch davon ausgegangen, dass etwaige Ansprüche des Beklagten gegen die Kläger allenfalls im Wege der Aufrechnung Berücksichtigung finden können. Der Senat vermag jedoch entgegen der Auffassung der Kammer einen Anspruch des Beklagten gegen die Kläger auf Schadenersatz aus vertraglicher oder deliktischer Grundlage, mit dem er wirksam die Aufrechnung erklären könnte, nicht festzustellen. Teilweise fehlt es an einem Anspruchsgrund, teilweise derzeit an einem Vermögensschaden bzw. an einer nicht unerheblichen immateriellen Beeinträchtigung. Aus gleichem Grunde bleibt der Feststellungsantrag der Widerklage des Beklagten weitgehend erfolglos. Die hilfsweise Erweiterung der Widerklage ist unbegründet.
1. Der Honoraranspruch der Beklagten gegen den Kläger ist begründet. Er ergibt sich aus § 611 Abs. 1 BGB.
Der auf eine zahnprothetische Behandlung gerichtete Vertrag zwischen einem Patienten und einem Zahnarzt ist ein Dienstvertrag. Bei der Planung und Einpassung von Prothesen soll - anders als bei einer bloßen technischen Anfertigung einer Prothese durch den Zahntechniker nach einem vorgegebenen Abdruck - bereits die Arbeitsleistung als solche die Vergütungspflicht auslösen, weil der Zahnarzt den Erfolg seiner Behandlung nur zum Teil selbst beeinflussen kann (vgl. BGH, Urt. v. 9.12.1974 - VII ZR 182/73, BGHZ 63, 306 = NJW 1975, 305; ebenso Sprau in: Palandt, BGB, 67. Aufl. 2008, Einf. v. § 631 Rz. 32 m.w.N.; Schellenberg VersR 2007, 1343 m.w.N. aus der Literatur in Fn. 2). Diese auch von der Kammer vorgenommene Bewertung haben die Prozessparteien im zweiten Rechtszuge nicht mehr angegriffen. Die Erwägungen des Beklagten im Schriftsatz vom 9.11.2007 tragen ersichtlich hilfsweisen Charakter.
Die Kläger haben die abgerechneten Leistungen sowie zugehörige Nachbehandlungen unstreitig im Zeitraum von Januar bis Juli 2004 erbracht. Die herausnehmbare Teleskopbrü...