Leitsatz (amtlich)
Zur Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers einer GmbH wegen des Vorenthaltens von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Aktenzeichen 6 O 116/98) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des LG Halle vom 30.4.1999, Geschäftszeichen: 6 O 116/98, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits aller Instanzen einschließlich der Revision trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 100.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten als Einzugsstelle für die Sozialversicherungsbeiträge auf Schadensersatz wegen Vorenthaltens der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung der Monate August 1995 (67.620,37 DM – fällig am 15.9.1995) und September 1995 (69.302,08 DM – fällig am 15.10.1995) in Anspruch.
Der Beklagte war durch Gesellschafterbeschluss vom 29.8.1995 zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der H. GmbH bestellt worden. Die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung für August 1995 und September 1995 wurden nach Fälligkeit nicht an die Klägerin abgeführt. Am 18.10.1995 stellte der Beklagte einen Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens. Noch am gleichen Tag ordnete das AG ein allgemeines Verfügungsverbot und die Sequestration an. Das Gesamtvollstreckungsverfahren wurde am 20.12.1995 eröffnet.
Das LG hat den Beklagten auf dessen Säumnis am 2.9.1998 verurteilt, an die Klägerin 136.922,45 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6.7.1998 zu zahlen. Dieses Versäumnisurteil hat die Kammer auch auf einen zulässigen Einspruch des Beklagten mit Entscheidung vom 30.4.1999 aufrechterhalten. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Der 13. Zivilsenat des OLG Naumburg hat das Rechtsmittel durch Urt. v. 15.2.2000 zurückgewiesen. Die Revision des Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das Berufungsgericht durch Urteil des BGH vom 11.12.201.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes insb. des Vorbringens der Parteien wird auf die Sachverhaltsdarstellungen in o.g. Entscheidungen sowie ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die in diesem Zusammenhang überreichten Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften aller Instanzen Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Steuerberaters P.K., dem Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der H. GmbH. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 24.9.2002 und deren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
I. Auf das Rechtsmittel des Beklagten sind weiterhin die am 31.12.2001 geltenden Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) anzuwenden, weil die angefochtene Entscheidung auf eine vor dem 1.1.2002 geschlossene mündliche Verhandlung zurückgeht (§ 26 Nr. 5 S. 1 EGZPO). Die danach zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache allerdings auch nach weiterer Sachaufklärung durch den Senat keinen Erfolg. Das LG hat den Beklagten zutreffend verpflichtet gesehen, an die Klägerin Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 266a Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB i.H.d. Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung für die Monate August und September 1995i. H. v. 67.620,37 DM und 69.302,08 DM mithin im Gesamtumfang von 136.922,45 DM nebst Rechtshängigkeitszinsen zu leisten.
1. Der Höhe nach ist die Schadensersatzforderung der Klägerin geklärt. Im Streit stehen die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung des Monats August 1995 (fällig am 15.9.1995) i.H.v. 67.620,37 DM und September 1995 (fällig am 15.10.2000) i. H. v. 69.302,08 DM. Die Berechnung der Klageforderung hat der Beklagte zwar zunächst angegriffen. In der Entscheidung des 13. ZS vom 15.2.2000 ist allerdings zutreffend ausgeführt, dass das Vorgehen der Klägerin hinsichtlich der Verrechnung der durch Vollstreckung eingezogenen Beträge nicht zu beanstanden ist. Dies liegt auch der Entscheidung des BGH vom 11.12.2001 zugrunde.
2. Die Klägerin stützt ihr Begehren auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 266a Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Danach muss der Beklagte die hier streitgegenständlichen Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung der Klägerin als Einzugsstelle vorsätzlich vorenthalten haben.
a) Die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung werden dann vorenthalten, wenn sie bei Fälligkeit nicht an die zuständige Einzugsstelle abgeführt werden (BGH v. 15.10.1996 – VI ZR 319/95, BGHZ 133, 370 [374] = GmbHR 1997, 25 = AG 1997, 37 = MDR 1997, 151; v. 21.1.1997 – VI ZR 338/95, BGHZ 134, 304 [307] m.w.N. = GmbHR 1997, 305 = MDR 1997, 460). Auf die Auszahlung von Arbeitslohn kommt es nicht an (BGH v. 11.12.2001 – VI ZR 123/00, BGHReport 2002, 372 = MDR 2002, 453 = GmbHR 2002, 208; v. 28.5.2002 – 5 StR 16/02, NJW 2002, 2480 f. m.w.N.). Dass die Gemeinschuldnerin die Arbeitnehmeranteile in o.g...