Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamthandsklage gegen die Miterbengemeinschaft auf Grundbuchberichtigung
Normenkette
BGB §§ 895, 2058, 2059 Abs. 2; ZPO § 62
Verfahrensgang
LG Stendal (Urteil vom 05.12.1995; Aktenzeichen 23 O 507/95) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stendal vom 05.12.1995 – Az. 23 O 507/95 – abgeändert:
Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die gegen ihn gerichtete Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistungen in Höhe von 15.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Beschwer des Klägers beträgt 80.000,00 DM.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Grundbuchberichtigungen in Anspruch. Die Beklagte ist mit ihren Kindern Monika … Bernd … Norbert … und Detlef … als Miteigentümerin des im Grundbuch von …, Bl. 1.250 und 2.629 verzeichneten Grundbesitzes eingetragen.
Eigentümer dieser Grundflächen war der am 11.12.1950 verstorbene Gustav … In seinem am 24.07.1951 vor dem Amtsgericht Stendal eröffneten notariellen Testament vom 05.08.1937 (Bl. 13–15) traf er u. a. folgende Regelung:
„Es ist mein Wille, daß die Landwirtschaft, die ich mir erworben und aufgebaut habe, in der Familie meines Neffen … bleibt. Aus diesem Grunde ernenne ich zu meinem Vorerben meinen Neffen, den Landwirt Bernhard … in …, Zum Nacherben bestimme ich den jeweils lebenden, ältesten Sohn meines Neffen Bernhard …”
Am 27.12.1975 verstarb Bernhard … und hinterließ 4 Söhne, nämlich Erwin … (geb. am 08.10.1930), Helmut … (geb. am 24.06.1943), Wolfgang … (geb. am 09.05.1944) und den Kläger (geb. am 18.10.1948).
Am 17.02.1976 erteilte das Staatliche Notariat … unter der Gesch.-Nr. 60–22/75 an Erwin … – den Ehemann der Beklagten – einen Erbschein, welcher ihn nach dem Tode des Bernhard … als Erben nach Gustav … ausweist. Aufgrund des Erbscheins wurde er als Eigentümer des Grundbesitzes in das Grundbuch eingetragen.
Am 08.05.1992 verstarb Erwin … und wurde von seiner Ehefrau – der Beklagten – sowie seinen Kindern Monika …, Norbert … und Detlef … beerbt. Diese Erbengemeinschaft ist zwischenzeitlich auch als Eigentümer der streitgegenständlichen Grundstücke im Grundbuch eingetragen.
Durch notariell beurkundete Erklärungen vom 20.06.1994 (Bl. 15) und 23.06.1994 (Bl. 17) erklärten die älteren Brüder des Klägers, Gerhard … und Wolfgang …, einen „Erbverzicht” zugunsten des Klägers.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Erblasser Gustav … habe eine sogenannte mehrfache Nacherbenfolge angeordnet, so daß er nach dem Tode seine Bruders … Reek und dem „Erbverzicht” seiner beiden älteren Brüder nunmehr Eigentümer des Grundstücks sei.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Berichtigung des im Grundbuch von Stendal Bl. 1.250 und Bl. 2.629 eingetragenen Grundbesitzes insoweit zu erteilen, daß nicht die Beklagte, sondern der Kläger Eigentümer der in den vorgenannten Grundbuchblättern eingetragenen Grundstücke ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, daß sie nicht passivlegitimiert sei, weil sie nicht Allein-, sondern nur gemeinsam mit ihren Kindern Miterbin nach ihrem verstorbenen Ehemann geworden sei. Im übrigen sei das Testament vom 05.08.1937 dahin auszulegen, daß Gustav … nur einen und nicht mehrere Nacherben nacheinander bestimmt habe. Zumindest sei die (weitere) Nacherbeneinsetzung gemäß § 2100 BGB mit Ablauf der 30jährigen Verjährungsfrist erloschen.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 05.12.1995 der Klage stattgegeben.
Seine Entscheidung hat es im wesentlichen damit begründet, daß die Nacherbenklausel im Testament vom 05.08.1937 gemäß § 2084 BGB dahin auszulegen sei, daß die Söhne des Neffen des Erblassers entsprechend ihrem Alter nacheinander Nacherbe sein sollten. Da Gerhard und Wolfgang … aufgrund ihrer notariellen Erklärungen vom 20.06.1994 bzw. 23.06.1994 auf ihre Rechte aus der Erbschaft verzichtet hätten, sei nunmehr der Kläger alleiniger Nacherbe nach Gustav … Wegen § 2109 Abs. 1 Satz 2 BGB sei diese Nacherbeneinsetzung auch nicht verjährt. Ebenso könne der Berechtigte einen einzelnen Miterben auf Grundbuchberichtigung in Anspruch nehmen, die Beklagte sei demnach passivlegitimiert.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.
Sie vertritt weiterhin die Auffassung, die Nacherbenklausel könne ihrem Wortlaut nach nur als Nacherbeneinsetzung des ältesten Sohnes von Erwin … verstanden werden, nicht jedoch als eine Anordnung mehrfacher Nacherbfolge.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Stendal vom 05.12.1995 – Az. 23 O 507/95 – die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte B...