Leitsatz (amtlich)
Ein die Kündigung wegen Gesundheitsgefährdung rechtfertigender Mangel ist dann gegeben, wenn die Innentemperatur in einem Standardsommer langandauernd 26 Grad übersteigt. Beim Betrieb einer Drogerie sind diese Voraussetzungen erfüllt, wenn bei einem langjährigen Mittelwert die Temperaturgrenze von 26 Grad an 45 Tagen überschritten wird.
Verfahrensgang
LG Stendal (Urteil vom 07.03.2001; Aktenzeichen 21 O 45/00) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 7.3.2001 verkündete Urteil des LG Stendal (21 O 45/00) wird zurückgewiesen.
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte – über den vom LG zuerkannten Betrag hinaus – weitere 3.939,08 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 956,24 Euro seit dem 6.6.2000 und aus 2.982,84 Euro seit dem 5.7.2000 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt zu 95 % die Klägerin und zu 5 % die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 15.000 Euro abwenden, wenn die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 7.500 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf insgesamt 82.603,88 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass der von den Rechtsvorgängern der Parteien mit Datum vom 6.2.1991 abgeschlossene Mietvertrag über Geschäftsräume durch Kündigung zum 31.5.2000 beendet worden ist. Der Mietvertrag kann ordentlich erstmals a.E. des 12. Mietjahres gekündigt werden. Das Mietobjekt umfasst insgesamt eine Fläche von rund 240 qm, wovon sich 140 qm im Obergeschoss und 100 qm im Erdgeschoss befinden. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt des Mietvertrages (Bl. 5–9 I). Die Klägerin betrieb im Obergeschoss seit dem 1.7.1994 eine Drogerie und Parfümerie. Das Untergeschoss wurde von der Klägerin untervermietet. Zwischen den Parteien ist in der Berufungsinstanz unstr., dass die Klägerin das Objekt zum 31.7.2000 an die Beklagte zurückgegeben hat. Mit Schreiben vom 18.9.1998 (Bl. 12 I) rügte die Klägerin ggü. der Beklagten, dass in der Hitzeperiode vom 10.8.1998 bis 21.8.1998 im Verkaufsraum eine durchschnittliche Höchsttemperatur von 32 C geherrscht habe. Da nach den Arbeitschutzrichtlinien eine Höchsttemperatur von 26 C nicht überschritten werden dürfe, verlange die Klägerin Abhilfe. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 4.12.1998 (Bl. 13 I) jede Abhilfemaßnahme ab. Mit Schreiben vom 29.12.1999 (Bl. 27 I) kündigte die Klägerin gestützt auf § 544 BGB (a.F.) das Mietverhältnis zum 31.5.2000. Die Klägerin bezog sich dabei auf ein von ihr eingeholtes Privatgutachten. Das Privatgutachten kommt zu dem Ergebnis (Bl. 20 I), dass an mehr als 30 Tagen im Jahr im Verkaufsraum Temperaturen zwischen 30 bis 40 C herrschen. Auch bei Durchschnittsaußentemperaturen von 17 – 18 C würden im Verkaufsraum noch Temperaturen von 27 – 28 C erreicht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Privatgutachtens Bezug genommen (Bl. 14 – 26 I). Die Beklagte ist der Kündigung entgegen getreten. Sie ist der Ansicht, dass eine gesundheitliche Beeinträchtigung nicht vorliege. Soweit es zu hohen Temperaturen gekommen sei, hätten diese ihre Ursache in der von der Klägerin installierten Beleuchtungsanlage. Das LG hat zu der Frage, ob im Verkaufsraum des Obergeschosses des Mietobjekts an mehr als 30 Tagen im Jahr Temperaturen zwischen 30 bis 40 C herrschen (Bl. 45 I), die (beiden) Privatgutachter als sachverständige Zeugen gehört. Wegen des Ergebnisses der Vernehmung wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 21.6.2000 (Bl. 70 – 73 I). Das LG hat weiter zu der Frage, ob bei den festgestellten Temperaturen von einer Gesundheitsbeeinträchtigung der dort beschäftigten Personen auszugehen sei, ein arbeitsmedizinisches Sachverständigengutachten eingeholt (Bl. 79 I). Auf den Inhalt des Gutachtens wird Bezug genommen (Bl. 105 – 110 I). Die Beklagte hat Widerklage erhoben, mit der sie in erster Instanz restlichen Mietzins für die Zeit von Dezember 1999 bis Mai 2000 geltend macht, nachdem die Klägerin in diesem Zeitraum nur eine geminderte Miete gezahlt hatte. Mit Schriftsatz vom 4.7.2001 (Bl. 29/30 II) hat die Beklagte die Widerklage auf den Zeitraum von Juni 2000 bis Juni 2001 erweitert. Der vertraglich vereinbarte Bruttomietzins beträgt 5.833,93 DM (incl. Betriebskostenvorauszahlung – brutto – 7.347,36 DM). Im streitgegenständlichen Zeitraum hat die Klägerin für Dezember 1999 5.317,15 DM gezahlt. In den Monaten von Januar 2000 bis Juni 2000 zahlte die Klägerin jeweils 3.963,69 DM. Ab Juli 2000 erfolgten keine Zahlungen mehr.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien u...