Leitsatz (amtlich)
1. Zur abwehrfähigen Lärmbelästigung durch das Quaken der im Nachbarteich angesiedelten Frösche.
2. Verbietet das Naturschutzrecht dem Störer Abhilfemaßnahmen, steht dies seiner Unterlassungspflicht nicht entgegen, wenn öffentlich-rechtliche Ausnahmen mit Aussicht auf Erfolg beantragt werden können. Ob dies der Fall ist, hat das Zivilgericht selbständig zu prüfen. Bejahendenfalls erfolgt die Verurteilung des Störers unter dem Vorbehalt der Ausnahmegenehmigung.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 23.08.2012; Aktenzeichen 4 O 2063/08) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.8.2012 verkündete Einzelrichterurteil der 4. Zivilkammer des LG Halle - unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung der Beklagten und der Berufung des Klägers - teilweise wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, das Grundstück des Klägers, S. Weg 2, M. durch Geräuschimmissionen in Form von Froschlärm, die tagsüber (6.00 bis 22.00 Uhr) einen Wert von 55 dB (A) und nachts (22.00 bis 6.00 Uhr) einen Wert von 40 dB (A) überschreiten, zu beeinträchtigen.
Die Verurteilung erfolgt unter dem Vorbehalt, dass die nach dem Recht des Landes Sachsen-Anhalt zuständige Behörde eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 des Bundesnaturschutzgesetzes von den Verboten des § 44 des Bundesnaturschutzgesetzes hinsichtlich der im Gartenteich auf dem Grundstück der Beklagten, S. Weg 17, M. angesiedelten Frösche erteilt.
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 25.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO).
II. Die Berufungen des Klägers und der Beklagten sind zulässig. Insbesondere sind sie an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, 517, 519 und 520 ZPO).
Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Denn das angefochtene Urteil beruht auf einem Rechtsfehler (§§ 513 Abs. 1 1. Fall, 546 ZPO).
Zwar ist die Klage zulässig. Insbesondere steht ihrer Zulässigkeit die fehlende Durchführung eines außergerichtlichen Einigungsversuchs nach § 15a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGZPO i.V.m. § 34 Abs. 1 Nr. 2a SchStG LSA nicht entgegen. Denn der Kläger hat einen Antrag auf Durchführung des Schlichtungsverfahrens gestellt, den die Schlichtungsperson abgelehnt hat. Unerheblich ist dabei, ob die Ablehnung zu Recht erfolgt ist. Denn nach § 34h Abs. 4 SchStG LSA ist die Erfolglosigkeitsbescheinigung i.S.d. § 34h Abs. 1 SchStG LSA auch dann auszustellen, wenn die Schlichtungsperson - wie hier - den Anwendungsbereich nach § 34a SchStG LSA für nicht gegeben erachtet.
Die Klage ist aber nur teilweise begründet. Der Kläger hat zwar grundsätzlich gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung von Beeinträchtigungen seines Eigentums durch Lärmbelästigung (§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB). Denn § 1004 Abs. 1 BGB gilt auch für den mittelbaren Handlungsstörer, der die Beeinträchtigung von Handlungen von Dritten adäquat kausal dadurch verursacht, dass er die Handlung gestattet oder es unterlässt, eine Dritthandlung zu verhindern, die er ermöglicht hat. Zwar ist der Tatbestand des § 1004 Abs. 1 BGB nicht erfüllt, wenn die abzuwendende Beeinträchtigung ausschließlich auf Naturkräfte zurückgeht. Der Umstand allein, dass die Einwirkung von einem bestimmten Grundstück ausgeht, macht dessen Eigentümer noch nicht zum Störer. Notwendig ist vielmehr, dass die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers zurückgeht. Dies ist aber hier der Fall. Mit der Anlage und Unterhaltung des Gartenteichs hat die Beklagte die Bedingungen dafür geschaffen, dass sich dort Frösche ansiedeln konnten und nunmehr die entsprechende Lärmbeeinträchtigung hervorrufen (vgl. BGHZ 120, 239).
Der Froschlärm beeinträchtigt auch die Benutzung des Grundstücks des Klägers wesentlich (§ 906 Abs. 1 BGB). Dies ist zunächst eine Tatfrage. Dabei ist der Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die vom LG festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche hier eine Bindung des Senats an die vorinstanzlich getroffenen Feststellungen entfallen lassen könnten, sind jedoch nicht ersichtlich. Das LG hat die nötigen Tatsachenfeststellungen verfahrensfehlerfrei getroffen und bei ihrer Würdigung die zutreffenden rechtlichen Gesichtspunkte zugrunde gelegt.
Die Beweiswürdigung des LG (§ 286 Abs. 1 ZPO) ist nicht zu beanstanden. Ausweislich des nachvollziehbaren Gutachtens des Sachverständigen Dipl. -Ing....