Entscheidungsstichwort (Thema)
Hemmung der Verjährungsfrist durch Einreichung eines Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
Durch Einreichung eines Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Zugewinnausgleichsverfahren tritt eine Hemmung der Verjährungsfrist ein (§ 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB).
Normenkette
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 14
Verfahrensgang
AG Stendal (Urteil vom 09.06.2009; Aktenzeichen 5 F 134/08) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des AG -Familiengerichts- Stendal vom 9.6.2009 (Az.: 5 F 134/08) aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG - Familiengericht- zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Berufung vorbehalten bleibt.
Die Revision ist nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 224.101,12 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das AG hat durch das am 9.6.2009 verkündete Urteil (Bl. 112 ff. d.A.) nach Vernehmung des im Scheidungsverfahren den Kläger vertretenen Zeugen Rechtsanwalt S. gemäß Beweisbeschluss vom 27.1.2009 (Bl. 84 d.A.) die Klage auf Zugewinn mit der Begründung abgewiesen, dass ein solcher Anspruch verjährt sei.
Die Klage auf Zahlung von 224.101,12 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, dem 3.9.2008, blieb daher ohne Erfolg. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird auf Bl. 114 ff. d.A. zur Meidung von Wiederholungen verwiesen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch hinsichtlich des Zugewinnausgleiches i.H.v. 224.101,12 EUR weiter. Der Beklagte vertritt im Wesentlichen die Ansicht, der Anspruch sei nicht verjährt, da ab Kenntnis innerhalb der Dreijahresfrist Klage erhoben worden sei.
Der Kläger beantragt unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens, unter Abänderung des am 9.6.2009 verkündeten Urteils des AG Stendal, Az.: 5 F 134/08 GÜ, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 224.101,12 EUR nebst Zinsen hieraus p.a. i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, und hilfsweise den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das AG zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen, und ebenfalls hilfsweise den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das AG zurückzuverweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und vertritt weiterhin die Auffassung, der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns sei verjährt.
II. Die zulässige Berufung führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das AG (§ 538 Abs. 2 Nr. 2 und 4 ZPO).
Die Zurückverweisung ist auf Antrag beider Parteien vorzunehmen, weil das erstinstanzliche Gericht im Rahmen der Verjährungsprüfung das Parteivorbringen sowie die Aussage des Zeugen S. und den Verfahrensablauf unvollständig und insoweit lediglich verkürzt einbezogen hat und infolge dessen entscheidungserhebliche Fragen unbeantwortet geblieben sind. Zudem hat das AG den Anspruch dem Grunde nach durch das klagabweisende Urteil versagt.
Der Zugewinnausgleichsanspruch des Klägers scheitert nicht bereits deswegen, weil die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben hat. Denn der Anspruch ist nicht verjährt, da die Verjährungsfrist mit Einreichung des Prozesskostenhilfeantrags des Klägers vom 19.2.2008 - Gerichtseingang am 22.2.2008 - rechtzeitig vor deren Ablauf gehemmt wurde.
Die Zugewinnausgleichsforderung nach § 1378 Abs. 4 Satz 1 BGB verjährt, worauf das AG zutreffend abgestellt hat, in 3 Jahren. Die Frist beginnt dabei mit dem Zeitpunkt, in dem der ausgleichsberechtigte Ehegatte - hier der Kläger - von der Beendigung des Güterstandes erfährt. Dabei verlangt § 1378 Abs. 4 Satz 1 BGB die Kenntnis des Klägers von der Beendigung des Güterstandes. Dafür ist neben dem positiven Wissen von den die Beendigung begründenden Tatsachen außerdem erforderlich, dass der Kläger diese Tatsachen in ihrer rechtlichen Bedeutung erkannt hat. Er muss vorliegend also positiv von der Scheidung einschließlich der Rechtskraft des Scheidungsurteils gewusst haben. Ein "Kennenkönnen" oder ein "Kennenmüssen" reicht nicht aus (BGH FamRZ 1997, 804).
Dahinstehen kann zunächst die Frage, wann der vormalige Prozessbevollmächtigte, der Zeuge S., tatsächlich Kenntnis von der Rechtskraft des Ehescheidungsurteils bekommen hat und inwieweit sich der Kläger sein Wissen, sofern er den Prozessbevollmächtigten bereits vor der Scheidung zu einem Tätigwerden im Rahmen der Klärung des Zugewinnausgleichs bevollmächtigt hatte, zurechnen lassen muss.
Denn der Zeuge S. hat entsprechend seiner glaubhaften, vom AG allerdings nicht gewürdigten Aussage "Ich selbst hatte zu diesem Zeitpunkt (12.2.2005; der Senat) aber nach meiner Erinnerung keine positive Kenntnis von der Rechtskraft (des Scheidungsurteils; der Senat)" (Bl. 102 d.A.) bereits keine Kenntnis von der Rechtskraft des Scheidungsverfahrens bei Abfassung seines Hinweisschreibens vom 3.3.2005 an den Kläge...