Leitsatz (amtlich)
1. Wird die Liquidation einer eingetragenen Genossenschaft einer anderen Person als dem bisherigen Vorstand übertragen, so steht dem Liquidator eine angemessene Vergütung zu.
2. Ist die Höhe dieser Vergütung nicht wirksam vertraglich vereinbart, so ist nach § 612 Abs. 2 BGB eine Vergütung in üblicher Höhe geschuldet. Dabei ist es regelmäßig nicht zu beanstanden, wenn sich die Höhe der Vergütung an dem Gehalt des letzten Vorstandsvorsitzenden orientiert.
Verfahrensgang
LG Stendal (Urteil vom 27.05.2002; Aktenzeichen 21 O 16/02) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 27.5.2002 verkündete Urteil des LG Stendal wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer des Beklagten übersteigt 20.000 Euro.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung von Liquidatorenvergütung geltend.
Am 24.2.1993 beschloss die Generalversammlung der Klägerin die Auflösung der Genossenschaft; zunächst wurde der Dipl.-Volkswirt R.D. zum Liquidator bestellt, am 3.4.1993 nach Abberufung des bisherigen Liquidators der Beklagte. Durch Beschluss derselben Generalversammlung am 3.4.1993 wurde ein Aufsichtsrat gebildet. Ebenfalls am 3.4.1993 trafen die ehemaligen Mitglieder des Vorstandes der Klägerin H.D.B. und W.P. im Namen der Klägerin mit dem Beklagten eine Vereinbarung über die Vergütung der Tätigkeit des Beklagten als Liquidator (GA Bl. 34). Während seiner bis zum 3.12.1999 andauernden Tätigkeit als Liquidator der Klägerin verfügte der Beklagte Zahlungen i.H.v. insgesamt 379.000 DM (194.137,52 Euro) als Abschlagszahlungen an sich.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Vergütungsvereinbarung sei unwirksam; denn die Klägerin sei bei Abschluss der Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten nicht wirksam vertreten gewesen. Der Beklagte habe nur die übliche Vergütung verlangen können. Diese bemesse sich nach dem Monatseinkommen des letzten Vorstandsvorsitzenden, nämlich 3.350 DM bzw. 1.712,83 Euro. Für seine sich über 81 Monate erstreckende Tätigkeit stehe dem Beklagten eine Vergütung von insgesamt 138.739,05 Euro (271.350 DM) zu. Die Differenz dieses Betrags zur Summe der vom Beklagten vom Konto der Klägerin an sich verfügten Zahlungen bildet den Gegenstand der Klagehauptforderung.
Der Beklagte hat gemeint, die Vergütungsvereinbarung vom 3.4.1998 sei wirksam. Aus ihr ergebe sich, dass ihm die vereinnahmte Vergütung zustehe. Er hat behauptet, die übliche Vergütung betrage monatlich mindestens 5.000 DM.
Hinsichtlich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (GA Bl. 55 ff.) Bezug genommen.
Das LG hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 55.398,47 Euro nebst 5 % Zinsen auf jeweils 25.564,59 Euro seit dem 26. und 29.11.1999 und auf weitere 4.269,29 Euro seit dem 3.12.1999 zu zahlen. Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch sei gem. § 812 Abs. 1 BGB begründet. Die Gebührenvereinbarung sei unwirksam, weil die ehemaligen Vorstandsmitglieder seit Beginn der Liquidation nicht vertretungsbefugt seien. Außerdem ergebe die Anwendung der Vergütungsvereinbarung einen für den Beklagten ungünstigeren Gesamtbetrag, als er von der Klägerin zugestanden werde. Dem Beklagten stehe lediglich die angemessene Vergütung zu; angemessen sei die – der Honorarberechnung durch die Klägerin zugrundeliegende – Vergütung, die der letzte Vorstandsvorsitzende erhalten habe, nämlich 1.712,83 Euro monatlich. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (GA Bl. 57 ff.) Bezug genommen.
Mit der Berufung begehrt der Beklagte weiterhin Klageabweisung. Er behauptet, die Mitglieder des Aufsichtsrats der Klägerin hätten bei einer Beratung der Vergütungsvereinbarung ausdrücklich zugestimmt. Bei der Regelung sei klar gewesen, dass das Honorar sich auf die extra abgesonderten 100.000 DM beziehen solle. Für die Tätigkeit des Beklagten sei eine Vergütung i.H.v. mindestens 5.000 DM monatlich angemessen. Er meint, zu berücksichtigen sei, dass er Ansprüche von mehr als 200 Gläubigern behandelt habe, Sicherungsrechte ausgestaltet habe, Forderungen eingezogen habe und Folgegesellschaften angeleitet habe. Daher sei seine Tätigkeit höher zu bewerten als die normale Tätigkeit des letzten Vorstandes.
Der Beklagte meint, soweit in der Vergütungsvereinbarung der Faktor 5 oder 6 im Zusammenhang mit der Vergütungsberechnung auf der Grundlage der Verordnung über die Vergütung des Konkursverwalters genannt sei, handele es sich nur um die Grundvergütung; daneben gebe es andere Erhöhungsfaktoren, da der Bekl...