Leitsatz (amtlich)
Für die Frage, ob das Aussonderungsrecht eines Treugebers in der Insolvenz hinsichtlich eines vom Treuhänder zu seinen Gunsten eingerichteten Bankkontos besteht, kommt es nicht darauf an, ob die Treuhandbindung für Dritte erkennbar war. Maßgeblich ist vielmehr, ob das Kontoguthaben auf der Erfüllung von Forderungen beruht, die nicht in der Person des Treuhänders, sondern als Forderungen des Treugebers entstanden sind.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Aktenzeichen 9 O 508/01) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Magdeburg – 9. Zivilkammer – vom 10.4.2001 abgeändert:
Es wird festgestellt, dass es sich bei dem Guthaben i.H.v. 37.805,21 DM zuzüglich aufgelaufener Zinsen auf dem von der Beklagten geführten Konto Nr. 29406488 um von Vertragspfand-, Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechten unberührt bleibendes Treuhandvermögen der Klägerin handelt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten erster Instanz trägt die Beklagte. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 20 % und die Beklagte zu 80 %. Die Kosten der Streithilfe tragen die Klägerin zu 20 % und der Streithelfer selbst zu 80 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer der Parteien übersteigt jeweils 60.000 DM nicht.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 ZPO abgesehen.
Gründe
Die Berufung ist zulässig, aber nur im Hinblick auf den Hilfsantrag begründet.
I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Auszahlung des Guthabens, das sich auf dem bei der Beklagten geführten Konto Nr. 29406488 befindet.
1. Zwischen den Parteien besteht keine Vertragsbeziehung, aufgrund derer die Beklagte zur Auszahlung des Guthabens an die Klägerin verpflichtet ist. Aus einer Treuhandvereinbarung zwischen der Fa. V. GmbH (im folgenden: Gemeinschuldnerin) und der Beklagten ergibt sich kein Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte. Der ursprünglich der Gemeinschuldnerin zustehende Anspruch auf Auszahlung des Guthabens auf dem streitgegenständlichen Konto ist auch nicht infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf die Klägerin übergegangen. Mit der Insolvenz ändert sich die formelle Rechtsinhaberschaft nicht. Sofern dem Treugeber – hier also der Klägerin – ein Aus- oder Absonderungsrecht zusteht, richtete sich der Anspruch auf Herausgabe gegen den Insolvenzverwalter, nicht gegen die kontoführende Bank.
2. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 47 S. 1 InsO. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift wird mit der Aussonderung geltend gemacht, dass ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört. Doch fällt auch dann, wenn das Treugut wirtschaftlich dem Vermögen des Treugebers zuzuordnen ist, zumindest die formale Rechtsstellung in die Verwaltungsbefugnis des Insolvenzverwalters, so dass dieser aus Sicht der kontoführenden Bank in die Gläubigerstellung eintritt und gegenüber der Treugeberin allein zur Herausgabe des Guthabenbetrages verpflichtet sein kann. Würde man in der Insolvenz des Treuhänders einen direkten Zugriff des Treugebers auf das treuhänderisch gebundene Vermögen zulassen, so würden die Einwendungen, die in den jeweiligen Vertragsbeziehungen – zwischen Bank und Treuhandkontoinhaber einerseits und zwischen Treuhänder und Treugeber andererseits – bestehen, unberücksichtigt bleiben.
II. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag ist dagegen zulässig und begründet.
1. Der Feststellungsantrag ist zulässig.
a) Gegenstand des Feststellungsantrags ist ein Rechtsverhältnis i.S.d. § 256 ZPO.
Zwar bestanden zwischen der Klägerin und der Beklagten nach übereinstimmendem Vortrag keine unmittelbaren Vertragsbeziehungen, die Klägerin begehrt jedoch die Feststellung, dass der streitgegenständliche Betrag aufgrund der Treuhandbindung ihr, der Klägerin, und nicht der Beklagten aufgrund ihres Pfandrechtes zusteht. Gegenstand der Feststellungsklage ist damit ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien.
b) Die Klägerin hat auch ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung entsprechend dem von ihr gestellten Hilfsantrag.
aa) Ein Feststellungsinteresse besteht, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr oder Unsicherheit dadurch droht, dass der Beklagte ein Recht ernsthaft bestreitet oder er sich eines Rechts gegen den Kläger berühmt und das erstrebte Urteil wegen seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH v. 7.2.1986 – V ZR 201/84, MDR 1986, 743). Dies ist hier der Fall. Die Beklagte hat spätestens mit ihrem Vortrag in der Berufungserwiderung erkennen lassen, dass sie beabsichtigt, sich auf das Pfandrecht entsprechend ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen zu berufen. Da die Aufrechnung mit einer Gegenforderung oder die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts im wirtschaftlichen Ergebnis der Ausübung eines Pfandrechts nahekommen, muss die Klägerin zugleich auch die Wahrnehmung dieser Rechte durch die Beklagte befürchten. Sowohl die Geltendmachung des Vertragspfandrechts als auch eine Auf...