Leitsatz (amtlich)
1. Ob eine Verzögerung i.S.v. § 628 ZPO vorliegt oder nicht, hat das Gericht von Amts wegen zu prüfen und zu entscheiden.
2. Wird die Abtrennung nur druch eine Bezugnahme auf den Gesetzeswortlaut begründet, ist dies keine Begründung i.S.d. Gesetzes und stellt einen schweren Verfahrensfehler dar.
Verfahrensgang
AG Halberstadt (Aktenzeichen 8 F 17/00) |
Tenor
Der Beschluss des Amtsgerichtes Halberstadt vom 29.5.2001 über die Abtrennung des Ehegattenunterhaltes, Az.: 8 F 17/00, und das Urt. v. gleichen Tage werden nebst dem zu Grunde liegenden Verfahren aufgehoben.
Das Verfahren wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG – FamG – zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Rechtsmittels zu entscheiden hat.
Tatbestand
Mit Schriftsatz vom 17.1.2000 hat die Ehefrau beim AG in Halberstadt die Scheidung ihrer Ehe beantragt. Die Zustellung des Scheidungsantrages erfolgte am 21.3.2000 und das FamG hat in der Folgezeit den Versorgungsausgleich von Amts wegen ermittelt.
Am 9.5.2001 bestimmte das AG Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 29.5.2001 und mit Schriftsatz vom 25.5.2001, der am 28.5.2001 beim FamG einging, hat die Antragstellerin Antrag auf nachehelichen Unterhalt im Scheidungsverbund gestellt. In der mündlichen Verhandlung am 29.5.2001 hat der Antragstellervertreter den Antrag auch auf nachehelichen Unterhalt gestellt, der Antragsgegnervertreter hat sich auf den Antrag nicht eingelassen. Das AG hat durch Beschluss vom 29.5.2001 die Folgesache Ehegattenunterhalt vom Verbund abgetrennt und gleichzeitig Scheidungsurteil verkündet mit Entscheidung auch über den Versorgungsausgleich.
Gegen dieses Urteil hat die Antragstellerin form- und fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingelegt und insbesondere gerügt, dass die Abtrennung der Folgesache Ehegattenunterhalt unzulässig gewesen sei.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 20.12.2001 haben die Parteien einen Widerrufsvergleich hinsichtlich des nachehelichen Ehegattenunterhaltes geschlossen, der jedoch fristgerecht von einer Partei widerrufen wurde.
Entscheidungsgründe
Das zulässige Rechtsmittel ist begründet. Die Stellung des Verbundantrages am Tage vor der Verhandlung war zulässig, da solche Verbundanträge bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung gem. dem ausdrücklichen Wortlaut des § 623 ZPO gestellt werden können. Dadurch entsteht objektiv grundsätzlich keine unzumutbare Verzögerung (vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 14.10.1999 – 8 UF 209/99, OLGReport Naumburg 200, 360).
Ob eine Verzögerung i.S.v. § 628 ZPO vorliegt oder nicht, hat das Gericht von Amts wegen zu prüfen. Wenn und soweit eine Partei durch ihren Prozessbevollmächtigten diesbezüglich einen Antrag stellt, so ist dies kein förmlicher Antrag i.S.d. Prozessrechtes sondern nur eine Anregung an das Gericht mit der Folge, dass die Zurückweisung des Antrages auch durch Beschluss kein Rechtsmittel eröffnet (vgl. OLG Naumburg, Beschl. v. 21.10.1997 – 8 WF 204/97). Hinsichtlich einer unzumutbaren Verzögerung, die als einziges in Betracht kommen könnte, nimmt der Senat insbesondere auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes Bezug, zum Beispiel auf die Entscheidung vom 2.7.1986 (BGH v. 2.7.1986 IVb ZR 54/85, MDR 1987, 40 = FamRZ 1986, 898). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass eine Verfahrensdauer im Scheidungsverbund von unter 2 Jahren grundsätzlich keine unzumutbare Verzögerung annehmen lässt.
Im Übrigen ist schon ein schwerer Verfahrensfehler deswegen festzustellen, weil das FamG seinen Abtrennungsbeschluss nicht begründet hat. Die bloße Bezugnahme auf den Gesetzeswortlaut vermag eine Begründung nicht zu ersetzen. Auch aus dem Akteninhalt vermag der Senat keinerlei Tatsachen festzustellen, die einer Abtrennung gerechtfertigen könnten. Die Auflösung des Verbundes ist ein schwerer Verfahrensfehler mit der Folge, dass die angefochtene Entscheidung aufzuheben und an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen ist, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu übertragen sind.
Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass im Hinblick auf die inzwischen eingetretene Unverfallbarkeit der Zusatzversorgung des Öffentlichen Dienstes auch hinsichtlich des Versorgungsausgleiches eine neue Ermittlung von Amts wegen erforderlich ist, da die Entscheidung in dem bisherigen Umfang wegen Hinzukommens weiterer Ansprüche nicht mehr wiederholbar ist.
gez. Wiedenlübbert gez. Bisping gez. Thole
Fundstellen