Leitsatz (amtlich)
Ein Grundurteil kann dann nicht ergehen, wenn der Kläger mit einer Leistungsklage auf bezifferten Schadensersatz zugleich den Antrag auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz eines weitergehenden Schadens verbunden hat, weil über einen Feststellungsantrag nicht durch Grundurteil entschieden werden kann. Entscheidet das Gericht in dieser Konstellation nicht zugleich durch (Teil-)Endurteil über den Feststellungsantrag, handelt es sich nicht um ein reines Grundurteil, sondern um ein Grund- und Teilurteil. Als Teilurteil aber ist es unzulässig, weil mit ihm die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen verbunden ist.
Ein Teilurteil über einen Mindestschmerzensgeldanspruch ist unzulässig. Beim Anspruch auf Schmerzensgeld muss dessen Höhe unter umfassender Berücksichtigung aller für die Bemessung maßgeblichen Umstände festgesetzt werden. Damit ist es unvereinbar, einzelne Bemessungsfaktoren isoliert zu bewerten, um sie ggf. später um weitere Faktoren zu erweitern.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 05.06.2009; Aktenzeichen 3 O 13/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5.6.2009 verkündete Teil- und Grundurteil des LG Halle (3 O 13/06) aufgehoben. Der Rechtstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das LG zurückverwiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 22.952,52 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin befand sich am 21.6.1999 wegen der Geburt ihres dritten Kindes in der Klinik der Beklagten zu 1). Das Kind wurde um 12.17 Uhr spontan und komplikationslos geboren. Die Plazenta wurde um 12.30 Uhr durch Nabelschnurzug entfernt. Es wurde festgestellt, dass ein Plazentastück in der Größe von ca. 1 cm2 fehlte. Die Beklagte zu 2) führte daraufhin eine manuelle Nachtastung durch. Im Operationsbericht ist insoweit vermerkt:
- manuelle Nachtastung -
wenig Plazentamaterial
Eine Narkose erhielt die Klägerin nicht. Unmittelbar vor der Geburt war der Klägerin ein Spasmolytikum (Buscopan) verabreicht worden. Ob die Klägerin auch eine Gabe Faustan erhalten hat, ist zwischen den Parteien streitig. Im Operationsbericht wird ein Blutverlust von 500 ml angegeben. Die Klägerin erhielt eine Infusion von 500 ml sowie die Gabe von 1 ml "ME" (nach Ansicht des Sachverständigen Prof. Dr. R.: Methylergobrevin). Kleine Geburtsverletzungen wurden mit Pflasterspray versorgt. Am 23.6.1999 wurde eine Ultraschalluntersuchung der Gebärmutter durchgeführt, wobei keine Auffälligkeiten dokumentiert wurden. Am 27.6.1999 wurde die Klägerin bei "subjektivem Wohlbefinden" aus der Klinik der Beklagten zu 1) entlassen.
Wegen anhaltender Schmierblutungen wurde die Klägerin von ihrer behandelnden Frauenärztin an die Gemeinschaftspraxis M. und L. verwiesen, wo am 2.8.1999 unter der Verdachtsdiagnose, dass sich Reste der Plazenta oder von Eihäuten in der Gebärmutter befinden könnten, eine Kürettage (= Ausräumung der Gebärmutter) durchgeführt wurde. Es wurde Material entfernt, das bereits fibrinös durchsetzt war. Mikroskopisch wurden in dem aus der Gebärmutter gewonnenem Material nekrotische Anteile der Plazenta und der Dezidua nachgewiesen. Bei der Operation mit der mittleren stumpfen Kürette kam es zur Perforation der Gebärmutterwand. Es erfolgte eine sog. Bauchspiegelung mit dem Ziel, die Durchbruchstelle mit einer Naht zu versorgen. Beim Durchstich durch die Gebärmutterwand brach die Nadel ab, weshalb die Operation abgebrochen und die Klägerin in das Krankenhaus H. verlegt wurde. Dort wurde nach operativer Öffnung des Bauches durch einen Unterleibs-Querschnitt die Nadel aus der Gebärmutterwand entfernt und die Perforationsstelle übernäht. Nach unauffälligem postoperativen Verlauf wurde die Klägerin am 7.8.1999 auf eigenen Wunsch zur ambulanten Weiterbehandlung entlassen. Wegen fortdauernder Schmierblutungen wurde die Klägerin am 25.8.1999 in die C.-Klinik in M. eingewiesen mit dem Verdacht auf weiter in der Gebärmutter vorhandener Residuen. Am 27.8.1999 und am 6.6.2001 wurde der Bauchraum der Klägerin mittels Laparaskopie untersucht, wobei Verwachsungen des Darms mit der Bauchwand und des rechten Eileiters mit dem Dickdarm sowie eine knotige Verdickung des rechten Eileiters und eine Verlagerung des linken Eileiters in den Douglas festgestellt wurde. Ferner wurde festgestellt, dass im Bereich der Gebärmutterverwachsung der Dickdarm mit der Gebärmutter verwachsen war, wobei beide Eierstöcke und Eileiter in die Verwachsung mit einbezogen sind. (OP-Bericht Bl. 46/47 I). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass weder die Operation am 2.8.1999 in der Gemeinschaftspraxis M. und L. noch die anschließende Behandlung im Klinikum H. auf Behandlungsfehler zurückzuführen sind.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Durchführung der manuellen Nachtastung ohne Narkose einen groben Behandlungsfehler darstelle. Sie behauptet dazu, dass sie bei der manuellen Nachtastung durch die Beklagte zu 2) am 21....