Verfahrensgang

LG Magdeburg (Teilurteil vom 16.04.1997; Aktenzeichen 10 O 210/97)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16.04.1997 verkündete Teilurteil des Landgerichts Magdeburg – 10 O 210/97 – abgeändert. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin 285.542,93 DM zzgl. 11 % Zinsen aus 208.639,22 DM seit dem 29.08.1996 und aus 76.903,71 DM seit dem 12.02.1997 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil des Landgerichts vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte zu 2) kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 412.000.– DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beschwer des Beklagten zu 2) übersteigt 60.000.– DM. Die Beschwer der Klägerin übersteigt 60.000.– DM nicht.

 

Tatbestand

Nachdem die Gemeinde W. die „T. – Siedlung” als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen hatte, plante der Beklagte zu 2), die ihm dort gehörenden Grundstücke zu erschließen und danach als Bauland an Interessenten zu verkaufen.

Am 05.11.1993 gründete der Beklagte zu 2) zusammen mit U. B. und G. S. die Beklagte zu 1). Mit Gesellschafterbeschluss vom 06.06.1995 wurde G. S. als Geschäftsführer abberufen; seine Gesellschaftsanteile wurden eingezogen.

Am 30.08.1995 nahm der Beklagte zu 2) bei einem gewissen U. R. ein Darlehen i.H.v. 300.000.– DM zur Erschließung der Grundstücke im Baugebiet „T. – Siedlung” in W. auf.

Mit „Leistungsvertrag” vom 27.10.1995 beauftragte der Beklagte zu 2) die Beklagte zu 1) mit der Durchführung der Erschließungsarbeiten im oben genannten Baugebiet zu einem Gesamtpreis i.H.v. 300.000.– DM. Diese 300.000.– DM wurden später vom Beklagten zu 2) an die Beklagte zu 1) gezahlt, vom Beklagten zu 2) jedoch unstreitig wieder dem Geschäftskonto entnommen.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 03.05.1996 wurde der Beklagte zu 2) als Geschäftsführer abberufen; seine Gesellschaftsanteile wurden eingezogen.

Mit Vertrag vom 10.06.1996 verpflichtete sich der Beklagte zu 2) gegenüber der Gemeinde W. zur Erschließung des vorgenannten Wohngebietes. Nach diesem Vertrag war er verpflichtet, für die Durchführung der Arbeiten eine Sicherheitsleistung in Form einer Bürgschaft i.H.v. 320.000.– DM für die in derselben Höhe geschätzte Bausumme zu erbringen.

Ebenfalls mit Vertrag vom 10.06.1996 beauftragte die Beklagte zu 1) die Klägerin mit Erd-, Rohrleitungs- und Straßenbauarbeiten zu einem Preis von 532.619,17 DM. Gem. § 7 (1) des Vertrages hat die Klägerin die Beklagte zu 1) von etwaigen Gewährleistungsansprüchen des Beklagten zu 2) „auf erstes Anfordern in vollem Umfang freizuhalten”.

Am 11.06.1996 wurde die Abberufung des Beklagten zu 2) als Geschäftsführer ins Handelsregister eingetragen.

Bis zum 25.06.1996 errichtete die Klägerin die Regen- und Schmutzwasserleitungen. Am 25.06.1996 übersandte sie der Beklagten zu 1) eine erste Abschlagsrechnung über 207.517,50 DM unter Berücksichtigung eines Sicherheitseinbehalts i.H.v. 10 %.

Am 16.08.1996 übertrug der nunmehrige Alleingesellschafter der Beklagten zu 1), U. B., sämtliche Gesellschaftsanteile auf F. J.. Dieser hatte bereits am 22.02.1996 seinen Wohnsitz in B. abgemeldet und als künftigen Verbleib Australien angegeben. Am 12.09.1996 berief sich F. J. als Geschäftsführer selbst ab. Neuer Geschäftsführer wurde A. P.. Dieser ist unstreitig Geschäftsführer von mehr als 15 Firmen im Raum L., H., C. und F., deren Anschriften nicht zu ermitteln sind.

Mit Schreiben vom 26.08.1996 forderte die Klägerin die Beklagte zu 1) erfolglos zur Zahlung von 208.639,22 DM auf.

Mit Schreiben vom 09.10.1996 kündigte die Klägerin den Nachunternehmervertrag vom 10.06.1996 fristlos und erstellte am 04.11.1996 eine Schlussrechnung nebst Aufmaß über 285.542,93 DM.

Die Klägerin hat vorgetragen, der Beklagte zu 2) hafte als der eigentliche „Drahtzieher” und wirtschaftlich Interessierte auf Grund des „faktischen qualifizierten GmbH-Konzerns”. Die Beklagte zu 1) sei, was sich bereits aus der gleichen Anschrift ergebe, wirtschaftlich ausschließlich durch den Beklagten zu 2) geführt worden. Die Beklagte zu 1) habe weder über eigene Arbeitnehmer, noch über Vermögen verfügt und niemals eine echte gewerbliche Tätigkeit ausgeübt. Als reine Briefkastenfirma sei sie lediglich zum Zweck der Schädigung der Nachunternehmer betrieben worden. Außerdem hafte der Beklagte zu 2) aus § 812 BGB sowie – da er gewusst habe, dass die Beklagte zu 1) zahlungsunfähig sei – aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB, 826 BGB. Vorliegend handele es sich um einen von langer Hand vorbereiteten Betrug zu Lasten der Klägerin.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 285.542,93 DM zzgl. 11 % Zinsen ab dem 29.08.1996 zu zahlen.

Der Beklagte zu 2) hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, die Beklagte zu 1) sei keine Briefkastenfirma. Für strafbare Handlungen der Beklagten zu 1) könne er nicht verantwortlich gem...

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