Leitsatz (amtlich)

Der Käufer eines abgasmanipulierten Kraftfahrzeuges, das nunmehr einer nicht mehr produzierten Modellreihe angehört, hat im Wege der Nacherfüllung keinen Anspruch auf Lieferung eines mangelfreien Fahrzeuges der aktuellen Serienproduktion.

 

Verfahrensgang

LG Stendal (Urteil vom 20.04.2018; Aktenzeichen 21 O 228/17)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 20. April 2018 verkündete Urteil des Landgerichts Stendal wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Dieses und das angefochtene Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt die Nachlieferung eines Fahrzeuges aus der aktuellen Serienproduktion aufgrund eines Kaufvertrages über einen mit einem Dieselmotor der Baureihe ... 1... ausgestatteten Pkw ... mit 105 kW, den er am 13.08.2010 bei der Beklagten zu einem Kaufpreis von 42.245,00 EUR bestellt hatte.

Wegen des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug einschließlich der dort ergangenen Entscheidung wird auf das angefochtene Urteil (Leseabschrift Bd. III, Bl. 14 bis 23 d. A.) Bezug genommen, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Der Kläger hält an seiner Auffassung fest, dass ein Mangel vorliege. Dies habe das Landgericht nicht dahinstehen lassen dürfen. Zudem habe das Landgericht verkannt, dass neben dem Sachmangel auch ein unbehebbarer Rechtsmangel vorliege, weil bei dem Erwerb des Fahrzeugs die Stilllegung gedroht habe.

Die Nachlieferung sei nicht unmöglich. Die Beklagte sei beweispflichtig für ihre vom Kläger bestrittene Behauptung, Fahrzeuge mit dem Motor ... 1... seien nur mit der Manipulationssoftware lieferbar. Es sei nicht festgestellt, dass Fahrzeuge, wie es der Kläger gekauft habe, nicht mehr hergestellt werden könnten.

Die Beklagte behaupte pauschal und ins Blaue hinein, dass die neue Modellgeneration gegenüber der alten Modellreihe erheblich technisch verändert sei. Tatsächlich seien nur ein Facelift vorgenommen und der Motor an die neuen gesetzlichen Regelungen angepasst worden. So habe kein Modellwechsel stattgefunden, vielmehr eine reine Modellpflege. Der Kläger meint, das Landgericht habe die Frage, ob die Modellreihen verschiedenen Gattungen angehörten, nicht ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens entscheiden dürfen. Es fehle dem Gericht an der erforderlichen Sachkunde. Dennoch sei eine Beweisaufnahme nicht erforderlich, denn die Auslegung des Vertrages unter Einschluss der Neuwagenverkaufsbedingen ergebe, dass die Gattung weit gefasst gewesen sei. Der Kläger habe mindestens ein Fahrzeug der aktuellen Serienproduktion erwerben wollen. Zudem sei der Vertrag im Zweifel zugunsten des Käufers auszulegen. Die Beklagte würde sich treuwidrig verhalten, wenn sie einerseits die Abnahme eines Fahrzeugs nach Modellpflege bzw. Modellwechsel nach den Neuwagenverkaufsbedingen verlangte und andererseits eine solche Nachlieferung verweigerte. Auf eine Unmöglichkeit könne sich der Händler nicht berufen, weil der Einwand durch eine entsprechende Modellpolitik herbeigeführt werden könne. Auch bei einem Gattungskauf sei der Nachlieferungsanspruch nicht auf einen Gegenstand aus derselben Gattung begrenzt. Die Kaufsache könne vielmehr durch eine gleichartige und gleichwertige ersetzt werden.

Das Landgericht habe nicht bedacht, dass sich der Nachlieferungsanspruch daneben aus §§ 311, 241 Abs. 2 BGB ergebe, weil sich die Beklagte als Vertragshändlerin das arglistige Verhalten der Mitarbeiter der ... AG zurechnen lassen müsse. Auch europarechtliche Normen mit drittschützender Wirkung habe das Landgericht nicht berücksichtigt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Stendal vom 20.04.2018, 21 O 228/17, aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Stendal zurückzuverweisen,

hilfsweise, unter Abänderung des am 20.04.2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Stendal, 21 O 228/17,

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein gleichartiges und gleichwertiges Ersatzfahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers mit identischer technischer Ausstattung wie das Fahrzeug ... mit der FIN ... gemäß der bereits als Anlage K 1 vorgelegten Rechnung vom 02.12.2010 Zug um Zug gegen Rückübereignung des mangel-haften Fahrzeugs ... mit der FIN... nachzuliefern,

festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im Antrag zu 1 genannten Fahrzeugs in Verzug befindet,

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von den durch die Beauftragung seiner Prozessbevollmächtigten entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.613,24 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ver...

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