Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehegattenunterhalt: Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bemessung des Bedarfs des Unterhaltsberechtigten und die ehelichen Lebensverhältnisse
Leitsatz (redaktionell)
Maßgeblich für die Bemessung des Bedarfs des Unterhaltsberechtigten sind die ehelichen Lebensverhältnisse in den Zeiträumen zwischen Trennung und Scheidung, für die Unterhalt verlangt wird. Die ehelichen Lebensverhältnisse entwickeln sich im Zeitraum zwischen Trennung und Ehescheidung fort. Es kommt also grundsätzlich auf den aktuellen Stand der wirtschaftlichen Verhältnisse an, an deren Entwicklung die Ehegatten bis zur Scheidung teilnehmen.
Normenkette
BGB § 1361 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 Sätze 1-2, 4, § 1360a Abs. 3, § 1613 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Schönebeck (Urteil vom 01.11.2006; Aktenzeichen 5 F 305/05 UE) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels das am 1.11.2006 verkündete Urteil des AG - FamG - Schönebeck (Az.: 5 F 305/05) abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen rückständigen Trennungsunterhalt für die Zeit von Mai 2005 bis März 2007 i.H.v. insgesamt 8.036 EUR sowie ab April 2007 einen laufenden Trennungsunterhalt von monatlich 493 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1/6 und der Beklagte zu 5/6.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Der Berufungsstreitwert wird auf 7.290 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Parteien haben am 13.2.1982 die Ehe geschlossen und leben seit dem 11.4.2005 voneinander getrennt. Aus der Ehe sind die Kinder N. W. (*27.9.1988) und L. W. (*21.8.1990) hervorgegangen. Beide Kinder sind Schüler. Die Parteien bewohnen das in ihrem Miteigentum stehende Einfamilienhaus in S.. Mit Jugendamtsurkunden vom 12.7.2005 hat der Beklagte für die gemeinsamen Kinder der Parteien jeweils Kindesunterhalt i.H.v. 123,7 % des jeweiligen Regelbetrags (Ost) der jeweiligen Altersstufe titulieren lassen.
Der Beklagte ist von Beruf Elektroingenieur bei der E. AG in B..
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Trennungsunterhalt in monatlicher Höhe von je 929 EUR ab Mai 2005 bis Dezember 2005 und i.H.v. 981 EUR ab Januar 2006, abzgl. insgesamt gezahlter 6.101 EUR (vgl. Antragstellung gem. Bd. II, Bl. 54 f.) in Anspruch.
Hinsichtlich des erstinstanzlich festgestellten Sachverhalts wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des am 1.11.2006 verkündeten Urteils des AG Schönebeck Bezug genommen.
Das AG hat den Beklagten unter teilweiser Abweisung der Klage wie folgt zur Zahlung von Trennungsunterhalt verurteilt:
- monatlich 710 EUR für die Zeit vom 1.5.2005 bis 31.12.2005 abzgl. bereits geleisteter Zahlungen für Juli 2005 bis Dezember 2005 i.H.v. monatlich 573 EUR,
- ab 1.1.2006 monatlich 58 EUR, befristet bis 31.3.2007, abzgl. bereits geleisteter Zahlungen i.H.v. monatlich 573 EUR für die Zeit vom 1.1.2006 bis 31.3.2006 und i.H.v. monatlich 236 EUR für die Zeit vom 1.4.2006 bis 31.7.2006.
Die abgezogenen gezahlten Beträge von monatlich 573 EUR bzw. 236 EUR sind auf die Festsetzungen von Unterhaltszahlungen an die Klägerin durch den Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnungen des AG vom 19.7.2005 (Bl. 62 SH eAO) und vom 7.3.2006 (Bl. 210 SH eAO) zurückzuführen.
Zur Begründung seines Urteils hat das AG ausgeführt, die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien seien davon geprägt gewesen, dass beide eine fundierte Ausbildung absolviert und in der Ehe berufstätig gewesen seien. Auch als die Kinder der Parteien sich noch im Kleinkindalter befunden hätten, habe die Klägerin gearbeitet. Erst aufgrund der geänderten Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt sei die Klägerin arbeitslos geworden und habe zuletzt über Einnahmen aus einem "Minijob" in monatlicher Höhe von 165 EUR verfügt. Beide Parteien hätten mithin zum Familieneinkommen beigetragen, und es habe sich nicht um eine sog. "Hausfrauenehe" gehandelt.
Weil der Beklagte zum 1.1.2006 von Steuerklasse III in Steuerklasse I gewechselt sei und außerdem die Klägerin ab diesem Zeitpunkt über kein Einkommen mehr verfüge, müsse der Trennungsunterhalt differenziert nach Zeiträumen berechnet werden.
Im Jahr 2005 sei von einem Nettoeinkommen des Beklagten von monatlich 3.188,92 EUR auszugehen.
Abzusetzen seien berufsbedingte Fahrtkosten von 702,27 EUR. Der Beklagte könne zwar Dienstfahrzeuge benutzen, aber auf das Jahr verteilt werde auch sein privater Pkw eingesetzt. Sein Einkommen erziele der Beklagte nur, weil er sich als flexibel erweise. Deshalb sei von ihm nicht zu verlangen, nach B. umzuziehen und die Fahrtkosten zu minimieren. Die Fahrtkosten seien auch in der Zeit des ehelichen Zusammenlebens entstanden und minderten das verfügbare Einkommen des Beklagten bzw. die Lebensqualität durch seine Abwesenheit.
Abzugsfähig sei ferner Kindesunterhalt von monatlich 333 EUR je Kind.
Ein Wohnwert sei nicht einkommenserhöhend beim Beklagten zu b...