Normenkette
BGB §§ 254, 847
Verfahrensgang
LG Dessau (Aktenzeichen 8 O 2220/98) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 7.6.1999 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des LG Dessau (8 O 2220/98) abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.130 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.9.1998 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 28.11.1997 auf dem Grundstück B./F. zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.
Die weiter gehende Klage bleibt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer beider Parteien übersteigt 60.000 DM nicht.
Tatbestand
Am 28.11.1997 unternahm der damals sieben Jahre alte Kläger mit seinen Eltern und seinem damals 12 Jahre alten Bruder C. zusammen einen Spaziergang, der ihn über ein im Eigentum der beklagten Stadt stehendes Grundstück neben der Siedlung „W.” führte. Bei diesem Grundstück handelt es sich um eine Grünfläche, die von der Beklagten in regelmäßigen Abständen gemäht wird. Es wird von den Kindern der Anwohner zum Spielen genutzt. Seit mehreren Jahren befanden sich dort ein oder zwei von einer nicht bekannten Person aus laienhaft zusammengeschweißten Metallrohren hergestellte Fußballtore. Der Kläger und sein Bruder C. liefen zu einem Fußballtor, das sich etwa in Höhe des Hauses F. 1 befand. C. versuchte, an die Querstange des Tores zu springen, um daran entlangzuhangeln. Das Tor kippte um. Der Kläger wurde von der Querstange des Tores getroffen und erlitt eine schwere Kopfverletzung. Er verlangt nunmehr von der Beklagten Schmerzensgeld, Feststellung der Einstandspflicht für künftige Schäden sowie den Ersatz materiellen Schadens. Das LG hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat teilweise Erfolg.
I. Der Kläger hat gem. § 847 BGB Anspruch auf ein angemessenes Schmerzensgeld i.H.v. 5.000 DM.
1. Die Beklagte hat die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Jeder Grundstückseigentümer muss wirksame und auf Dauer angelegte Schutzmaßnahmen ergreifen, um Kinder vor den Folgen ihrer Unerfahrenheit und Unbesonnenheit zu schützen, wenn ihm bekannt ist oder bekannt sein muss, dass sie – sei es auch trotz Verbots – sein Grundstück zum Spielen benutzen, und die Gefahr besteht, dass sie sich an den dort befindlichen gefährlichen Gegenständen zu schaffen machen und dabei Schaden erleiden können (st. Rspr. des BGH, zuletzt BGH v. 4.5.1999 – VI ZR 379/98, MDR 1999, 996 = NJW 1999, 2364). Die Grünfläche, auf dem sich der Unfall am 28.11.1997 ereignete, war frei zugänglich und wurde von Anwohnern – auch von in der Nachbarschaft wohnenden Kindern – ständig betreten. Die unfachgemäß errichteten, nicht standsicheren Fußballtore boten einen Anreiz nicht nur zum Fußballspielen, sondern auch zum Klettern. Wenn dieser seit Jahren andauernde Zustand den für die Beklagte verantwortlich handelnden Personen nicht bekannt war, zeigt sich daran ein Organisationsverschulden der Beklagten. Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, die auf ihrem Grundstück befindlichen Tore zu sichern oder zu entfernen.
2. Der Kläger ist infolge der Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten zu Schaden gekommen. Er hat durch das umfallende Tor Kopfverletzungen erlitten. Dieser Schaden ist der Beklagten zuzurechnen. Es ist nicht deshalb eine Unterbrechung des Kausal- oder Haftungszusammenhanges eingetreten, weil der Zeuge C.B. – der ältere Bruder des Klägers – das Tor durch das Springen an die Querstange erst zum Umkippen gebracht hat. Von einer Unterbrechung des Kausalzusammenhanges durch Eingreifen eines Dritten kann dann gesprochen werden, wenn der schädigende Erfolg völlig unabhängig von der vom ersten Schädiger gesetzten Ursache eingetreten ist oder wenn der Dritte in abwegiger, völlig ungewöhnlicher und unsachgemäßer Weise in den Fortgang der Dinge eingegriffen hat (vgl. z.B. Geigel/Rixecker, Der Haftpflichtprozess, 22. Aufl., Rz. I 16 f.). Der Bruder des Klägers hat das Tor nicht zu seinem bestimmungsgemäßen Zweck genutzt. Das Springen an die Querstange eines Fußballtores ist in jedem Fall gefährlich, weil immer die Gefahr besteht, dass das Tor einer solchen Belastung nicht standhält. Aber auch das Verhalten des Bruders des Klägers war kindtypisch und deshalb vorhersehbar. Bei wertender Betrachtung macht es keinen Unterschied, ob ein Kind durch eigenes unbesonnenes Verhalten oder durch das entsprechende Verhalten eines Spielkameraden Verletzungen durch ein instabiles, nicht hinreichend gesichertes Fußballtor erleidet.
3. Ein etwaiges Mitverschulden seiner Eltern braucht sich der Kläger nicht anrechnen zu lassen. Die insoweit einschlägige Bestimmung des § 254 Abs. 2 S. 2 BGB verweist zwar auf § 27...