Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkehrsstrafrecht: Fahrunsicherheit nach Drogenkonsum, Amfetamin
Leitsatz (redaktionell)
1. Zwar rechtfertigt der Nachweis von Drogenwirkstoffen im Blut eines Fahrzeugführers für sich allein noch nicht die Annahme der Fahruntüchtigkeit. Hierfür bedarf es vielmehr regelmäßig der Feststellung weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen. Die Beeinträchtigung der Sehfähigkeit (z.B. aufgrund einer drogenbedingten Pupillenstarre) würde hierfür nicht ohne weiteres genügen. Etwas anderes gilt jedoch, wenn ausreichende Feststellungen zum Zustand und zum Verhalten des Angeklagten getroffen wurden, die den Schluss auf eine relative Fahruntüchtigkeit zulassen, wobei die Anforderungen an Art und Ausmaß drogenbedingter Ausfallerscheinungen um so geringer sein können, je höher die im Blut festgestellte Wirkstoffkonzentration ist.
2. Wies die dem Angeklagten entnommene Blutprobe eine vorherige Amphetaminaufnahme in einer Konzentration von 398 ng/ml auf, wobei als therapeutische Wirkspiegel für Amphetamin Werte zwischen 20 ng/ml und 100 ng/ml gelten, und lag mithin beim Angeklagten die vierfache Konzentration vor, waren drogenbedingte Ausfallerscheinungen nachgewiesen (erhebliche Lichtempfindlichkeit der Augen, so dass ein Pupillenreaktionstest nicht möglich war; starkes Schwitzen, Hektik sowie total konfuses, planloses Umherlaufen) und wurden auch Fahrfehler nachgewiesen (Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot durch mittiges Durchfahren einer Kurve der XXX-Straße, starkes Bremsen ohne erkennbaren verkehrsbedingten Anlass bis zum Stillstand; Nichtbetätigung der Fahrtrichtungsanzeiger) ist es aufgrund einer Gesamtschau nachvollziehbar, dass der Drogenkonsum für diese Fahrfehler zumindest mitursächlich war.
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 23.02.2006) |
AG Nürnberg (Urteil vom 28.09.2005) |
Gründe
I.
Das Amtsgericht Nürnberg hat den Angeklagten am 28.9.2005 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr mit vorsätzlichem Fahren trotz Fahrverbots zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 40 EUR verurteilt, die Fahrerlaubnis entzogen, den Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von 12 Monaten festgesetzt.
Die hiergegen eingelegten Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten hat das Landgericht Nürnberg-Fürth am 23.1.2006 mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt wird, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision des Angeklagten mit der Maßgabe als unbegründet zu verwerfen, dass sich die verhängte Sperrfrist noch auf acht Monate beläuft.
II.
Die Revision ist zulässig (§§ 333, 341 Abs. 1, 344, 345 StPO) aber, ausgenommen zur Sperrfrist, unbegründet.
1. Der Schuldspruch wegen vorsätzlichen Fahrens trotz Fahrverbots begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Gleiches gilt für den Schuldspruch wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr aufgrund vorangegangener Amphetaminaufnahme und dadurch bedingter relativer Fahruntüchtigkeit:
Zwar rechtfertigt der Nachweis von Drogenwirkstoffen im Blut eines Fahrzeugführers für sich allein noch nicht die Annahme der Fahruntüchtigkeit. Hierfür bedarf es vielmehr regelmäßig der Feststellung weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen. Die Beeinträchtigung der Sehfähigkeit (im entschiedenen Fall aufgrund einer drogenbedingten Pupillenstarre) würde hierfür nicht ohne weiteres genügen (BGH NZV 1999, 48).
Das Landgericht hat jedoch ausreichende Feststellungen zum Zustand und zum Verhalten des Angeklagten getroffen, die den Schluss auf eine relative Fahruntüchtigkeit zulassen, wobei die Anforderungen an Art und Ausmaß drogenbedingter Ausfallerscheinungen um so geringer sein können, je höher die im Blut festgestellte Wirkstoffkonzentration ist (BGH a.a.O. m.w.N.). Nachdem das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, dass die dem Angeklagten entnommene Blutprobe eine vorherige Amphetaminaufnahme in einer Konzentration von 398 ng/ml aufwies, als therapeutische Wirkspiegel für Amphetamin Werte zwischen 20 ng/ml und 100 ng/ml gelten, beim Angeklagten also die vierfache Konzentration vorgelegten hat (BU S. 17), drogenbedingte Ausfallerscheinungen nachgewiesen waren (erhebliche Lichtempfindlichkeit der Augen, so dass ein Pupillenreaktionstest nicht möglich war; starkes Schwitzen, Hektik sowie total konfuses, planloses Umherlaufen - BU S. 14) und auch Fahrfehler nachgewiesen wurden (Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot durch mittiges Durchfahren einer Kurve der XXX-Straße, starkes Bremsen ohne erkennbaren verkehrsbedingten Anlass bis zum Stillstand; Nichtbetätigung der Fahrtrichtungsanzeiger - BU a.a.O.) ist es aufgrund einer Gesamtschau nachvollziehbar, dass der Drogenkonsum dafür zumindest mitursächlich war, so dass die Annahme relativer Fahruntüchtigkeit Rechtsfehler nicht erkennen lässt. Ebenso rechtsfehlerfrei ist das Landgeric...