Entscheidungsstichwort (Thema)
Abwehrschreiben
Leitsatz (amtlich)
Bei den durch ein anwaltliches Abwehrschreiben gegen eine vorausgegangene Abmahnung entstandenen Aufwendungen handelt es sich nicht um notwendige Kosten der Rechtsverteidigung i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 23.05.2007; Aktenzeichen 3 O 4426/05) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Nümberg-Fürth vom 23.5.2007 (Az.: 3 O 4426/05) wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Beschwerdewert wird auf 2.598,28 EUR festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde zum BGH wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beklagte begehrt Erstattung außergerichtlicher, nicht auf die Verfahrensgebühr anrechenbarer Anwaltskosten, die für die Beantwortung eines klägerischen Abmahnschreibens angefallen sind.
Mit Beschluss vom 23.5.2007 hat das LG Nürnberg-Fürth den auf §§ 2 Abs. 2, 13 RVG, Nr. 2400 W a.F. RVG gestützten Antrag der Beklagten auf Festsetzung des verbleibenden Teils der Geschäftsgebühr von 0,65 für ein vorprozessuales Abwehrschreiben ihres Prozess bevollmächtigten zurückgewiesen. Nach Auffassung des LG handelt es sich bei den insoweit geltend gemachten Aufwendungen nicht um notwendige Kosten der Rechtsverfolgung i.S.d. § 91 Abs. 1 ZPO, da diese nicht der Pro-zessvorbereitung, sondern vielmehr der Prozessvermeidung gedient hätten.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer am 30.5.2007 bei Gericht eingegangenen Beschwerde. Sie hält die ihr für die Beantwortung des Abmahnschreibens entstandenen Aufwendungen unter Hinweis auf eine Entscheidung des OLG Hamburg (Beschl. v. 7.6.2006, OLG Hamburg v. 7.6.2006 - 8 W 16/06, OLGReport Hamburg 2006, 691 = MDR 2007, 57 f.) für notwendige Kosten des Rechtsstreits i.S.d. § 91 ZPO und daher im Rahmen des Kostenfestsetzungs Verfahrens für erstattungsfähig.
Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 28.6.2007 nicht abgeholfen.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO, insb. form- und fristgerecht eingelegt, § 569 ZPO. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
Mit zutreffender Begründung hat der Rechtspfleger bei dem LG Nürnberg-Fürth die Festsetzung der von der Beklagten geltend gemachten nicht anrechenbaren Geschäftsgebühr für das vorgerichtliche Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten abgelehnt. Ergänzend hierzu ist lediglich folgendes auszuführen:
Gemäß § 60 RVG ist auf den vorliegenden Erstattungsanspruch Nr. 2400 RVG-VV in der bis zum 30.6.2006 geltenden Fassung anzuwenden.
Nach vorherrschender Ansicht (vgl. BGH v. 20.10.2005 - IZB 21/05, GRUR 2006, 439 ff. = BGH v. 20.10.2005 - I ZB 21/05, MDR 2006, 776 = BGHReport 2006, 270 = WRP 2006, 237 f. - Geltendmachung der Abmahnkosten - m.w.N.) handelt es sich bei der Geschäftsgebühr des Rechtsanwalts nach Nr. 2400 W a.F. RVG in der Regel nicht um Kosten des Rechtsstreits i.S.d. § 91 ZPO (zu den hierzu vertretenen Rechtsauffassungen vgl. Weglage, Pawliczek, "Die gerichtliche Geltendmachung der nicht anrechenbaren außergerichtlichen Geschäftsgebühr", NJW 2005, 3100 ff. m.w.N.).
Die Klärung dieser Frage kann vorliegend allerdings dahinstehen, da die anteilige Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 a.F. RVG-VV, die im Zusammenhang mit der vorprozessualen Abwehr einer patent- bzw. Wettbewerbs rechtlichen Abmahnung entstanden ist, jedenfalls nach Meinung des Senats ebenso wenig zu den Kosten des Rechtsstreits i.S.d. § 91 ZPO gehört, wie die Kosten für eine erfolglose Abmahnung selbst (BGH - Geltendmachung der Abmahnkosten - a.a.O.). Insoweit hält der Senat hinsichtlich der Abmahnkosten nicht mehr an seiner gegenteiligen Auffassung (etwa Beschl. v. 6.4.2005 - 3 W 590/04) fest und vermag sich auch nicht der von der Beschwerde zitierten Entscheidung des OLG Hamburg vom 7.6.2006 (a.a.O.) anzuschließen.
Zu den Prozesskosten zählen zwar grundsätzlich nicht nur die durch Einleitung und Führung eines Prozesses ausgelösten Kosten, sondern auch diejenigen, die der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits dienen. Auf die Kosten zu seiner Abwendung ist § 91 ZPO demgegenüber unanwendbar (Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 91 Rz. 9; § 104 Rz. 21 Stichwort "außergerichtliche Anwaltskosten" m.w.N.; Thomas/Putzo, ZPO, 26Aifl., § 91 Rz. 8). Gerade aber um solche Kosten, die der Streitbeilegung ohne Inanspruchnahme des Gerichts dienen sollten, handelte es sich bei dem vorliegenden Abwehrschreiben gegen die Abmahnung der Klägerin. Insoweit ist entgegen der Ansicht des OLG Hamburg die Entscheidung des BGH vom 20.10.2005 "Geltendmachung der Abmahnkosten" (a.a.O.) auch für die Beurteilung des Streitfalls heranzuziehen. Es gelten hier ebensolche Überlegungen, wie sie der BGH hinsichtlich des dortigen Sachverhalts angestellt hat. Denn ebenso wie die Abmahnung selbst, bezweckte die Antwort auf diese gerade die ProzessVermeidung. So war das streitgegenständliche Abwehrschreiben vom 3...