Leitsatz (amtlich)
Lässt der Nichtabhilfebeschluss nicht erkennen, dass das Gericht die Argumente des Beschwerdeführers zur Kenntnis genommen und sich damit auseinander gesetzt hat, liegt darin ein schwerer Verfahrensfehler, der die Aufhebung des Nichtabhilfebeschlusses insb. dann rechtfertigen kann, wenn rechtliches Gehör vor Erlass des angefochtenen Beschlusses nicht gewährt wurde.
Normenkette
ZPO § 572 Abs. 1 S. 1, § 104 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 22.07.2003; Aktenzeichen 12 O 7785/01) |
Tenor
I. Der Nichtabhilfebeschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 22.7.2003 wird aufgehoben.
II. Die Sache wird an das LG Nürnberg-Fürth zur erneuten Entscheidung über die Abhilfe zurückgegeben.
Gründe
§ 572 Abs. 1 S. 1 ZPO sieht seit der Neufassung der ZPO im Verfahren der sofortigen Beschwerde zunächst die Durchführung eines Abhilfeverfahrens vor. Der Gesetzgeber hat damit dem Umstand Rechnung getragen, dass der vorherige Rechtszustand, der bei einer sofortigen Beschwerde keine Abhilfe ermöglichte, allgemein als unbefriedigend empfunden wurde, weil das Beschwerdegericht auch mit solchen Verfahren befasst werden musste, bei welchen bereits das erstinstanzliche Gericht eine Abänderung seiner Entscheidung für geboten hielt.
Der erstinstanzlich tätige Richter oder Rechtspfleger hat daher nunmehr zu prüfen, ob auf die sofortige Beschwerde hin eine Abänderung ihrer Entscheidung veranlasst ist, und diese ggf. vorzunehmen. Das setzt voraus, dass der Richter oder Rechtspfleger das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Kenntnis nimmt und sich damit auseinander setzt. Von Bedeutung. ist das vor allem dann, wenn die Beschwerde neues Vorbringen enthält und ganz besonders, wenn – wie hier – dem Beschwerdeführer rechtliches Gehör nicht bereits vor Erlass der Entscheidung, sondern erst gem. § 104 Abs. 1 S. 3 ZPO durch erstmalige Übersendung des Kostenfestsetzungsantrages zusammen mit dem bereits ohne vorherige Anhörung ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss gewährt wird. Gerade in einem solchen Fall muss der Nichtabhilfebeschluss die Befassung des Rechtspflegers mit den in der Beschwerdeschrift vorgetragenen Argumenten erkennen lassen. Fehlt es bereits an der hier zur effektiven Nachholung des rechtlichen Gehörs erforderlichen Kenntnisnahme des Beschwerdevorbringens, liegt darin ein schwerer Verfahrensfehler (vgl. auch LG Rostock v. 24.4.2001 – 2 T 118/01, MDR 2001, 1131); das Abhilfeverfahren verlöre zudem bei einer solchen Verfahrensweise jeden Sinn.
Hier hat die Rechtspflegerin den Kostenfestsetzungsbeschluss lediglich mit dem Satz begründet, die Kosten seien „im Antrag sachlich und rechnerisch richtig berechnet und entspr. zu erstatten”. Das mag in einfachen Fällen zunächst ausreichend sein. Der Beschwerdeführer hat jedoch ausgeführt, dass die Prozessbevollmächtigten des Beschwerdegegners in dem vorangegangenen, Anlass der Kostenfestsetzung bildenden Beschwerdeverfahren nicht tätig gewesen und daher festsetzbare Gebühren nicht entstanden seien. Mit diesem Vortrag zur Frage des Entstehens einer Prozessgebühr im Rahmen des § 61 BRAGO hat sich die Rpflegerin nicht befasst, sondern sich zur Nichtabhilfe lediglich auf die „im Beschluss vom 10.6.2003 genannten Gründe” bezogen, welche sich jedoch mit der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Frage in keiner Weise befassen. Damit fehlt nicht nur eine nachvollziehbare Begründung der Nichtabhilfe (vgl. OLG Nürnberg v. 25.1.2001 – 4 W 4558/00, MDR 2001, 893), sondern das lässt auch nur den Schluss zu, dass die Rechtspflegerin das Beschwerdevorbringen schon nicht zur Kenntnis genommen hat. Die Sache war daher an das LG zur Nachholung eines ordnungsgemäßen Abhilfeverfahrens zurückzugeben (vgl. OLG Nürnberg v. 25.1.2001 – 4 W 4558/00, MDR 2001, 893; LG Rostock v. 24.4.2001 – 2 T 118/01, MDR 2001, 1131).
Steckler
RiOLG
Fundstellen
Haufe-Index 1108492 |
MDR 2004, 169 |
OLGR-MBN 2004, 38 |