Verfahrensgang
AG Hersbruck (Urteil vom 02.03.1999; Aktenzeichen 3 F 374/98) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers wird das Endurteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Hersbruck vom 2. März 1999 (3 F 374/98) wie folgt abgeändert:
Der am 17. September 1996 vor dem Amtsgericht Hersbruck in dem Verfahren 3 F 282/96 geschlossene Vergleich wird dahingehend abgeändert, daß der Beklagte an den Kläger für den Zeitraum 1. April 1999 bis 30. Juni 1999 monatlichen Unterhalt von 736,– DM und ab 01. Juli 1999 monatlichen, monatlich im voraus fälligen Unterhalt von 759,00 DM zu zahlen hat.
Im übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/5, der Beklagte 4/5.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluß:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf
1.398,– DM
(Berufung 1.230,– DM, Anschlußberufung 168,– DM)
festgesetzt.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten ist nur zu einem geringen Teil, die. Anschlußberufung des Klägers dagegen in vollem Umfang begründet.
Der Beklagte ist dem Kläger, seinem volljährigen, im Haushalt der Mutter lebenden Sohn, der hoch die Schule besucht und deshalb seinen Unterhaltsbedarf nicht selbst decken kann, gemäß § 1601 ff. BGB unterhaltspflichtig.
Da die Gleichstellung der Betreuungsleistungen mit dem Barunterhalt kraft Gesetzes mit Erreichen der Volljährigkeit endet (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB), sind ab Volljährigkeit des Kindes grundsätzlich beide Elternteile barunterhaltspflichtig. An dieser Rechtslage hat die Neufassung der Vorschrift der §§ 1603 und 1609 BGB nichts geändert (Schumacher/Grün FamRZ 98, 778, 786; Strauß FamRZ 98, 993, 995; OLG Hamm NJW 99, 798). Ab Volljährigkeit des gemäß § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB privilegierten Kindes haften daher beide Elternteile entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit anteilig für den Barunterhalt des Kindes. Der Kläger kann sich somit nicht darauf berufen, daß seine Mutter ihre Unterhaltspflicht durch die nach wie vor erbrachten Betreuungsleistungen erfüllt.
Der Kläger muß im Unterhaltsprozeß daher die Höhe der Einkünfte seiner Mutter darlegen und unter Beweis stellen, jedenfalls unter Beweisantritt vortragen, daß seine Mutter über kein Einkommen verfügt (Scholz in Wendl/Staudigl „Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis” 4. Aufl., Rn. 457 zu § 2). Der Kläger hat mit Zustimmung des Beklagten seine Klage für den Zeitraum 1. Juli 1998 bis 31. März 1999 zurückgenommen und trägt vor, daß seine Mutter seit 1. April 1999 über keinerlei Einkommen mehr verfüge. Dies hat er unter Beweis gestellt, unter anderem durch Benennung seiner Mutter als Zeugin. Diesen Vortrag hat der Beklagte nicht bestritten. Der Senat hat deshalb die vorsorglich zum Termin vom 4. Oktober 1999 als Zeugin geladene Mutter des Klägers nicht vernommen.
Da die Mutter des Klägers somit als nicht leistungsfähig anzusehen ist, war zu prüfen, ob der Kläger sich auf fiktives Einkommen seiner Mutter verweisen lassen muß, falls dieser ein Verstoß gegen eine bestehende Erwerbsobliegenheit vorzuwerfen wäre. Dies ist jedoch zu verneinen. Der Kläger kann entsprechend dem Rechtsgedanken des § 1607 Abs. 2 BGB allein den leistungsfähigen Elternteil in Anspruch nehmen (Scholz a.a.O., Rn. 440 zu § 2). Sein tatsächlich vorhandener Lebensbedarf kann nicht dadurch gedeckt werden, daß er auf fiktive Einkünfte seiner Mutter verwiesen wird, auf die er nicht zugreifen kann. Die Gleichsetzung von realen und fiktiven Einkünften im Unterhaltsverhältnis rechtfertigt sich aus der Erwägung, daß der unter Verletzung seiner Erwerbsobliegenheit handelnde Unterhaltsgläubiger oder -schuldner sich so behandeln lassen muß, als erziele er die ihm möglichen Einkünfte wirklich. Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um eine Obliegenheitsverletzung des unterhaltsberechtigten Klägers sondern um die eines Dritten, seiner Mutter, deren Verhalten ihm nicht zurechenbar ist (OLG Frankfurt a.M. FamRZ 93, 232).
Da sich der Kläger somit allein an den Beklagten halten kann, leitet sich sein Bedarf auch allein vom Einkommen des Beklagten ab. Dieser verfügte im Jahr 1998 über ein Bemessungseinkommen von rund 4.800,– DM monatlich, also ist der Bedarf des Klägers der Stufe 8 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Bayern (BayL) zu entnehmen.
Laut vorgelegten Bezügemitteilungen für 1998 erhielt der Kläger laufende Nettobezüge bei erhöhtem Familienzuschlag nach Ausscheiden der Mutter des Klägers aus dem öffentlichen Dienst in Höhe von 4.862,94 DM monatlich (Bezügemitteilung für Dezember 1998). Außerdem erhielt der Beklagte im Dezember 1998 eine Nachzahlung und die Sonderzuwendung in Höhe von insgesamt 4.467,21 DM; im Juli erhielt er Urlaubsgeld und eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 608,31 DM (Bezügemitteilung für Juli 1998). Die Summe der einmaligen Zahlungen beträgt 5.075,52 DM,...