Entscheidungsstichwort (Thema)
Wertsteigerung der betrieblichen Altersversorgung der S. AG
Leitsatz (amtlich)
Der Wert der betrieblichen Altersversorgung der Firma S. AG steigt in (nahezu) gleicher Weise wie der Wert einer volldynamischen Versorgung (gesetzliche Rentenversicherung oder Beamtenversorgung); dies gilt sowohl für den Anwartschaftsteil als auch ab Leistungsbeginn.
Gleichwohl gebietet die Verfallbarkeit der Dynamik im Anwartschaftsstadium eine Umrechnung der Anwartschaft nach der Barwertverordnung (FamRZ 2003, 914).
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Urteil vom 13.05.2003; Aktenzeichen 101 F 992/02) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragstellers hin wird das Urteil des AG – FamG – Nürnberg (101 F 992/02) vom 13.5.2003 in Nr. 2 Abs. 2 des Tenors abgeändert:
Zusätzlich werden vom Versicherungskonto Nr. … des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte auf das Versicherungskonto Nr. … der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften von monatlich 7,64 Euro, bezogen auf den 31.3.2002, übertragen. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
II. Im Übrigen bleibt der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten.
III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 500 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Das AG hat die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt.
Hierbei hat es u.a. eine unverfallbare Anwartschaft des Ehemannes auf betriebliche Altersversorgung bei der Firma S. ausgeglichen, indem es den ehezeitbezogenen Anteil errechnet, sie als dynamisch gewertet und im Wege des erweiterten Splittings (§ 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG) ausgeglichen hat.
Gegen die Wertung der Anwartschaft als dynamisch wendet der Antragsteller sich mit seiner Beschwerde unter Hinweis auf die Auskunft der Firma S., die ihre betriebliche Altersversorgung sowohl im Anwartschafts- als auch im Leistungsstadium als „statisch” bezeichnet hat. Eine erholte weitere Auskunft der Firma S. hat ergeben, dass die Anwartschaften auf und die Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung seit dem 1.9.1990 alle drei Jahre um insgesamt 30,4 Prozentpunkte erhöht worden sind. Die letzte Erhöhung ist zum 1.9.2002 erfolgt und hat 5,4 % betragen. Die Satzung über die betriebliche Altersversorgung der Firma S. sieht keine Abweichung von der Regelung des § 2 Abs. 5 BetrAVG vor (vgl. § 11 der Richtlinien der S.-Altersfürsorge GmbH vom 1.10.1983, Stand Januar 2000).
Die am Verfahren über die Folgesache „Versorgungsausgleich” Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.
II. Die befristete Beschwerde des Antragstellers ist zulässig (§ 621e Abs. 1 und 3 ZPO) und begründet.
Die betriebliche Altersversorgung der Firma S. ist sowohl im Anwartschafts- als auch im Leistungsstadium als volldynamisch zu werten; denn ihr Wert ist in den letzten 15 Jahren in gleicher oder nahezu gleicher Weise wie die gesetzliche Rentenversicherung und die Beamtenversorgung gestiegen, nämlich jährlich um durchschnittlich 2,03 % (30,4 %: 15 Jahre). Damit ist sie als dynamisch zu werten (Gutdeutsch, Versorgungsausgleichs-Tabelle zur Feststellung der Volldynamik, FamRZ 2003, 737; Glockner, Bewertung von Betriebsrenten, FamRZ 2003, 1233).
Gleichwohl darf die Anwartschaft auf Betriebsrente der Firma S. wegen der Verfallbarkeit der vorhandenen Dynamik bei Ausscheiden aus der Firma vor Renteneintritt nur mit dem gesicherten Anteil der Anwartschaft ausgeglichen werden (vgl. § 2 Abs. 5 BetrAVG; Borth, Versorgungsausgleich, 3. Aufl., Rz. 424, Glockner, Die Änderungen des Betriebsrentengesetzes, FamRZ 2002, 282). Dies macht eine Umrechnung der bisher erreichten Anwartschaft mit Hilfe der (neuen) Barwertverordnung (FamRZ 2003, 914) erforderlich.
Der am 7.4.1967 geborene Antragsteller hatte zum Ende der Ehezeit (i.S.d. § 1587 Abs. 2 BGB), dem 31.3.2002, eine unverfallbare Anwartschaft i.H.v. jährlich 3.399,12 Euro : 12 Monate = 283,26 Euro monatlich erworben. Dieser Betrag ist auf die Zeit vom 5.2.1987 (Eintritt in die Firma) bis … (65. Geburtstag) bezogen, also auf 45 Jahre und 2 Monate oder insgesamt 542 Monate.
In die Ehezeit (vom 1.6.1990 bis 31.3.2002) fällt eine Betriebszugehörgkeit von nur 11 Jahren und 10 Monaten oder insgesamt 142 Monaten. Von der erworbenen Anwartschaft von monatlich 283,26 Euro entfällt auf die Ehezeit ein Anteil von 74,21 Euro (283,26 Euro × 142 Monate : 542 Monate).
Zum 1.9.2002 ist eine Erhöhung der Betriebsrente (sowohl der Anwartschaft als auch der Leistung) der Firma S. um 5,4 % eingetreten. Dadurch hat die ehezeitbezogene Anwartschaft von 74,21 Euro sich auf 78,22 Euro erhöht.
Der Jahresbetrag dieser Anwartschaft von 938,64 Euro (78,22 Euro × 12 Monate) ist mit Hilfe der Barwertverordnung in eine dynamische Rentenanwartschaft umzurechnen. Aus der Tabelle 1 der BarwertVO ergibt sich für den am Ende der Ehezeit (31.3.2002) 34 Jahre alt...