Leitsatz (amtlich)
1. Die Verwertung eines Miteigentumsanteils an einem Gartengrundstück im Werte von ca. 16.000 DM zur Bezahlung von Prozeßkosten in Höhe von 1.150 DM ist für eine Partei nicht zumutbar, wenn diese nur durch eine unwirtschaftliche Teilungsversteigerung erfolgen kann.
2. Nach Beendigung des Verfahrens kann ein Prozeßkostenvorschuß wegen der bereits entstandenen Prozeßkosten nicht mehr verlangt werden. Die Kosten eines verlorenen Prozesses kann ein Unterhaltsberechtigter nicht, als unterhaltsrechtlichen Sonderbedarf geltend machen.
Normenkette
ZPO § 115; BGB § 1360a Abs. 4, § 1361 Abs. 1, § 4 S. 3
Verfahrensgang
AG Weiden i.d. OPf. (Beschluss vom 30.04.1997; Aktenzeichen 1 F 197/97) |
Tenor
Die Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Weiden i.d.OPf. gegen den Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Weiden i.d.OPf. vom 30. April 1997 wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Zwischen den Parteien war vor dem Amtsgericht – Familiengericht – Weiden i.d.OPf. ein Verfahren über die elterliche Sorge für deren gemeinsame Kinder anhängig (Az. 1 F 197/97).
Die Parteien sind Eigentümer des im Grundbuch des Amtsgerichts W. – Band …, Blatt … – eingetragenen Gartengrundstücks (FlStNr. … zu 348 qm und 1/18 Anteil an einem Zufahrtsweggrundstück zu 779 qm).
Mit Beschluß vom 30. April 1997 bewilligte das Amtsgericht der Antragsgegnerin für den ersten Rechtszug unter Beiordnung von Rechtsanwältin C. K. Prozeßkostenhilfe.
Gegen diesen Beschluß hat der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Weiden i.d.OPf. mit Schreiben vom 02. Juli 1997 Beschwerde eingelegt.
Er beantragt,
der Antragsgegnerin Prozeßkostenhilfe nur mit der Verpflichtung zur Bezahlung eines Einmalbetrages in Höhe der angefallenen Verfahrenskosten von 1.150,– DM, hilfsweise gegen Bezahlung des Betrages in monatlichen Raten von 230,– DM zu bewilligen.
Der Bezirksrevisor ist der Meinung, es sei der Antragsgegnerin zumutbar, zum Zwecke der Bezahlung der Verfahrenskosten ihren Grundstücksanteil zu veräußern und notfalls die Teilungsversteigerung zu beantragen. Außerdem habe die Antragsgegnerin gegenüber ihrem Ehemann einen Sonderunterhaltsanspruch auf Bezahlung der Prozeßkosten.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde (§ 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO) ist unbegründet.
Zu Recht hat das Amtsgericht der Antragsgegnerin Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt.
Die psychisch kranke Antragsgegnerin befindet sich seit längerer Zeit im Bezirkskrankenhaus W. und in anderen Krankenhäusern und verfügt deshalb über keine Einkünfte, mit denen sie die Prozeßkosten von 1.150,– DM bezahlen kann. Sie erhält vom Antragsteller lediglich ein Taschengeld von monatlich 200,– DM.
Der Antragsgegnerin ist es nicht zumutbar, ihren Miteigentumsanteil an dem Gartengrundstück zur Bezahlung der Prozeßkosten zu verwerten (§ 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Nach den in der Akte sich befindlichen Unterlagen ist von einem Wert des Grundstücks einschließlich Gebäude und Zubehör von ca. 32.000,– DM (Grundstückswert: ca. 14.000,– DM; Ablöse: 18.000,– DM) auszugehen. Der objektive Wert des Miteigentumsanteils der Antragsgegnerin beträgt somit ca. 16.000,– DM. Der Antragsteller ist nicht bereit, den Miteigentumsanteil der Antragsgegnerin zu kaufen. Auch hat er sein Einverständnis zu einem Verkauf des Grundstücks nicht erteilt. Unter diesen Umständen kommt lediglich eine Verwertung durch eine Teilungsversteigerung in Betracht, die als unwirtschaftlich anzusehen ist. Es muß nämlich damit gerechnet werden, daß der bei einer Teilungsversteigerung erzielbare Erlös deutlich hinter dem objektiven Wert des Gartengrundstücks zurückbleibt. Die Prozeßkosten von nur 1.150,– DM stehen in keinem angemessenen Verhältnis zu den finanziellen Einbußen der Antragsgegnerin, die bei einer Versteigerung erwartet werden müssen. Eine Kreditaufnahme kann von der Antragsgegnerin nicht verlangt werden, da sie über kein Einkommen verfügt und deshalb den Kredit nicht zurückbezahlen kann.
Auch hat die Antragsgegnerin gegen den Antragsteller keinen Unterhaltsanspruch auf Bezahlung der angefallenen Prozeßkosten. Für Prozeßkosten besteht die Spezialregelung der §§ 1360 a Abs. 4, 1361 Abs. 4 Satz 3 BGB. Danach kann nur unter bestimmten Voraussetzungen ein Vorschuß für die zu erwartenden Prozeßkosten verlangt werden. Dies bedeutet, daß nach Beendigung des Verfahrens ein Anspruch auf die bereits entstandenen Kosten nicht mehr geltend gemacht werden kann (Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 3. Aufl., § 6, Rnr. 19, 31 m.w.N.). Der Umstand, daß ein Unterhaltsberechtigter infolge eines verlorenen Rechtsstreits Kosten zu tragen hat, begründet keinen unterhaltsrechtlichen Sonderbedarf. Denn die Unterhaltspflicht umfaßt grundsätzlich nicht die Verpflichtung, eventuelle Schulden des Berechtigten zu tilgen (Wendl/Staudigl, a.a.O., § 6, Rnr. 19).
Fundstellen
Haufe-Index 1343720 |
FamRZ 1998, 489 |
FPR 2000, 227 |
MDR 1998, 50 |
Rpfleger 1998, 75 |
FF 1998, 126 |