Leitsatz (amtlich)

Zur Unzulässigkeit einer Beschwerde der Staatskasse gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfeverfahren wegen "greifbarer Gesetzwidrigkeit".

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 127 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Beschluss vom 08.12.2005; Aktenzeichen 101 F 1646/05)

 

Tenor

Die Beschwerde der Staatskasse gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Antragsteller im Beschluss des AG - FamG - Nürnberg vom 8.12.2005 wird verworfen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin zu 1. ist die geschiedene Ehefrau, die Antragsteller zu 2. und 3. sind die Kinder des Antragsgegners.

Mit einem am 9.5.2005 eingegangenen Schriftsatz vom 3.5.2005 haben die Antragsteller beantragt, ihnen Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage zu bewilligen, mit der sie die Verurteilung des Antragsgegners zu UnterhaltsZahlungen erreichen wollten.

Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag der Antragsteller auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückzuweisen.

Am 8.12.2005 hat vor dem AG - FamG - Nürnberg im Prozesskostenhilfeverfahren eine mündliche Verhandlung (gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO) stattgefunden.

In dieser waren die Antragsteller durch Rechtsanwalt P. und der Antragsgegnerin durch Rechtsanwältin R. vertreten.

In der Sitzung hat das AG folgenden Beschluss verkündet:

"Dem Beklagten wird Prozesskostenhilfe für das Prozesskostenhilfeverfahren einschließlich nachstehendem Vergleich bewilligt bei Ratenzahlung 15 EUR ab Februar 2006, fällig zum 10. eines jeden Monats und ihm RAin R. beigeordnet.

Den Klägern wird Prozesskostenhilfe für das Prozess-kostenhilfe bewilligt ohne Ratenzahlung und ihnen Rechtsanwalt B. beigeordnet bei untenstehendem Streitwert und einschließlich nachstehendem Vergleich.

Im Anschluss daran haben die Parteien einen umfassenden Vergleich über die geltend gemachten Unterhaltsansprüche geschlossen.

Das AG hat noch in der Sitzung vom 8.12.2005 in einem Beschluss den Streitwert festgesetzt.

In der Folgezeit hat der zuständige Familienrichter am AG - FamG - Nürnberg auf die Erinnerung des Rechtsanwaltes Paulus gegen eine anderslautende Entscheidung des Rechtspflegers die Rechtsanwalt P. zu erstattende Vergütung im Prozesskostenhilfeverfahren unter Einschluss einer Einigungsgebühr, einer Verfahrensgebühr und einer Terminsgebühr auf 858,40 EUR festgesetzt.

Eine gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde der Staatskasse ist vom Senat mit Beschluss vom 26.9.2006 zurückgewiesen worden.

Mit Schreiben vom 26.10.2006, beim OLG Nürnberg eingegangen am 30.6.2006, hat der Bezirksrevisor beim AG Nürnberg namens der Staatskasse gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Antragsteller im Beschluss des AG vom 8.12.2005 Gegenvorstellungen erhoben und hilfsweise "außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit" mit dem Antrag eingelegt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und Prozesskostenhilfe ausschließlich für den abgeschlossenen Vergleich zu bewilligen.

Wegen der umfangreichen Begründung der Gegenvorstellungen bzw. der außerordentlichen Beschwerde wird auf das Schreiben vom 26.10.2006 (Bl. 69 bis 75 des Pkh-Heftes) Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 20.12.2006 hat das AG der Beschwerde des Vertreters der Staatskasse gegen den Prozesskostenhilfebeschluss vom 8.12.2005 nicht abgeholfen.

Auf die Begründung dieser Entscheidung (Bl. 76 bis 79 d.A.) wird Bezug genommen.

Das AG hat die Sache daraufhin mit Beschluss vom 27.12.2006 dem OLG Nürnberg zur Entscheidung vorgelegt.

II. Der Beschluss des AG - FamG - Nürnberg vom 20.12.2006 ist dahin auszulegen, dass mit diesem u.a. die Gegenvorstellungen der Staatskasse gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Antragsteller zurückgewiesen worden sind. Damit war über die - ersichtlich für diesen Fall hilfsweise gestellte - außerordentliche Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss vom 8.12.2005 zu entscheiden.

Die Beschwerde war als unzulässig zu verwerfen, weil ein Rechtsmittel der Staatskasse gegen die Entscheidung vom 8.12.2005 - jedenfalls im vorliegenden Fall - nicht statthaft ist.

Das Gesetz sieht in § 127 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO eine Beschwerde der Staatskasse gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur vor, wenn weder Monatsraten noch Zahlungen angeordnet sind und die Beschwerde damit begründet wird, dass solche Zahlungen anzuordnen gewesen wären.

Im vorliegenden Fall hat die Beschwerde der Staatskasse aber nicht die Anordnung von Zahlungen im Rahmen einer Prozesskostenhilfebewilligung zum Gegenstand, das Rechtsmittel richtet sich vielmehr gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe als solche. Aus diesem Grund kann aus § 567 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 127 Abs. 3 ZPO eine Statthaftigkeit der Beschwerde der Staatskasse nicht entnommen werden (vgl. auch Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 127 Rz. 16a).

Im Übrigen stünde der Zulässigkeit einer Beschwerde nach § 127 Abs. 3 ZPO auch § 127 Abs. 3 Satz 4 ZPO entgegen, wonach eine Beschwerde der Staatskasse nach Ablauf von drei Monaten seit Verkündung der angefochten...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?