Leitsatz (amtlich)

Auch nach In-Kraft-Treten des § 107 FamFG ist das Gericht im Scheidungsverfahren nicht zur inzidenten Prüfung einer im Inland vorgenommenen Privatscheidung einer Ausländerehe befugt.

 

Normenkette

FamFG § 107

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Beschluss vom 14.03.2016; Aktenzeichen 103 F 558/16)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Nürnberg - Abteilung für Familiensachen - vom 14.3.2016 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind thailändische Staatsangehörige. Sie haben am 9.10.1988 vor der Königlich Thailändischen Botschaft in B. die Ehe geschlossen. Die Antragstellerin lebt in Nürnberg, der Antragsgegner lebt wieder in Thailand. Die letzte gemeinsame Ehewohnung war in Nürnberg. Am 10.9.2009 wurde die Ehe vor dem Königlich Thailändischen Generalkonsulat in F. geschieden und die Scheidung im dortigen Scheidungsregister eingetragen.

Die Antragstellerin hat am 17.2.2016 Scheidungsantrag und Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das Scheidungsverfahren gestellt. Sie trägt vor, die Eheleute lebten seit 2008 getrennt. Sie habe bei der Vorbereitung ihrer geplanten Wiederverheiratung vom Standesamt Nürnberg erfahren, dass ihre Scheidung vom Antragsgegner in Deutschland wegen Art 17 Abs. 2 EGBGB nicht wirksam sei. Es müsse daher in Deutschland ein erneutes (gerichtliches) Scheidungsverfahren durchgeführt werden.

Das AG Nürnberg hat mit Beschluss vom 14.3.2016 den Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe abgelehnt. Zur Begründung hat es auf einen gerichtlichen Hinweis vom 19.2.2016 verwiesen, in dem es ausgeführt hatte, es sei von einer im Ausland durchgeführten Scheidung auszugehen. Es müsse daher zunächst ein Anerkennungsverfahren nach § 107 FamFG durchgeführt werden. Erst wenn dieses negativ ausgefallen sei, könne davon ausgegangen werden, dass die Ehe tatsächlich nicht bereits geschieden sei.

Gegen diesen Hinweis hatte die Antragstellerin eingewandt, die Scheidung sei im Inland erfolgt; es handle sich um eine nach deutschem Recht unwirksame Privatscheidung, auch wenn sie unter Mitwirkung einer Behörde vollzogen worden sei und den Voraussetzungen des fremden (thailändischen) Scheidungsstatuts entspreche.

Gegen den am 18.3.2016 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin ebenfalls am 18.3.2016 sofortige Beschwerde eingelegt.

Zur Begründung führt sie aus, das AG gehe fälschlich von einer im Ausland durchgeführten Scheidung aus.

Mit Beschluss vom 20.4.2015 hat das AG der Beschwerde nicht abgeholfen.

Es führt aus, dass eine thailändische Botschaft oder ein thailändisches Konsulat als thailändisches Hoheitsgebiet anzusehen seien. Doch auch wenn eine Scheidung im Inland angenommen werde, so sei diese in entsprechender Anwendung von § 107 FamFG einer "Unwirksamkeitsfeststellung" zu unterziehen, da eine ausländische Behörde mitgewirkt habe.

II. Die sofortige Beschwerde (im Folgenden: Beschwerde) ist zulässig. Sie ist im Ergebnis jedoch nicht begründet.

Das AG hat zu Recht die Verfahrenskostenhilfe mit der Begründung versagt, die Antragstellerin müsse zunächst die Unwirksamkeit der vor dem Königlich Thailändischen Konsulat durchgeführten und dort registrierten Scheidung der Beteiligten im Anerkennungsverfahren nach § 107 FamFG feststellen lassen.

Verfahrenskostenhilfe kann nur gewährt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 113 Abs. 1 FamFG, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das beabsichtigte Scheidungsverfahren kann nur dann mit Erfolg durchgeführt werden, wenn die Ehe, die geschieden werden soll, rechtlich noch besteht (Palandt-Brudermüller, BGB, 75. Auflage, Rdnr. 1 zu § 1564 BGB). Diese Voraussetzung hat die Antragstellerin, die insoweit darlegungspflichtig ist, nicht hinreichend dargetan, so dass das AG zu Recht von (derzeit) fehlender Erfolgsaussicht des Scheidungsantrags ausgegangen ist.

Zutreffend hat das AG dargelegt, dass das Gericht die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der vor der Königlich Thailändischen Botschaft durchgeführten und dort registrierten Scheidung nicht selbst inzident prüfen darf, sondern insoweit (ausschließlich) das Anerkennungsverfahren nach § 107 FamFG durchzuführen ist.

Zwar ist die Ansicht der Antragstellerin richtig, dass die Scheidung vor dem Königlich Thailändischen Generalkonsulat in F.eine Inlandsscheidung ist.

Weder das Gelände einer Botschaft noch das eines Konsulats ist nach den Regelungen des modernen Völkerrechts Staats- oder Hoheitsgebiet des Entsendestaates (Winkler von Mohrenfels in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage, Rdnr. 13 zu Art 17 EGBGB, mit weiteren Nachweisen, zitiert nach juris). Es handelt sich um Staatsgebiet des Empfangsstaates, das allerdings gemäß Art 22 WÜD (Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18.4.1961) als "unverletztlich" gilt und vor Durchsuchungs- und Vollstreckungsmaßnahmen geschützt ist.

Zutreffend ist ebenso die Darlegung der Antragstellerin, dass eine Ehe im Inland gemäß Art 17 Abs. 2 EGBGB nur durch e...

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