Leitsatz (amtlich)

Eine Beschwerde des Antragstellers gegen die Ablehnung der Einsichtnahme in die Verfahrenskostenhilfeunterlagen des Antragsgegners ist nicht statthaft.

 

Normenkette

ZPO § 117 Abs. 2 S. 2; BGB § 1361 Abs. 4 S. 4, §§ 1580, 1605 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Ansbach (Beschluss vom 07.08.2014; Aktenzeichen 4 F 740/14)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Ansbach vom 7.8.2014 - 4 F 740/14, wird als unzulässig verworfen.

2. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beschwerde des Antragstellers ist nicht statthaft.

Soweit der Antragsteller sich mit seiner sofortigen Beschwerde vom 25.8.2014 gegen die vom AG - Familiengericht - Ansbach im Verfahren 4 F 740/14 mit Beschluss vom 7.8.2014 abgelehnte Einsichtnahme in die von der Antragsgegnerin im Rahmen ihres Verfahrenskostenhilfeantrages vorgelegten Verfahrenskostenhilfeunterlagen wendet, steht ihm ein eigenes Beschwerderecht nicht zu.

Das Beschwerdegericht folgt der hierzu herrschenden Auffassung, wonach im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren dem Antragsgegner gegen die ablehnende Entscheidung des Gerichts, ihm Einsicht in die Verfahrenskostenhilfeunterlagen des Antragstellers zu gewähren, grundsätzlich kein Beschwerderecht zusteht, und zwar auch dann nicht, wenn der Antragsgegner entsprechend der Ausnahmeregelung des § 117 Abs. 2 Satz 2, Halbs. 2 ZPO gegen den dortigen Antragssteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers hat (vgl. bei Zöller, 30. Aufl., ZPO, § 117 Rz. 20; § 118 Rz. 1; Schoreit/Groß, Beratungshilfe Prozesskostenhilfe Verfahrenskostenhilfe, 11. Aufl., § 117 ZPO Rz. 23 mN; OLG Bremen FamRZ 2012, 649 m.w.N.; OLG Oldenburg FamRZ 2013, 805).

Das Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren ist ein nichtstreitiges, der staatlichen Daseinsfürsorge zuzurechnendes gerichtsförmiges Verfahren, in dem sich als Beteiligte nur der Verfahrenskostenhilfe begehrende Antragsteller und das Gericht als Bewilligungsstelle gegenüber stehen (OLG Bremen, a.a.O.; Zöller, § 118 ZPO Rz. 1). Der Verfahrensgegner, dessen Gesuch auf Einsicht in die Verfahrenskostenhilfeunterlagen des Antragstellers nach § 117 Abs. 2 Satz 2 ZPO abgelehnt wird, wird hierdurch nicht zum Verfahrensbeteiligten. Ihm ist deshalb eine eigene Beschwerdebefugnis ebenso wenig eröffnet, wie gegen die gerichtliche Entscheidung über den Verfahrenskostenhilfeantrag selbst (§§ 127 Abs. 2 und 3, 567 ff. ZPO).

Ein eigenes Beschwerderecht des Antragstellers kann auch nicht in entsprechender Anwendung des § 127 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 ZPO begründet werden, da die Interessenlage nicht vergleichbar ist.

Das Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren ist kein kontradiktorisches Verfahren. Beteiligt sind lediglich der die Verfahrenskostenhilfe beantragende Antragsteller und das Gericht. Demgemäß eröffnet § 127 ZPO ein Beschwerderecht nur für den Verfahrenskostenhilfe Begehrenden (§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO) und für die Staatskasse (§ 127 Abs. 3 ZPO), die als Dritter ein eigenes Fiskalinteresse am Ausgang des Bewilligungsverfahrens hat. Ein eigenes Beschwerderecht des nach § 118 Abs. 1 S. 1 ZPO nur durch rechtliches Gehör zu beteiligenden Gegners sieht das Gesetz ausdrücklich nicht vor (vgl. OLG Oldenburg, a.a.O.).

Die hier vom Antragsteller in Anspruch genommene eigene Beschwerdebefugnis lässt sich auch nicht damit begründen, § 117 Abs. 2 Satz 2, Halbs. 2 ZPO regele einen Sonderfall des Akteneinsichtsrechts nach § 299 ZPO. Denn die mit dem Verfahrenskostenhilfegesuch gem. § 117 Abs. 2 ZPO vorgelegten Unterlagen unterliegen grundsätzlich nicht der Akteneinsicht nach § 299 ZPO (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 299 Rz. 4 m.w.N.; § 117 Rz. 20). Insofern enthält § 127 Abs. 2 S. 2, 2 Halbs. ZPO eine Spezialregelung für das Verfahrenskostenhilfeverfahren (Schoreit/Groß, Beratungshilfe, a.a.O.). Darin räumt der Gesetzgeber dem Gericht lediglich im Interesse einer erhöhten Richtigkeitsgewähr der Feststellung der Bedürftigkeit eine Befugnis, nicht aber dem Gegner des Antragstellers einen Anspruch auf Übersendung der eingereichten Verfahrenskostenhilfeunterlagen ein (OLG Bremen, a.a.O.).

Ein Beschwerderecht des Antragstellers ergibt sich auch nicht aus der unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung im angefochtenen Beschluss, soweit das Familiengericht dort rechtsfehlerhaft auf die sofortige Beschwerde als statthaftes Rechtsmittel hingewiesen hat. Eine rechtsirrtümliche Rechtsbehelfsbelehrung begründet grundsätzlich nicht die Anfechtbarkeit einer nicht anfechtbaren Entscheidung (BGH, NJW-RR 2007, 1071; OLG Koblenz FamRZ 2010, 908).

Dem Antragsteller steht danach ein Beschwerderecht gegen den angefochtenen Beschluss nicht zu, weshalb seine hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde gem. § 68 Abs. 2 FamFG ohne weitere Sachprüfung als unzulässig zu verwerfen war.

II. Gerichtskosten werden nach § 20 FamGKG nicht erhoben, weil...

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