Leitsatz (amtlich)
Gegenüber einem unterhaltsberechtigten minderjährigen Kind muss der Unterhaltsschuldner den Vorteil einsetzen, der sich aus der Wahl einer günstigeren Steuerklasse für ihn ergibt. Beim Splitting-Vorteil (Wahl der Steuerklassen 3/5) aus einer neuen Ehe ist der Gesamtvorteil dabei auf den Unterhaltsschuldner und den Ehegatten der neuen Ehe im Verhältnis der jeweiligen Einkünfte aufzuteilen.
Normenkette
BGB §§ 1601, 1603
Verfahrensgang
AG Straubing (Beschluss vom 16.07.2014; Aktenzeichen 002 F 56/14) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers A. sowie die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners B. wird der Endbeschluss des AG - Familiengericht - Straubing vom 16.7.2014 abgeändert wie folgt:
Der Versäumnisbeschluss des AG - Familiengericht - Straubing vom 7.11.2012 - 2 F 359/12, wird in dessen Ziff. 2. dahingehend abgeändert, dass der Antragsteller an den Antragsgegner einen monatlich jeweils im Voraus fälligen Kindesunterhalt
i.H.v. 191,27 EUR von 1.8.2013 bis 31.12.2013,
i.H.v. 184,33 EUR von 1.1.2014 bis 31.8.2014
i.H.v. 213 EUR von 1.9.2014 bis 31.12.2014 und
i.H.v. 186,87 EUR ab 1.1.2015 zu zahlen hat.
Der weiter gehende Abänderungsantrag des Beschwerdeführers wird abgelehnt.
2. Im Übrigen werden die Beschwerde sowie die Anschlussbeschwerde zurückgewiesen.
3. Die sofortige Wirksamkeit dieses Beschlusses wird angeordnet.
4. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen tragen der Antragsteller zu 5/6 und der Antragsgegner zu 1/6.
5. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird 1.680 EUR festgesetzt.
6. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsteller erstrebt die Abänderung eines Unterhaltstitels.
Er ist der Vater des Antragsgegners, des Kindes B., geboren am ... 2012, dessen gesetzliche Vertreterin die Kindsmutter C. ist.
Der Antragsteller ist verheiratet mit D. Mit dieser hat er das weitere Kind E., geboren ... 2013.
Mit Versäumnisbeschluss des AG - Familiengericht - Straubing vom 7.11.2012 - 2 F 359/12, wurde der Antragsteller verpflichtet, an den jetzigen Antragsgegner ab dem Tag der Geburt einen monatlichen, jeweils im voraus fälligen Kindesunterhalt i.H.v. 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts gem. § 1612a Abs. 1 BGB der jeweiligen Altersstufe, derzeit 1. Altersstufe, gemindert um das hälftige Kindergeld für ein erstes Kind, derzeit 92 EUR, damit derzeit 225 EUR, zu bezahlen.
Der Antragsteller arbeitet Vollzeit als Möbelmonteur/Umzugshilfe bei der Möbelspedition ... in Ü.. Sein monatliches Bruttofestgehalt beträgt 1.750 EUR. Ferner erhielt er mit dem Novembergehalt 2013 Weihnachtsgeld i.H.v. 300 EUR brutto. Der Antragsteller hat Steuerklasse 4 gewählt und 1,5 Kinderfreibeträge eingetragen. Er hat Abzüge i.H.v. 143,50 EUR für Krankenversicherung, 165,38 EUR für Rentenversicherung, 26,25 EUR für Arbeitslosenversicherung und 17,94 EUR für Pflegeversicherung monatlich. Beim Weihnachtsgeld betrugen die Abzüge 24,60 EUR für die Krankenversicherung, 28,35 EUR für die Rentenversicherung, 4,50 EUR für die Arbeitslosenversicherung und 3,08 EUR für die Pflegeversicherung. Der Steuerabzug vom Lohn betrug im Jahr 2013 bei der gewählten Steuerklasse 4 für die laufenden Bezüge 158,08 EUR und anlässlich des Weihnachtsgeldbezuges 67 EUR (jeweils ohne Solidaritätszuschlag). Seine Bruttoeinkünfte betrugen laut Steuerbescheid für das Jahr 2013 22.373 EUR.
Die Ehefrau des Antragstellers hatte im Jahr 2013 Bruttoeinkünfte laut Steuerbescheid i.H.v. 5.614 EUR. Sie erhielt bis Juni 2014 Elterngeld i.H.v. monatlich 634,54 EUR. Im Juni 2014 hatte sie ein Bruttoarbeitseinkommen i.H.v. 341,07 EUR, netto 259,69 EUR, im Juli 2014 ein Bruttoeinkommen i.H.v. 1.404,88 EUR, netto 1.053,23 EUR, im August 2014 brutto 1.414,96 EUR, netto 1.059,14 EUR. Seit September 2014 absolviert die Ehefrau des Antragstellers eine Ausbildung und erhält BAföG-Leistungen i.H.v. monatlich 578 EUR.
Der Antragsteller bewohnte mit seiner Familie bis August 2014 eine Wohnung in F. zu einem monatlichen Warmmietzins von 660 EUR. Zum 1.9.2014 zog der Antragsteller mit Familie nach Ü. in den Ortsteil B.. Die Warmmiete beträgt nunmehr 650 EUR. Die Entfernung seiner Arbeitsstelle im Industriegebiet von Ü. zu seinem vormaligen Wohnort betrug ca. 13 km. Zu seiner jetzigen Wohnung beträgt sie ca. 11 km.
Der Antragsteller ist der Auffassung, er schulde dem Antragsgegner nur noch monatlichen Unterhalt i.H.v. 85 EUR (2013/2014) beziehungsweise von 44,76 EUR (2015). Er sei nicht ausreichend leistungsfähig, um seinen beiden Kindern den vollen Mindestunterhalt zahlen zu können.
Mit Endbeschluss vom 16.7.2014 hat das AG - Familiengericht - Straubing den Versäumnisbeschluss des Familiengerichts vom 7.11.2012 dahingehend abgeändert, dass der Antragsteller ab 1.8.2013 an den Antragsgegner einen monatlich jeweils im voraus fälligen Kindesunterhalt i.H.v. 187 EUR zu bezahlen hat und im Übrigen den Antrag des Antragstellers auf weiter gehende Reduzierung abgelehnt. Insbesondere wurde in der Unterhaltsberechnung nur die Unkostenpauschale von 5 % berück...