Leitsatz (amtlich)
Berufsrechtswidriges Verhalten eines Strafverteidigers allein begründet noch nicht die Strafbarkeit wegen (versuchter) Strafvereitelung. Für die Strafbarkeit ist anhand der Umstände des Einzelfalls zusätzlich die Tatherrschaft des Strafverteidigers festzustellen.
Normenkette
StGB §§ 23, 248 Abs. 4, § 258 Abs. 1, § 22
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Entscheidung vom 12.07.2011) |
Tenor
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 12. Juli 2011 im Rechtsfolgenausspruch (Ziffer I Nrn. 2 und 3) aufgehoben.
II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens an eine andere Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.
III. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.
Gründe
I. Mit Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 12.10.2010 wurde der Angeklagte wegen Anstiftung zur falschen Verdächtigung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 200,- € verurteilt.
Hiergegen wandte sich die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth mit Schriftsatz vom 13.10.2010, eingegangen bei Gericht am 14.10.2010. Dieses Schreiben hat folgenden Inhalt:
"Gegen das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 12.10.2010 lege ich das Rechtsmittel der
Berufung
ein.
Die Berufung der Staatsanwaltschaft wird wie folgt begründet:
Das Strafmaß wird dem Unrechtsgehalt der Tat und der Persönlichkeit d. Angeklagten nicht gerecht.
Die Tagessatzanzahl ist auf Grund der Schwere des Tatvorwurfs, mit dem die Frau L... auf Veranlassung des Angeklagten durch Herrn Gr. (wohl richtig: Gl.) falsch belastet worden ist, sowie des Umstands, dass der Angeklagte die Tat bei seiner Tätigkeit als Strafverteidiger begangen hat, zu niedrig. Zudem entspricht die Tagessatzhöhe nicht den wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten."
Der Angeklagte legte ebenfalls Rechtsmittel ein, welches unbeschränkt war. Mit Beschluss vom 30.3.2011 wurde ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen Versäumung der Berufungseinlegungsfrist gewährt.
Mit Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 12.7.2011 wurde auf die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten das vorgenannte Urteil des Amtsgerichts Nürnberg dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte der versuchten Strafvereitelung schuldig ist und deswegen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt wird, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Daneben verhängte das Landgericht gegen den Angeklagten ein Berufsverbot für die Dauer von drei Jahren.
Das Landgericht ging nach erfolgter Rückfrage bei der Staatsanwaltschaft davon aus, dass deren Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt sei, diesen aber in vollem Umfang zur Disposition stelle.
Zum Tatgeschehen stellte das Landgericht u.a. fest:
"...Am Ende dieses Verhandlungstages kam es sodann in der Vorführzelle des Justizgebäudes in N... zu einem Gespräch zwischen dem Angeklagten mit seinem Mandanten Gl. und dem Mitverteidiger R... (sogenanntes "Dreier-Gespräch"). Es war dies das erste Gespräch überhaupt, das Gl. gemeinsam mit seinen beiden Verteidigern führen konnte, da der Angeklagte zuvor mehrfachen telefonischen Kontaktaufnahmen des Mitverteidigers R... hinsichtlich einer gemeinsamen Mandantenbesprechung ausgewichen war.
Der Angeklagte gab nunmehr seine Einschätzung bekannt, dass es für Gl. nicht gut aussehe und es daher an der Zeit wäre, die Verteidigungsstrategie zu ändern, weil demnächst mit einer belastenden Aussage des H... entsprechend seiner Angaben in dem Ermittlungsverfahren zu rechnen sei.
Er brachte dabei zum Ausdruck, dass Gl. seine Rolle als Bandenchef loswerden und deshalb die tatsächlichen Tatbeiträge zu Lasten des H... auf diesen verschieben solle. Er forderte deshalb in der Besprechung von sich aus seinen Mandanten Gl. dazu auf, den Mitangeklagten H... einer 50:50-Beteiligung zu bezichtigen. Mit dieser Aufforderung sollten sowohl die eigentlichen Rauschgiftmengen als auch die erbrachten Tatbeiträge zwischen Gl. und H... gleichmäßig verteilt und beide dadurch als gleichberechtigte Partner dargestellt werden. Durch diese von ihm ins Gespräch gebrachte Aufteilung der Tatbeiträge erhoffte sich der Angeklagte ..., das zwischen H... und Gl. im Gespräch mit der Strafkammer angedeutete Gefälle hinsichtlich der beiderseitigen Straferwartungen zumindest zu verringern, indem Rauschgiftmengen von Gl. auf H... verschoben werden sollten und Gl. durch die Selbstbezichtigung mit höheren Mengen glaubhafter erscheint. Zu diesem Zweck sollten auf Vorschlag des Angeklagten auch die von Gl. und H... gehandelten Rauschgiftmengen erhöht und gleichmäßig zwischen Gl. und H... aufgeteilt werden. Als der Angeklagte vorschlug, Gl. solle doch die ihm zur Last liegenden ca. 53 kg Rauschgift auf 60 kg erhöhen, brachte Gl. den Einwand, dass die Erhöhung um 7 kg für die Strafzumessung wohl nichts einbringe. Der Angeklagte äußerte daraufhin, Gl. solle dann eben 70 kg sagen, wobei ihm bewusst war, das...