Leitsatz (amtlich)
Überflutungsschäden auf einem landwirtschaftlichen Grundstück, die durch einen auf ein Nachbargrundstück zugewanderten Biber verursacht werden, begründen keine Störerhaftung des für das Nachbargrundstück Verantwortlichen.
Normenkette
BGB § 1004
Verfahrensgang
LG Weiden i.d.OPf. (Urteil vom 30.09.2013; Aktenzeichen 12 O 607/10) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des LG Weiden i.d.Opf. vom 30.9.2013 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
III. Das Urteil des LG Weiden i.d.Opf. ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
1. Die zulässige Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Der Senat hat mit Beschluss vom 17.12.2013 folgenden Hinweis erteilt:
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BGH, dass der Tatbestand des § 1004 BGB nicht erfüllt ist, wenn die Beeinträchtigung ausschließlich auf Naturkräfte zurückgeht. Der Abwehranspruch setzt voraus, dass die Beklagte als Störerin verantwortlich ist. Der bloße Umstand des Eigentums an demjenigen Grundstück, von dem die Einwirkung ausgeht, reicht dazu nicht aus; die Beeinträchtigung muss vielmehr wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers zurückgehen (vgl. BGH NJW 1995, 2633 mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung). Durch Naturereignisse ausgelöste Störungen sind dem Eigentümer eines Grundstücks nur dann zuzurechnen, wenn er sie durch eigene Handlungen ermöglicht hat oder wenn die Beeinträchtigung durch ein pflichtwidriges Unterlassen herbeigeführt worden ist (BGHZ 90, 255, 266; 114, 183, 187; 122, 283, 284). Dies entspricht auch der ganz überwiegenden Auffassung in der Literatur (vgl. Palandt, BGB, 73. Aufl., § 1004 Rz. 19).
Es liegt am Problem des gesetzlich nicht näher geregelten Störerbegriffs, dass insbesondere im Bereich von Natureinwirkungen aus dem Zustand eines Grundstücks immer wieder schwierige Abgrenzungsprobleme auftreten, die sich nicht begrifflich allgemein gültig, sondern nur in wertender Betrachtungsweise von Fall zu Fall lösen lassen. Legt man für die Frage, ob ein Eigentümer eine natürliche Einwirkung "durch eigene Handlungen ermöglicht" hat, den rein naturwissenschaftlichen Kausalitätsbegriff zugrunde, so würden dem Grundstückseigentümer viel zu weitgehend auch Einwirkungen zugerechnet, die ein allgemeines Risiko darstellen und für die er nach Sinn und Zweck der nachbarrechtlichen Regelung des Nutzungskonflikts (§§ 903 ff. BGB) nicht mehr verantwortlich gemacht werden kann. Der Grundstückseigentümer hätte dann beispielsweise auch durch eine Nutzungsänderung im Rahmen landwirtschaftlicher Bewirtschaftung als Oberlieger auf abschüssigem Gelände den verstärkten Abfluss von Oberflächenwasser auf das Nachbargrundstück ermöglicht (vgl. BGHZ 114, 187) oder durch Pflanzen von Bäumen deren späteres Umstürzen bei Sturm verursacht (vgl. BGHZ 122, 285). Der BGH hat in diesen Fällen jedoch eine Verantwortung der Grundstückseigentümer abgelehnt. Er hat in einem Fall auf die seit jeher bestimmungsgemäß betriebene normale landwirtschaftliche Nutzung und die natürliche Eigenart des Grundstücks (BGHZ 114, 188; vgl. auch BGHZ 90, 255, 267) und im anderen Fall darauf abgestellt, dass der vom Eigentümer geschaffene Zustand (Anpflanzen und Aufzucht widerstandsfähiger Bäume) keine konkrete Gefahrenquelle für das Nachbargrundstück gebildet habe und Sturmschäden bei gesunden Bäumen normalerweise nicht zu erwarten seien (BGHZ 122, 285).
Ähnlich verhält es sich mit den hier vorliegenden (und für den Kläger störenden) Aktivitäten der Biber. Über die allgemeine Eignung des Grundstücks der Beklagten als Wohn- und Wirkungsstätte der Biber hinaus, hat die Beklagte keine konkrete Gefahrenquelle geschaffen, die sich später verwirklicht hat. Die vom Kläger beanstandeten Einwirkungen gehen auf ein zufälliges Naturereignis - der Einwanderung der Biber - zurück, das alle Grundstückseigentümer als allgemeines Risiko trifft und zur natürlichen Eigenart nahezu jedes Wassergrundstücks gehört. Das zeigt sich nicht zuletzt auch daran, dass Biber (heutzutage) auch in innerstädtischen Bereichen von Großstädten anzutreffen sind. Die streitgegenständliche Beeinträchtigung kann bei wertender Betrachtung mithin auch nicht mehr mittelbar auf den Willen des Grundstückseigentümers zurückgeführt werden. Auch die außerordentlich weitgehende und vom BGH bisher abgelehnte sog. Eigentumstheorie bejaht eine Verantwortlichkeit für Störungen durch derartige Einflüsse unmittelbar kraft Eigentums nur dann, wenn sich die der Sache selbst innewohnende Gefährlichkeit verwirklicht. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
Eine Störereigenschaft der Beklagten käme daher nur dann in Betracht, wenn ihr ein pflichtwidriges Unterlassen vorzuwerfen wäre. Der Kläger verweist lediglich allgemein auf die Möglichkeit der Beklagten, Maßnahmen zu ergreifen, damit keine Beeinträchtigungen für ihn entstehen. Hierzu besteht aber genauso ...