Leitsatz (amtlich)
Der Streitwert der Klage gegen einen oder mehrere Miterben auf Übereignung des durch Vermächtnis zugewandten Grundstücks (Erklärung der Auflassung und Bewilligung der Grundbucheintragung) richtet sich nach dem vollen Verkehrswert des Grundstücks und nicht lediglich nach einem dem Erbteil der verklagten Miterben entsprechenden Bruchteil dieses Wertes.
Normenkette
ZPO §§ 3, 6; BGB § 2174
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 07.12.2011; Aktenzeichen 3 O 4094/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 7.12.2011 (Az. 3 O 4094/11) in Ziff. 2 des Beschlusstenors abgeändert.
Der Streitwert wird bis zur übereinstimmenden Erledigterklärung auf 63.000 EUR und für die Zeit danach auf 6.107,70 EUR festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Klägerin hat Ansprüche auf Erfüllung eines ihr von Seiten der am 19.3.2010 verstorbenen H ... (im Folgenden: Erblasserin) testamentarisch zugewendeten Vermächtnisses durch Übereignung eines Grundstücks geltend gemacht.
Die Erblasserin war von einer aus 15 Personen bestehenden Erbengemeinschaft - darunter den beiden Beklagten mit einem Erbteil von jeweils 1/10 - beerbt worden.
Zur Erfüllung des Vermächtnisses hatte die Klägerin am 10.12.2010 einen notariellen Grundstücksübereignungsvertrag mit einer Miterbin geschlossen, die hierbei auch im Namen sämtlicher weiterer Miterben handelte (Anlage K3). Außer den beiden Beklagten hatten alle Miterben diesen Vertrag genehmigt.
Die Klägerin hat mit ihrer Klage von den Beklagten primär Genehmigung der notariellen Vermächtniserfüllungsurkunde, hilfsweise Erklärung der Auflassung und der Eintragungsbewilligung hinsichtlich des vermachten Grundstücks begehrt. Im Laufe des Rechtsstreits haben der Beklagte zu 2) unter dem 27.6.2011 sowie die Beklagte zu 1) unter dem 11.10.2011 die notarielle Vermächtniserfüllungsurkunde jeweils genehmigt. In der Folge haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
Der Verkehrswert des der Klägerin vermachten Grundstücks beträgt unstreitig (mindestens) 63.000 EUR.
Das LG Nürnberg-Fürth hat den Streitwert mit Beschluss vom 19.5.2011 vorläufig auf 75.000 EUR festgesetzt (Bl. 9 d.A.). Nach übereinstimmender Erledigterklärung hat es mit Beschluss vom 7.12.2011, dort Ziff. 2 des Beschlusstenors, den Streitwert auf 12.600 EUR festgesetzt; hierbei hat es die von beiden Beklagten geforderte Zustimmung entsprechend der Höhe deren Erbanteils von jeweils 1/10 mit jeweils 10 % des Grundstückswertes von 63.000 EUR, somit mit jeweils 6.300 EUR bewertet (Bl. 101 ff. d.A.).
Hiergegen richtet sich die am 14.12.2011 bei Gericht eingegangene Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, mit der eine Heraufsetzung des Streitwerts auf 63.000 EUR begehrt wird, da das verfahrensgegenständliche Interesse der Klägerin mit dem gesamten Grundstückswert zu bemessen sei (Bl. 106 ff. d.A.).
Die Beklagte zu 1) hat Zurückweisung (Bl. 110 d.A.), der Beklagte zu 2) Verwerfung (Bl. 111 f. d.A.) der Beschwerde beantragt.
Mit Beschluss vom 1.3.2012 hat das LG der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 131 ff. d.A.).
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache zum Teil Erfolg.
1. Da mit der Beschwerde geltend gemacht wird, das LG habe den Streitwert zu niedrig festgesetzt, ist nicht die Klägerin Beschwerdeführer (diese wäre durch eine zu niedrige Wertfestsetzung nicht beschwert). Es handelt sich vielmehr gem. § 32 Abs. 2 RVG um eine Beschwerde ihres Prozessbevollmächtigten aus eigenem Recht. Auch wenn dies in der Beschwerdeschrift nicht expressis verbis erkennbar ist, ist von dem "prozessual Vernünftigen" auszugehen und im Zweifelsfall anzunehmen, dass der Prozessbevollmächtigte die Beschwerde gegen eine vorgeblich zu niedrige Wertfestsetzung nur im eigenen Namen eingelegt hat (Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl., § 32 RVG Rz. 14).
2. Die Beschwerde ist zulässig.
a) Sie ist gem. § 32 Abs. 1 RVG, § 68 Abs. 1 GKG statthaft. Der Prozessbevollmächtigte der Partei ist befugt, im eigenen Namen - wie hier geschehen - die gerichtliche Wertfestsetzung nach § 63 GKG im Beschwerdeverfahren gem. § 68 GKG zur Überprüfung zu stellen (vgl. Zöller/Herget ZPO, 29. Aufl., § 3 Rz. 9, 10 unter Hinweis auf § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG).
b) Die Zulässigkeit der Beschwerde richtet sich - ebenso wie bei einer Beschwerde namens der Partei - nach § 68 GKG. Die Beschwerdefrist von sechs Monaten seit Erledigung des Verfahrens ist gewahrt (§ 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG). Die Erwachsenheitssumme (200 EUR) des § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG ist überschritten, da der maßgebliche Unterschiedsbetrag der Gebühr des Beschwerdeführers, berechnet nach dem festgesetzten und dem mit der Beschwerde beantragten Streitwert (vgl. Zöller/Herget, ZPO, a.a.O., § 3 Rz. 9 a.E.), höher ist.
c) Das Beschwerdegericht hat die Entscheidung des Prozessgerichts in vollem Umfang nachzuprüfen, wobei an d...