Leitsatz (amtlich)
Endet ein Scheidungsverfahren in der Berufungsinstanz durch den Tod eines Ehegatten, so ist über die Kosten des Verfahrens in entsprechender Anwendung des § 91 a ZPO und nicht nach § 93 a ZPO zu entscheiden (gegen BGH FamRZ 1983, 683 und 1986, 253).
Normenkette
ZPO §§ 91a, 93a
Verfahrensgang
AG Cham (Urteil vom 08.05.1996; Aktenzeichen F 88/94) |
Tenor
I. Bei der Kostenentscheidung der ersten Instanz hat es sein Bewenden.
Die Kosten des zweiten Rechtszuges hat der Antragsgegner zu tragen.
II. Der Streitwert des Rechtsmittelverfahrens beträgt 28.500,00 DM.
Tatbestand
I.
Das Amtsgericht – Familiengericht – Cham hat mit Endurteil vom 08. Mai 1996 die Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich durchgeführt und die Folgesache Zugewinnausgleich nach § 628 Abs. 1 Nr. 3 ZPO auf Antrag der Antragstellerin vom Scheidungsverbund abgetrennt.
Der Antragsgegner hat gegen diese Entscheidung form- und fristgerecht Berufung eingelegt und beantragt, das Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das Amtsgericht – Familiengericht – Cham zurückzuverweisen, weil die Abtrennung der Folgesache Zugewinnausgleich nicht den gesetzlichen Vorschriften entspreche.
Die Antragstellerin hat die Zurückweisung der Berufung beantragt.
Sie ist am 29. Juli 1996 verstorben.
Die Prozeßbevollmächtigten haben einer Kostenentscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt.
Entscheidungsgründe
II.
Nachdem die Antragstellerin am 29. Juli 1996 verstarb, ist das Verfahren in der Hauptsache als erledigt anzusehen (§ 619 ZPO). Die Entscheidung erster Instanz ist damit wirkungslos geworden mit der Folge, daß nur noch über die Verfahrenskosten zu entscheiden ist. Ein Aussetzungsantrag nach § 246 Abs. 1, 2. Halbsatz ZPO wurde nicht gestellt. Die Prozeßbevollmächtigten haben sich vielmehr mit einer Kostenentscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.
III.
Die Frage, nach welcher Rechtsvorschrift über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden ist, wenn ein Scheidungsverfahren durch den Tod des Ehegatten endet, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Der Bundesgerichtshof hat in zwei Beschlüssen (FamRZ 1983, 683; FamRZ 1986, 253) die Auffassung vertreten, daß in diesen Fällen § 93 a ZPO anzuwenden sei mit der Folge, daß die Kosten des gesamten Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben sind. Die neuere Rechtsprechung der Oberlandesgerichte sowie ein Teil der Literatur wendet dagegen § 91 a ZPO entsprechend an mit der Folge, daß die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nach § 97 ZPO dem Rechtsmittelführer aufzuerlegen sind, wenn seine Berufung gegen den Scheidungsausspruch aller Voraussicht nach erfolglos geblieben wäre (vgl. OLG Bamberg in FamRZ 1995, 1073; Zöller/Philippi, 19. Aufl., Rn. 6 zu § 619 ZPO; jeweils m.w.N.).
Der Senat schließt sich der letzteren Rechtsauffassung an. Für sie spricht insbesondere, daß die Kostenvorschrift des § 93 a Abs. 1 ZPO, die für den Regelfall eine Kostenaufhebung vorsieht, nur dann gilt, wenn auf Scheidung einer Ehe erkannt wird, während für den Fall der Abweisung eines Scheidungsantrages § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO und im Rechtsmittelverfahren § 97 ZPO gilt.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind deswegen in entsprechender Anwendung der §§ 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO dem Antragsgegner aufzuerlegen, weil seine Berufung gegen den Scheidungsausspruch voraussichtlich erfolglos geblieben wäre. Die Abtrennung einer Folgesache kann zwar mit der Berufung gegen das Scheidungsurteil angefochten werden (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., Rn. 13 zu § 628 ZPO), wenn sie unter Verletzung der gesetzlichen Vorschriften erfolgte. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, weil das Amtsgericht – Familiengericht – Cham sein im Rahmen des § 628 ZPO vorhandenes Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt hat. Nach § 628 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kann dem Scheidungsantrag vor der Entscheidung über eine Folgesache stattgegeben werden, soweit die gleichzeitige Entscheidung über die Folgesache den Scheidungsausspruch so außergewöhnlich verzögern würde, daß der Aufschub auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Folgesache eine unzumutbare Harte darstellen würde. Im vorliegenden Falle wurde der Scheidungsantrag dem Antragsgegner am 08.04.1994 zugestellt. Die Abtrennung der Folgesache erfolgte im Scheidungsurteil, welches am 08. Mai 1996, also mehr als zwei Jahre danach, verkündet wurde. Eine Verfahrensdauer von mehr als 2 Jahren kann als außergewöhnlich betrachtet werden (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., Rn. 5 zu § 628 ZPO). Dies gilt insbesondere, wenn, wie hier, die Folgesache weder entscheidungsreif ist noch der Zeitpunkt der Entscheidungsreife hinreichend sicher vorgesagt werden kann.
Streitwert: § 12 Abs. 2 GKG.
Fundstellen