Leitsatz (amtlich)
1. Grundsätzlich ist es auf Grund der aus der Corona-Pandemie resultierenden Risiken und Restriktionen nicht erforderlich, eine besondere, der Situation angepasste generelle Neuregelung des Umgangs zu treffen. Diese Auswirkungen sind im Rahmen der Vollstreckung zu berücksichtigen.
2. Zu den Voraussetzungen für eine Aussetzung oder Einschränkung des Umgangs auf Grund der Corona-Pandemie.
Normenkette
FamFG § 89 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Hersbruck (Aktenzeichen 02 F 851/19) |
Tenor
1) Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Hersbruck vom 03.06.2020, Az. 02 F 851/19, in Ziffer 1 aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
Gegen den Antragsgegner wird ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von 3 Tagen verhängt.
2) Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3) Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die getrennt lebenden Eltern des Kindes A ... Z ... Y ..., geboren .... Das Kind lebt beim Vater. Zum Umgang des Kindes mit der Mutter haben die Eltern zunächst im Verfahren 4 F 1323/18 vor dem Amtsgericht Hersbruck am 25.01.2019 eine gerichtlich protokollierte Vereinbarung zum Wochenendumgang getroffen. Danach findet Wochenendumgang ab dem Wochenende 7. bis 09.06.2019 14-tägig unbegleitet jeweils von Freitag 15:30 Uhr bis Sonntag 18:00 Uhr statt.
Im Verfahren 2 F 851/19 haben die Eltern am 06.11.2019 vor dem Amtsgericht Hersbruck eine gerichtlich protokollierte Vereinbarung zum Ferienumgang geschlossen. Danach soll in den Osterferien Umgang vom 04.04.2020 bis 12.04.2020 und in den Pfingstferien vom 30.05.2020 bis 06.06.2020 stattfinden. Der Wochenendumgang sollte ab einem verlängerten Umgang am 30. April bis zum 3. Mai dann an den geraden Wochenenden fortgesetzt werden.
Im Verfahren 4 F 1323/18 billigte das Amtsgericht - Familiengericht - Hersbruck die von den Eltern getroffene Vereinbarung durch folgenden Beschluss vom 25.01.2019:
"1. Der Vergleich vom 25.01.2019 wird gerichtlich gebilligt.
2. Bei schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die sich aus der Umgangsvereinbarung ergebenden Verpflichtungen kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld bis zur Höhe von 25.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anordnen.
3. Der Verfahrenswert wird auf 3.000 EUR festgesetzt."
Im Verfahren 2 F 851/ 19 billigte das Amtsgericht - Familiengericht - Hersbruck die Vereinbarung der Eltern durch folgenden Beschluss vom 06.11.2019:
"1. Das Gericht billigt die Vereinbarung der Beteiligten und übernimmt sie als gerichtliche Regelung, da sie dem Kindeswohl nicht widerspricht. Die Beteiligten werden darauf hingewiesen, dass für den Fall der Nichteinhaltung dieser Vereinbarung Ordnungsmittel verhängt werden können.
2. Der Verfahrenswert wird auf 5.000 EUR festgesetzt."
Beide Protokolle mit der Billigung der Vereinbarung und Übernahme als gerichtliche Regelung wurden den Bevollmächtigten der Beteiligten jeweils zugestellt.
Der Antragsgegner verweigerte zunächst am 06.03 und 20.03.2020 die Herausgabe des Kindes an die Mutter für den Wochenendumgang, ebenso verweigerte er den vereinbarten Ferienumgang in den Osterferien.
Der Umgang vom 06.03. auf den 08.03.2020 fand schließlich doch statt, nachdem die Mutter sich auf Forderung des Antragstellers bereit erklärte, ihre Tochter mit dem Pkw abzuholen und nicht die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen. Auf einstweilige Anordnung des Gerichts vom 09.04.2020 wurde der Umgang in den Osterferien vom 13. bis 18.04.2020 nachgeholt.
Mit Anträgen vom 12.03.2020, 25.03.2020 und 07.04.2020 beantragte die Antragstellerin jeweils gegen den Antragsgegner Ordnungsmittel zu verhängen.
Der Antragsgegner beantragte die Anträge zurückzuweisen. Hierzu führte er aus, dass aufgrund der Corona-Infektionsgefahr Ausgangsbeschränkungen bestanden hätten. Die Mutter halte Schutzmaßnahmen nicht zuverlässig ein, insbesondere habe sie eine weitere Person bei der Abholung am 06.03.2020 im Auto gehabt. Dieser Mann habe gehustet. Darüber hinaus sei aufgrund des bevorstehenden Geburtstermins für ihr 2. Kind nicht sicher, dass die Antragsgegnerin Anna aufgrund der fortgeschrittenen Schwangerschaft zuverlässig betreuen könne.
Mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hersbuck vom 03.06.2020 wurde gegen den Antragsgegner wegen der Verstöße am 06.03.2020, 20.03.2020 sowie 07.04.2020 ein Ordnungsgeld in Höhe von insgesamt 800 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von 5 Tagen verhängt.
Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dass mehrfache Zuwiderhandlungen des Antragsgegners gegen die vollstreckbaren Umgangsvereinbarungen vorlägen. Diese Zuwiderhandlungen s...