Normenkette
ZPO § 104 Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 7 O 1632/00) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 27.5.2002 dahin geändert, dass die vom Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten nur 2.234,09 Euro betragen (zzgl. Zinsen hieraus nach Maßgabe des Kostenfestsetzungsbeschlusses).
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.
III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 414,02 Euro.
Gründe
I. Der Senat wertet den als „Erinnerung” bezeichneten Rechtsbehelf als sofortige Beschwerde. Als solche ist das Rechtsmittel zulässig (§ 104 Abs. 3 S. 1, §§ 567 ff. ZPO).
II. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.
1. Zwar hat die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 15.5.2002 mitgeteilt, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein. Liegt eine solche Erklärung vor, ist deren Richtigkeit für das Kostenfestsetzungsverfahren im Allgemeinen zu unterstellen (§ 104 Abs. 2 S. 3 ZPO).
Anders verhält es sich jedoch dann, wenn die Erklärung nach Lage der Dinge nicht plausibel erscheint oder gar zweifelsfrei unrichtig ist, so dass das Gericht – wäre es an die Erklärung gebunden – sehenden Auges eine offensichtlich falsche Entscheidung treffen müsste (vgl. Musielak/Wolst, 3. Aufl., § 104 ZPO Rz. 21; Zöller/Herget, 23. Aufl., § 91 ZPO Rz. 13 „Umsatzsteuer”, jew. m.w.N. des Meinungsstandes).
So liegt der Fall hier. Die Auskunft der Beklagten vom 15.5.2002, wonach die Beklagte „als Kommune” nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei, beruht erkennbar auf der Überlegung, dass Kommunen in aller Regel keine Unternehmer und deshalb auch nicht umsatzsteuerpflichtig sind. Dieser Ansatz ist zwar grundsätzlich richtig, gilt aber nicht ausnahmslos. Nach § 2 Abs. 3 UStG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Abs. 1, 4 KStG können vielmehr auch juristische Personen des öffentlichen Rechts im Rahmen gewerblicher Betriebe umsatzsteuerpflichtig sein. Bei der Verpachtung eines gemeindeeigenen Hotels an einen privaten Hotelbetreiber, wie im konkreten Fall, ist diese Voraussetzung erfüllt. Folgerichtig hat daher die Beklagte in ihren Verträgen und Abrechnungen ggü. dem Kläger Mehrwertsteuer ausgewiesen und sie von ihm auch verlangt (vgl. § 14 UStG).
Auf telefonische Nachfrage und nach nochmaliger Überprüfung der Sach-und Rechtslage hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die Erklärung, wonach die Beklagte als Kommune nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei, für den konkreten Sonderfall nicht mehr aufrechterhalten und sich damit einverstanden erklärt, die im Kostenfestsetzungsantrag angesetzten Mehrwertsteuer-Beträge zu streichen.
2. Die Berechnung auf S. 2 des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses ist somit wie folgt zu ändern:
Der Beklagten sind als gewöhnliche außergerichtliche Kosten nicht 2.734,18 Euro erwachsen, sondern – wie dem Kläger – nur 2.357,05 Euro. Rechnerisch wirkt sich das dahin aus, dass ihr der Kläger insoweit nicht 1.970,49 Euro zu erstatten hat, sondern nur 1.649,94 Euro.
Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten, die durch die Säumnis des Klägers entstanden sind, verringert sich der Erstattungsanspruch der Beklagten von 677,61 Euro auf 584,15 Euro.
Die Summe des vom Kläger zu erstattenden Betrages beträgt somit nicht 2.648,11 Euro, wie vom LG festgesetzt, sondern nur 2.234,09 Euro.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Der Umstand, dass die Beklagte auf telefonische Nachfrage des Senats dem Rechtsbehelf nicht entgegengetreten ist, entbindet sie nicht von der gesetzlichen Pflicht, als Unterlegene die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (OLG Nürnberg OLGReport Nürnberg 200O, 88). Schließlich war es die Beklagte, die durch die – wenn auch gutgläubig abgegebene – Erklärung vom 15.5.2002 die Festsetzung des überhöhten Erstattungsbetrages erst ausgelöst hatte.
Redel
RiOLG
Fundstellen
Haufe-Index 1108422 |
NWB 2003, 112 |
NJW-RR 2002, 1728 |
MDR 2002, 1396 |
BRAGOreport 2003, 77 |
OLGR-MBN 2003, 148 |
www.judicialis.de 2002 |