Leitsatz (amtlich)
Weder § 47 Abs. 1 StGB noch § 56 StGB sind mildere Strafgesetze im Sinne des § 359 Nr. 5 StPO.
Normenkette
StPO § 359 Nr. 5, § 363 Abs. 1; StGB § 47 Abs. 1, § 56
Verfahrensgang
LG Regensburg (Entscheidung vom 24.03.2014; Aktenzeichen 3 Ns 124 Js 5063/15WA) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten I... gegen den Beschluss der 3. Strafkammer des Landgerichts Regensburg vom 24. März 2014 wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer I... ist mit Urteil des Amtsgerichts Schwabach vom 24.3.2014 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Die hiergegen gerichteten Rechtsmittel des Angeklagten sind erfolglos geblieben. Seit 18.11.2014 ist das vorgenannte Urteil rechtskräftig.
Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 21.1.2015 hat der Verurteilte die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt und gleichzeitig beantragt, die Vollstreckung aus dem Urteil aufzuschieben. Dieser Antrag ist im Wesentlichen darauf gestützt worden, dass entgegen den Feststellungen im Urteil ein im Bundeszentralregister unter Nr. 5 geführtes Verfahren vor dem Amtsgericht Cochem gegen den Verurteilten noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei, sondern mit Beschluss dieses Gerichts vom 2.12.2014 gemäß § 153 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt worden sei. Diese nach Auffassung des Verurteilten neue Tatsache sei geeignet, die strafschärfende Vorschrift des § 47 StGB unanwendbar zu machen. Zudem sei bei Verurteilung des Beschwerdeführers § 56 Abs. 1 Satz 1 StGB nicht angewandt worden. Auf den Inhalt des vorgenannten Schriftsatzes wird wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens ergänzend Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 24.3.2015 hat die 3. Strafkammer des Landgerichts Regensburg den Wiederaufnahmeantrag des Verurteilten als unzulässig verworfen und den Antrag auf Anordnung des Vollstreckungsaufschubs abgelehnt. Auf die Gründe dieses Beschlusses wird hier Bezug genommen.
Gegen diesen dem Verteidiger des Verurteilten am 30.3.2015 zugestellten Beschluss hat er mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 7.4.2015, eingegangen bei Gericht per Telefax am selben Tage, sofortige Beschwerde eingelegt. Auf die Begründung dieser Beschwerde wird hier ebenfalls Bezug genommen.
Die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg hat mit Schreiben vom 20.4.2015 beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen. Der Verteidiger entgegnete hierauf mit weiterem Schriftsatz vom 8.5.2015. Auch auf diese Schriftsätze wird Bezug genommen.
II.
Die statthafte (§ 372 Satz 1 StPO), form- und fristgerecht eingelegte (§ 311 Abs. 2 StPO) sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die 3. Strafkammer des Landgerichts Regensburg hat zu Recht und mit zutreffender Begründung den Wiederaufnahmeantrag des Verurteilten als unzulässig verworfen.
Gemäß § 359 Nr. 5 StPO ist die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten zulässig, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Verurteilten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung zu begründen geeignet sind.
Ein milderes Gesetz ist danach ein solches, dessen Strafdrohung geringer ist oder welches die Strafbarkeit vermindernde Umstände vorsieht (Meyer-Goßner/Schmitt StPO, 58. Aufl. § 359 Rn. 41). Die Annahme eines vertypten Milderungsgrundes fällt hierunter, nicht aber diejenige eines allgemeinen minder schweren Falles.
Der Verurteilte begehrt hier den Wegfall der Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 StGB, so dass statt Freiheitsstrafe von zwei Monaten eine Geldstrafe zu verhängen wäre und die Anwendung des § 56 StGB mit der Folge der eventuellen Strafaussetzung zur Bewährung. Beides sind nach obigen Kriterien keine zulässigen Angriffsziele des Wiederaufnahmeverfahrens.
Die Vorschrift des § 47 Abs. 1 StGB ist keine Strafzumessungsnorm, insbesondere keine Strafnorm mit milderer Strafdrohung. Vielmehr erfolgt die Strafzumessung zunächst ohne Ansehung des § 47 StGB. Erst wenn danach vom Gericht eine kurze Freiheitsstrafe von unter sechs Monaten als angemessen erachtet wurde, hat eine ergänzende Prüfung zu erfolgen, ob diese Strafe als Freiheitsstrafe notwendig ist, oder die Verhängung einer Geldstrafe ausreicht. Dabei findet keine (erneute oder zusätzliche) Strafzumessung statt, vielmehr ist § 47 Abs. 1 StGB eine Anwendungsregel bei Fällen wahlweiser Freiheits- oder Geldstrafe. Somit ist § 47 Abs. 1 StGB kein schärferes Gesetz bzw. dessen Wegfall kein milderes Gesetz im Sinne des § 359 StPO.
Gleiches gilt für die Anwendung oder Nichtanwendung des § 56 StGB. Auch diese Norm beinhaltet nicht die Anwendung eines milderen Strafgesetzes, sondern lediglich die Frage, ob die Vollstreckung einer zuvor unter Anwendung der Strafgesetze bemessenen Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird oder nich...