Leitsatz (amtlich)
Für den am 1. Januar 2018 in Kraft getretenen § 72a GVG ist für den Fall, dass eine allgemeine Zivilkammer und eine Zivilkammer mit einer dem GVG entsprechenden Spezialzuständigkeit einen negativen Kompetenzkonflikt austragen, der zuständige Spruchkörper in entsprechender Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO durch das Oberlandesgericht zu bestimmen.
Tenor
1. Die Bestimmung des zuständigen Spruchkörpers wird abgelehnt.
2. Die Sache ist bei der 3. Zivilkammer des Landgerichts Regensburg anhängig.
Gründe
I. 1. Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht eine Forderung der A GmbH gegenüber der Beklagten geltend. Nach dem Vortrag der Klägerin erbrachte die A GmbH Planungsleistungen für folgende Projekte:
a) Sanierung des historischen Baustadels in der W.straße ...
b) Neubauten "Am W..." in R.
Die A GmbH soll von der Beklagten beauftragt gewesen sein, die Leistungsphasen 1 - 4 nach der HOAI durchzuführen. Die Vergütung der von der A GmbH erbrachten Leistungen sollte darin bestehen, dass diese 25 % des bei der Beklagten im Zusammenhang mit den obengenannten Bauvorhaben anfallenden Gewinns erhalten sollte. Diesen Gewinnanteil berechnet die Klägerin mit 413.116,66 EUR (Anlage K2).
Die Beklagte verteidigt sich gegen die Klage mit folgenden Argumenten:
a) Die Forderung sei verjährt (Bl. 14 - 19 d. A.).
b) Die Klägerin habe den ihr zustehenden anteiligen Gewinnanspruch bereits durch Verrechnung vollständig erhalten (Bl. 19 - 24 d. A.).
c) Die Aufstellung aus den Erlösen sei unzutreffend (Bl. 25 d. A.).
d) Der Beklagten stünden Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin zu, da diese eigene Wohneinheiten in den Bauprojekten erworben habe und dort Dachgeschosseinheiten ohne Erlaubnis umgeplant habe (Bl. 25 - 27 d. A.).
e) Die mit den Leistungsphasen 1 - 4 beauftragte A GmbH sei auch mit der Planung der Tiefgarageneinfahrt betraut gewesen. Dort lägen Planungsmängel vor, welche zu Minderungsansprüchen der jeweiligen Erwerber in Höhe von insgesamt mindestens 200.000,00 EUR führen würden, weshalb der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zustehe (Bl. 27 - 30 d. A.).
In der Replik kündigen die Klägerin und die A GmbH eine zwischen den Parteien aus ihrer Sicht bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechtes mit sofortiger Wirkung und treten dem Vorbringen der Beklagten im Übrigen entgegen. Darüber hinaus wird (Bl. 48 d. A.) die Klage dahingehend erweitert, dass Einsichtnahme in bestimmte Geschäftsunterlagen der Beklagten sowie die Erstellung der Schlussrechnung für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts verlangt werden.
2. Die Klage ist am 2. Januar 2018 (Bl. 1 d. A.) bei dem Landgericht Regensburg eingegangen.
Mit Verfügung vom 22.03.2018 (Bl. 32 d. A.) hat die 3. Zivilkammer das Verfahren dem Vorsitzenden der 1. Zivilkammer mit der Bitte um Prüfung der Übernahme vorgelegt. Nach Ansicht des Einzelrichters handelt es sich um eine Streitigkeit aus einem Architektenvertrag, für welche eine Spezialzuständigkeit der 1. Zivilkammer bestünde. Mit Verfügung vom 22.03.2018 (Bl. 33 d. A.) hat der Vorsitzende der 1. Zivilkammer die Übernahme abgelehnt, da aus seiner Sicht keine Streitigkeit "aus einem Architektenvertrag" vorliege.
Mit Beschluss vom 15.05.2018 (Bl. 50 d. A.) erklärte sich die 3. Zivilkammer für unzuständig. Zur Begründung wird auf Bl. 51 f d. A. Bezug genommen. Dieser Beschluss wurde mit Verfügung vom 15.05.2018 (zu Bl. 52 d. A.) der 1. Zivilkammer zugeleitet. Eine Bekanntgabe an die Parteien erfolgte nicht.
Mit Beschluss vom 16.05.2018 (Bl. 53 d. A.) lehnte die 1. Zivilkammer die Übernahme des Verfahrens ab, da eine Zuständigkeit gemäß § 72a S. 1 Nr. 2 GVG nicht vorliege. Es handle sich nicht um eine Streitigkeit aus einem Architektenvertrag. Die geltend gemachten Mängel seien lediglich hilfsweise eingewandt worden. Zur weiteren Begründung wird auf Bl. 53 d. A. Bezug genommen. Diesen Beschluss übersandte der Vorsitzende der 1. Zivilkammer am 16.05.2018 dem zuständigen Einzelrichter bei der 3. Zivilkammer des Landgerichts Regensburg zur eventuellen Vorlage an das Oberlandesgericht Nürnberg (Bl. 55 d. A.). Auch dieser Beschluss wurde den Parteien nicht bekannt gegeben.
Mit Beschluss vom 18.05.2018 (Bl. 56 d. A.) legte die 3. Zivilkammer dem Oberlandesgericht Nürnberg die Akten zur gerichtlichen Bestimmung der Zuständigkeit gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO entsprechend, § 37 ZPO vor. Zur Begründung wurde zunächst ausgeführt (Bl. 57 d. A.), dass eine Zuständigkeit gemäß § 72a S. 1 Nr. 2 GVG der 1. Zivilkammer bestehe. Die A GmbH habe Planungsleistungen im Sinne der HOAI erbracht und mache nunmehr ihre Honoraransprüche geltend. Gegen diese Honoraransprüche sei unter anderem eine mangelhafte Planungsleistung der A GmbH eingewandt worden. Zur weiteren Begründung wird auf Bl. 57 d. A. Bezug genommen.
Der Beschluss vom 18.05.2018 wurde mit Verfügung vom 18.05.2018 (zu Bl. 58 d. A.) an die Parteien hinausgegeben.
II. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO entsprechend liegen derzeit nicht vor.
1. Nach Ansi...