Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Steuererstattungen als Einkommen im Rahmen der Prozesskostenhilfe
Leitsatz (amtlich)
Steuererstattungen sind nicht Vermögen gem. § 115 Abs. 2 ZPO, sondern im Jahr der Erstattung als Einkommen zu behandeln (§ 115 Abs. 1 ZPO).
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 1-2
Verfahrensgang
AG Weiden i.d. OPf. (Beschluss vom 16.01.2006; Aktenzeichen 1 F 1135/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - FamG - Weiden i.d.OPf. vom 16.1.2006 abgeändert.
Dem Antragsteller wird für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe bewilligt. Ihm wird Rechtsanwalt Dr. ... beigeordnet.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des AG - FamG - Weiden i. d. OPf. vom 16.1.2006 ist zulässig und begründet. Das FamG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Antragsteller über einzusetzendes Vermögen (§ 115 Abs. 2 ZPO) verfügt.
Bei der dem Antragsteller laut Steuerbescheid des Finanzamtes ... vom 19.12.2005 zugeflossenen Steuererstattung i.H.v. 3.151,79 EUR handelt es sich nicht um nach § 115 Abs. 2 ZPO einzusetzendes Vermögen des Antragstellers, sondern um einen Teil seiner laufenden Einkünfte nach § 115 Abs. 1 S. 2 ZPO. Zu letzteren zählen sämtliche monatlichen Bezüge sowie die diesen zuzurechnenden Einnahmen. Auch einmalige Zahlungen, die ein unselbständig Beschäftigter im Lauf des Jahres erhält, sind als Teil des laufenden Einkommens diesem jeweils mit 1/12 pro Monat hinzuzusetzen (vgl. Zöller/Philippi, Komm. zur ZPO, 25. Aufl., § 115 ZPO Rz. 12; Musielak/Fischer, Komm. zur ZPO, 4. Aufl., § 115 ZPO Rz. 4-5). Zu diesen jährlich einmalig gewährten Vergütungen zählen insb. Weihnachts- sowie Urlaubsgeld, Prämien und vergleichbare Zahlungen (Zöller/Philippi, Komm. zur ZPO, 25. Aufl., § 115 ZPO Rz. 12; Musielak/Fischer, Komm.r zur ZPO, 4. Aufl., § 115 ZPO Rz. 4-5). Die dem Arbeitnehmer im Wege des Lohn- bzw. Einkommenssteuerausgleiches eventuell zufließende Erstattung kann nicht anders behandelt werden. Hierbei handelt es sich um die Rückzahlung von monatlich zu viel geleisteten Lohn- bzw. Einkommenssteuern, die dem unselbständig Beschäftigten bei richtiger Besteuerung bereits monatlich anteilig als Einkommen ausbezahlt worden wäre. Die jährlich einmalig erfolgende Steuerrückerstattung ist damit bei der Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe den Einkünften des Bedürftigen in dem Jahr anteilig hinzuzurechnen, in dem die Erstattung erfolgt, (vgl. auch: BVerwG v. 18.2.1999 - 5 C 35.97, NJW 1999, 3649; OLG Bremen FamRZ 1998, 1180 f.) und das so errechnete Einkommen bei der Beurteilung, ob der Bedürftige zur beabsichtigten Prozessführung über einzusetzendes Einkommen verfügt, zugrunde zu legen.
Da der Antragsteller, wie er zwischenzeitlich unter Vorlage der Bezügemitteilung vom 18.3.2006 belegt hat, nunmehr in den Ruhestand versetzt wurde, bezieht er nur noch monatliche Nettoeinkünfte i.H.v. 1.842,95 EUR. Dieses aktuelle Einkommen ist bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann, heranzuziehen (Musielak, Komm. zur ZPO, 4. Aufl., § 115 ZPO Rz. 2). Damit ist festzustellen, dass dem Antragsteller bei den von ihm belegten bestehenden und anzuerkennenden Belastungen kein einzusetzendes Einkommen verbleibt. Ihm war daher Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungen zu bewilligen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da auch im Pro-zesskostenhilfebeschwerdeverfahren eine Kostenerstattung nicht stattfindet (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 574 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 1510562 |
NWB 2006, 3275 |
FamRZ 2006, 1132 |
JurBüro 2006, 431 |
MDR 2006, 1308 |
OLGR-Süd 2006, 536 |