Leitsatz (amtlich)

1. Vereinbaren die Parteien in einem ohne Beteiligung des Streithelfers geschlossenen Prozessvergleich Kostenaufhebung, so sind auf Antrag des Streithelfers die Kosten seiner Nebenintervention zur Hälfte dem Gegner der unterstützten Partei aufzuerlegen; die andere Hälfte trägt der Streithelfer selbst.

2. Über diesen Kostenerstattungsanspruch des Streithelfers können die Parteien nicht zu seinen Ungunsten verfügen, auch nicht dadurch, dass sie im Prozessvergleich eine Erstattung der Nebeninterventions-Kosten ausdrücklich ausschließen.

 

Normenkette

ZPO §§ 98, 101

 

Verfahrensgang

LG Ansbach (Aktenzeichen 3 O 1006/98)

 

Tenor

I. Auf die sofortigen Beschwerden der Streithelfer zu 1) und 2) wird der Beschluss des LG Ansbach vom 16.9.2002 geändert.

II. Die Klägerin hat die durch die Nebeninterventionen der Streithelfer zu 1) und 2) verursachten Kosten jeweils zur Hälfte zu tragen; i.Ü. tragen die Streithelfer die Kosten ihrer Nebenintervention selbst.

III. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen. Zuständig für die Verhandlung und Entscheidung ist der BGH.

V. Wert des Beschwerdegegenstandes: 6.538,30 Euro – davon 2.638,96 Euro Streithelfer zu 2) und 3.899,34 Euro Streithelfer zu 1).

 

Gründe

I. Sachverhalt

Die Klägerin, eine Bauträgergesellschaft, nahm die beklagte Sparkasse aus einer Bürgschaft in Anspruch. Als die Beklagte sich weigerte, diesen Forderungen nachzukommen, erhob die Klägerin am 4.9.1998 beim LG Ansbach Klage auf Zahlung von 282.649,68 DM. Am 13.10.1998 verkündete die Beklagte zwei Personen den Streit, gegen die sie für den Fall des Unterliegens Regressansprüche geltend machen wollte. Beide Streitverkündeten traten daraufhin dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten bei, und zwar der Streithelfer zu 1) am 18.5.1999, der Streithelfer zu 2) am 12.1.2000 (alle Daten beziehen sich auf den Eingang bei Gericht).

Nach umfangreicher Beweisaufnahme und langwierigen Vergleichsverhandlungen verständigten sich die beiden Parteien im Mai 2002 außergerichtlich auf eine einvernehmliche Lösung. Im Einvernehmen mit der Beklagten teilte die Klägerin am 16.5.2002 dem LG Ansbach den gemeinsam erarbeiteten Entwurf mit und bat das Gericht, ihn gem. § 278 Abs. 6 ZPO n.F. als gerichtlichen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten. Mit Beschluss vom 3.6.2002 kam das LG diesem Wunsch nach. Nachdem die beiden Parteien die Annahme des Vergleichsvorschlags erklärt hatten, erließ das LG Ansbach am 26.6.2002 folgenden

Beschluss

Gemäß § 278 Abs. 6 ZPO wird festgestellt, dass zwischen den Parteien durch beiderseitige Annahme des gerichtlichen Vergleichsvorschlags vom 3.6.2002 ein Vergleich folgenden Inhalts zustande gekommen ist:

1. Die Klägerin verpflichtet sich, die Original-Bürgschaftsurkunde der … Sparkasse … vom 18.3.1996 über 300.000 DM zu treuen Händen bei Herrn Rechtsanwalt a.T. zu hinterlegen.

2. Nachdem Herr Rechtsanwalt T. dem Bevollmächtigten der Beklagten bestätigt hat, dass die Original-Bürgschaftsurkunde bei ihm hinterlegt ist, bezahlt die Beklagte zur Abgeltung sämtlicher streitgegenständlicher Ansprüche an die Klägerin zu Händen ihrer Bevollmächtigten 35.000 DM (17.895,00 Euro).

3. Nachdem der Betrag auf dem Konto des Rechtsanwalt T. eingegangen ist, verpflichtet sich die Klägerin, ihren Bevollmächtigten anzuweisen, die Original-Bürgschaftsurkunde an die Beklagte zu übermitteln.

4. Nachdem die Original-Bürgschaftsurkunde bei der Beklagten eingetroffen ist, verpflichtet sich die Beklagte ggü. Herrn Rechtsanwalt T., den Geldbetrag von 17.895,00 Euro zugunsten der Klägerin freizugeben.

5. Die Parteien sind sich einig, dass eine Kostenerstattung der Nebenintervenienten nicht stattfindet. Sie schließen gegenseitig einen derartigen Kostenerstattungsanspruch ausdrücklich aus.

6. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die Klägerin hat die Annahme mit Schriftsatz vom 24.6.2002, die Beklagte mit Schriftsatz vom 19.6.2002 erklärt.

Die Streithelfer, die am Zustandekommen des Vergleichs nicht beteiligt waren, fanden sich mit dem Ausschluss der Erstattung von Nebeninterventionskosten nicht ab und beantragten, der Klägerin die Hälfte der Kosten der beiden Nebeninterventionen auszuerlegen.

Dies lehnte das LG Ansbach mit Beschluss vom 16.9.2002 ab und entschied, dass beide Nebenintervenienten ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hätten. Zur Begründung verwies das LG auf Nr. 5 des Vergleichs; der darin enthaltene Ausschluss der Kostenerstattung sei nach der Rechtsprechung u.a. des OLG Nürnberg (MDR 1994, 553) wirksam und stelle die Streithelfer kostenrechtlich nicht schlechter als die von ihnen unterstützte Beklagte.

Gegen den ihnen am 23.9.2002 zugestellten Beschluss legten beide Streithelfer sofortige Beschwerde ein, der Streithelfer zu 1) am 30.9.2002, der Streithelfer zu 2) am 4.10.2002. Sie vertreten den Standpunkt, als Folge der zwischen den Parteien vereinbarten Kostenaufhebung Anspruch auf Erstattung der Hälfte ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten z...

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