Leitsatz (amtlich)
1. § 126 Abs. 1 und 2 ZPO ist nicht entsprechend auf den Vergütungsanspruch des Pflichtverteidigers anwendbar.
2. Hat die Staatskasse die notwendigen Auslagen des Beschuldigten, Angeklagten oder Verurteilten zu tragen, so kann dessen Pflichtverteidiger seine über die Pflichtverteidigergebühren hinausgehende Vergütung somit nicht im eigenen Namen gegen die Staatskasse geltend machen.
3. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Beschuldigte, Angeklagte oder Verurteilte seinen Auslagenerstattungsanspruch gegen die Staatskasse seinem Verteidiger abgetreten hat. In diesem Fall kann § 43 RVG einer Aufrechnung der Staatskasse mit eigenen Gegenansprüchen entgegenstehen.
Normenkette
StPO § 140 Abs. 2, § 464b; RVG § 55 Abs. 1 S. 1; ZPO § 126 Abs. 2; RVG § 52 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1; ZPO § 126 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Regensburg (Entscheidung vom 19.03.2014; Aktenzeichen StVK 49/1997) |
Tenor
1.
Die sofortige Beschwerde der Rechtsanwältin Dr. G... gegen den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing - Rechtspfleger - vom 19.03.2014 wird als unbegründet verworfen.
2.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Im Verfahren über die Erledigterklärung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach § 67d Abs. 3 StGB hat die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing (künftig: Strafvollstreckungskammer) die beschwerdeführende Rechtsanwältin dem Verurteilten mit Verfügung vom 02.12.2010 entsprechend § 140 Abs. 2 StPO als Pflichtverteidigerin beigeordnet.
Mit Beschluss vom 27.10.2011 hat die Strafvollstreckungskammer unter anderem die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung für erledigt erklärt. Mit Beschluss vom 21.12.2011 (2 Ws 610/11) hat der Senat über die hiergegen eingelegten Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft München I (sofortige und einfache Beschwerde) und des Verurteilten (einfache Beschwerde) entschieden und die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die hierbei entstandenen notwendigen Auslagen des Verurteilten der Staatskasse auferlegt.
Mit Beschluss vom 24.02.2012 hat die Strafvollstreckungskammer durch den Rechtspfleger die aus der Staatskasse an die beigeordnete Pflichtverteidigerin zu erstattende Vergütung für das vor dem Oberlandesgericht Nürnberg geführte Beschwerdeverfahren (Az. 2 Ws 610/11) auf 300 € festgesetzt. Das hiergegen eingelegte Rechtsmittel der Pflichtverteidigerin, mit dem diese eine Erhöhung des Honorars um 266 € beantragte, da das Oberlandesgericht über drei Rechtsmittel gleichzeitig entschieden habe, blieb ohne Erfolg.
Die Verteidigerin beantragte daraufhin mit Schreiben vom 12.08.2012 unter Berufung auf die Kostengrundentscheidung des Senats im Beschluss vom 21.12.2011 (2 Ws 610/11), die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen Gebühren auf 400 € (Verfahrensgebühr gem. RVG VV-Nr. 4201 in Höhe von 700 € abzüglich bezahltem Pflichtverteidigerhonorar in Höhe von 300 €) zuzüglich fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz festzusetzen. In der von der Verteidigerin vorgelegten Verteidigervollmacht vom 19.12.2007 war sie vom Verurteilten auch hinsichtlich der "Kostenfestsetzung" bevollmächtigt worden.
Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Regensburg (künftig: Bezirksrevisor) trat dem mit Schreiben vom 21.08.2012 nicht entgegen. Daraufhin setzte die Rechtspflegerin der Strafvollstreckungskammer am 08.10.2012 durch handschriftlich ergänzten und unterschriebenen Stempelaufdruck auf dem Antragsschreiben der Verteidigerin die "dem Angeklagten aus der Staatskasse zu zahlenden notwendige Auslagen ... auf 400 € plus 5% Zinsen ü. Basiszins seit dem 12.08.12" fest.
Der Betrag gelangte nicht zur Auszahlung, da die Staatskasse mit rückständigen Gerichtskosten gegen den Verurteilten aufrechnete.
Die Verteidigerin machte daraufhin mit Schreiben vom 08.12.2013 im eigenen Namen im Wege der Nachliquidation Gebühren in Höhe von 400 € mit der Begründung geltend, ein gerichtlich bestellter Rechtsanwalt - und damit auch ein Pflichtverteidiger - könne gemäß § 464b Satz 3 StPO i.V.m. § 126 Abs. 1 ZPO einen Kostenfestsetzungsantrag im eigenen Namen stellen.
Dem trat der Bezirksrevisor mit Schreiben vom 29.01.2014 entgegen, da der Betrag bereits am 12.08.2012 geltend gemacht und ausbezahlt worden sei, so dass eine neue Kostenfestsetzung nicht in Betracht komme.
Mit Schreiben vom 06.02.2014 (ergänzt durch Schreiben vom 28.02.2014) wies die Verteidigerin darauf hin, dass ihr der Betrag nie ausbezahlt wurde, da die Staatsanwaltschaft Regensburg - Zweigstelle Straubing - am 23.10.2012 die Aufrechnung mit rückständigen Gerichtskosten ihres Mandanten aus dem Verfahren 133 VRs 90086/08 erklärt habe. Eine solche Aufrechnung sei aber aufgrund des § 126 Abs. 2 ZPO erst ab der Zustellung des auf die Partei lautenden Kostenfestsetzungsbeschlusses zulässig (unter Hinweis auf Musielak, ZPO, § 126 Fn. 51 und 52).
Der Bezirksrevisor vertrat gemäß Schreiben vom 21.02.2014 ...