Leitsatz (amtlich)
1.
Wird mit der Revision gegen ein gemäß § 329 Abs. 1 StPO ergangenes Verwerfungsurteil geltend gemacht, dieses gehe zu Unrecht davon aus, dass ein Angeklagter nicht genügend entschuldigt gewesen sei, setzt die Überprüfung die Erhebung einer der Vorschrift des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Verfahrensrüge voraus.
2.
An deren Zulässigkeit dürfen allerdings keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden. In Fällen, in denen sich das Urteil nicht oder nicht ausreichend mit möglichen Entschuldigungsgründen auseinandersetzt, genügt die Verfahrensrüge schon dann den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, wenn vorgetragen wird, der Angeklagte habe sich bereits vor Erlass des Verwerfungsurteils auf die von ihm geltend gemachten Entschuldigungsgründe berufen.
3.
Ein nach § 329 Abs. 1 StPO ergangenes Verwerfungsurteil muss so begründet sein, dass das Revisionsgericht die maßgebenden Erwägungen des Berufungsgerichts nachprüfen kann.
Tenor
I.
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts xxx vom 12. September 2007 mit den Feststellungen aufgehoben.
II.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts xxx zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht xxx hat die Angeklagte am 18.7.2007 wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von dreißig Tagessätzen zu je EUR 10,-- verurteilt. Das Landgericht xxx hat am 12.9.2007 die Berufung der Angeklagten ohne Verhandlung zur Sache nach § 329 StPO verworfen und diese Entscheidung wie folgt begründet:
"Die Angeklagte hat gegen das Urteil des Amtsgerichts xxx vom 18.07.2007 form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Sie wurde zu der auf 12.09.2007 anberaumten Berufungsverhandlung am 01.09.2007 geladen.
In dem Ladungsschreiben ist darauf hingewiesen, dass die Berufung ohne Verhandlung zu Sache verworfen wird, falls die Angeklagte nicht erscheint und das Ausbleiben nicht genügend entschuldigt ist.
Die Angeklagte ist zur Hauptverhandlung, zu welcher nach einer Wartezeit von 15 Minuten aufgerufen worden ist, nicht erschienen. Ihr Ausbleiben ist nicht entschuldigt. Es sind auch keine Anzeichen dafür erkennbar, dass die Angeklagte gehindert gewesen wäre, zu erscheinen.
Gemäß § 329 StPO war daher die Berufung mit der sich aus § 473 StPO ergebenden Kostenfolge ohne Verhandlung zur Sache zu verwerfen."
Mit ihrer Revision beantragt die Angeklagte,
das Urteil vom 12.9.2007 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts xxx zurückzuverweisen.
Die Generalstaatsanwaltschaft xxx hat am 2.1.2008 beantragt,
die Revision als unzulässig zu verwerfen.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 333, 341 Abs. 1, 344, 345 SPO) und hat mit der (Verfahrens-) Rüge der Verletzung des § 329 Abs. 1 StPO einen - zumindest vorläufigen -
Erfolg.
1.
Wird mit der Revision gegen ein gemäß § 329 Abs. 1 StPO ergangenes Verwerfungsurteil geltend gemacht, dieses gehe zu Unrecht davon aus, dass ein Angeklagter nicht genügend entschuldigt gewesen sei, setzt die Überprüfung der vom Landgericht vorgenommenen Wertung die Erhebung einer der Vorschrift des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Verfahrensrüge voraus (stRspr des Senats, vgl. etwa OLG Nürnberg Beschl. v. 27.6.2005 - 2 St OLG Ss 95/05; OLG Nürnberg Beschl. v. 12.9.2006 - 2 St OLG Ss 184/06; OLG Nürnberg Beschl. v. 20.12.2006 - 2 St OLG Ss 284/06). Danach sind die den Mangel enthaltenden Tatsachen so vollständig und genau mitzuteilen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung prüfen kann, ob die Rüge begründet ist, wenn die behaupteten Tatsachen zutreffen (stRspr des Senats, vgl. OLG Nürnberg Beschl. v. 6.9.2006 - 2 St OLG Ss 170/06, [insoweit in NStZ-RR 2006, 380, 381 allerdings nicht abgedruckt]).
a)
In Fällen, in denen sich das Urteil nicht oder nicht ausreichend mit möglichen Entschuldigungsgründen auseinandersetzt, genügt die Verfahrensrüge schon dann den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, wenn mit ihr vorgetragen wird, der Angeklagte habe sich bereits vor Erlass des Verwerfungsurteils auf die von ihm geltend gemachten Entschuldigungsgründe berufen. Die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils brauchen hingegen nicht wiederholt zu werden; solches wäre bloßer Formalismus (vgl. OLG Nürnberg Beschl. v. 27.6.2005 - 2 St OLG Ss 95/05; OLG Nürnberg Beschl. v. 20.12.2006 - 2 St OLG Ss 284/06).
b)
Eine den aufgezeigten Grundsätzen entsprechende Verfahrensrüge hat die Angeklagte - entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft xxx in ihrer Stellungnahme vom 2.1.2008 - erhoben.
An die Zulässigkeit der erhobenen Verfahrensrüge einer Verletzung des § 329 StPO dürfen keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden (stRspr, vgl. BayObLGSt 1999, 69, 71; OLG Nürnberg Beschl. v. 12.9.2006 - 2 St OLG Ss 184/06; OLG Nürnberg Beschl. v. 20.12.2006 - 2 St OLG Ss 284/06). Ergibt sich, dass ein Angeklagter vor dem Hauptverhandlungstermin Entschuldigungsgründe vorgebracht hat, ist es ausreichend, wenn ausgefüh...