Leitsatz (amtlich)
Wird in einem Vergleich ein Teilverzicht unter der Voraussetzung vereinbart, dass Ratenzahlungen zu bestimmten Terminen zu leisten sind, kann sich der Gläubiger nach Treu und Glauben nicht auf Fristüberschreitungen berufen, wenn er einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, nach dem der Schuldner sich darauf verlassen durfte, dass der Gläubiger aus einer Fristüberschreitung nicht die vereinbarten Folgen herleiten werde.
Dies ist dann der Fall, wenn der Schuldner eine Vielzahl vereinbarter Teilzahlungen pünktlich und lediglich ganz wenige Raten jeweils nur einige Tage verspätet leistet und der Gläubiger die - geringfügig - verspäteten Zahlungen wie auch die späteren, erneut fristgemäßen bis zur Schlusszahlung entgegennimmt, ohne zu erklären, dass er die vereinzelten geringen Verspätungen zum Anlass nimmt, die gesamte ursprüngliche Forderung geltend zu machen.
Normenkette
BGB § 242
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 16.04.2010; Aktenzeichen 9 O 6629/09) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 16.4.2010 - 9 O 6629/09, durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat
Gründe
1. Der Kläger schuldete dem Beklagten 230.114 EUR (450.000 DM) aus einem notariellen Schuldanerkenntnis vom 13.1.1997. Am 12.6.2003 vereinbarten die Parteien, dass die Schuld vollständig getilgt sein soll, wenn der Kläger zunächst 10.000 EUR am 12.6.2003, 10.000 EUR bis 15.7.2003 und 5.000 EUR bis 30.8.2003 sowie ab dem 1.10.2003 65 monatliche Raten von jeweils 800 EUR bezahlt, insgesamt also 77.000 EUR. Weiter wurde festgelegt, dass die Vereinbarung ihre Wirksamkeit verlieren soll, wenn der Kläger die ersten drei (großen) Raten nicht pünktlich begleicht oder er mit einer der späteren Monatsraten mehr als 15 Kalendertage in Verzug gerät.
Der Kläger zahlte die drei großen Raten sowie die folgenden 42 Monatsraten pünktlich, jedenfalls aber ohne Überschreitung der 15-tägigen Verzugsfrist. Die 43. Monatsrate (April 2007) zahlte er einen Tag nach Ende dieser Verzugsfrist, die 44. wieder innerhalb der Frist. Die 45. und 46. Monatsrate (Juni und Juli 2007) zahlte er sechs bzw. drei Tage nach Verstreichen der Frist, Die nächsten beiden Raten beglich er wieder innerhalb jener Frist, die 49. Monatsrate (Oktober 2007) entrichtete er drei Tage nach Fristablauf. Die folgenden neun Raten (50 bis 58) erbrachte er wieder innerhalb der genannten Frist. Die 59. Monatsrate (August 2008) zahlte er am 10.9.2008, mithin 25 Tage nach Verstreichen der Frist. Die letzten sechs Raten zahlte der Kläger wieder innerhalb der 15-Tages-Frist. Die nach der Ratenzahiungsvereinbarung zu leistende Gesamtsumme war also bis zum ursprünglich vorgesehenen Schlusszahlungszeitpunkt erbracht worden.
Der Beklagte hatte vor Zahlung sämtlicher Raten keine der Fristüberschreitungen zum Anlass genommen, den Kläger darauf hinzuweisen, dass er hierauf gestützt wieder den ursprünglich titulierten Betrag geltend machen will und die weiteren fristgerechten Zahlungen als nicht mehr geeignet ansieht, die mit der Ratenzahiungsvereinbarung vorgesehene vollständige Erfüllungswirkung herbeizuführen.
Erst als der Kläger die Schlussrate geleistet und mit Schreiben vom 25.2.2009 (Anlage A 4) um Herausgabe des Titels gebeten hatte, ließ der Beklagte durch Schreiben des Rechtsanwalts Leimbach vom 3.3.2009 erklären, der Kläger schulde den gesamten Betrag aus dem ursprünglichen Titel, weil der Kläger mit der Ratenzahlung im Jahr 2008 im Monat August um mehr als 15 Tage in Verzug gewesen sei (Anlage A 8).
2. Das Rechtsmittel hat keine Aussicht auf Erfolg. Das LG hat zutreffend festgestellt, dass der Beklagten einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, der es ihm nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die fehlende Gesamterfüllungswirkung der vom Kläger geleisteten Zahlungen zu berufen, dass die titulierte Forderung damit wie vereinbart vollständig erloschen ist (Nr. 3 Satz 2 der Vereinbarung vom 12.6.2003) und die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde unzulässig ist.
a) Verzichtet ein Beteiligter - wie vorliegend - auf einen Teil seiner Forderung unter der Bedingung, dass der Vertragspartner seine Leistung zu einem fest bestimmten Zeitpunkt erbringt, so ist es zwar grundsätzlich verfehlt, die an den Eintritt der Bedingung geknüpften nachteiligen Folgen für den Schuldner über eine Anwendung von § 242 BGB allein deshalb wieder aufzuheben, weil die Fristüberschreitung geringfügig ist. Dies ergibt sich daraus, dass die Verhinderung des Bedingungseintritts im Belieben des leistungspffichtigen Teiles liegt (§ 162 BGB) und die Vereinbarung gerade den Zweck hat, zu pünktlicher Erfüllung der Verbindlichkeit anzuhalten (BGH NJW1980, S. 1043; 2003, S. 2448).
b) Der Gläubiger kann sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) allerdings dann nicht auf eine Fristüberschreitung berufen, wenn er selbst einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, nach dem der Schuldner sich darauf verl...