Leitsatz (amtlich)
a) Kauft der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall in Abkehr vom Wirtschaftlichkeitsgebot einen höherwertigen Neuwagen, obwohl er nach den Grundsätzen des Schadensrechts nur Anspruch auf die Reparatur oder die Kosten eines Gebrauchtwagens hat, so kann er Nutzungsausfall nur bis zu dem Zeitpunkt beanspruchen, der für eine Unfallreparatur oder die Ersatzbeschaffung eines gleichwertigen Gebrauchtwagens angefallen wäre.
b) Wird Schadenersatz für ein unfallbeschädigtes, privat genutztes Kraftfahrzeug durch Anschaffung eines gleichwertigen Gebrauchtwagens geleistet, muss dieser regelmäßig nicht nahezu identische Ausstattungsmerkmale wie das Unfallfahrzeug aufweisen, um als gleichwertig zu gelten.
Verfahrensgang
LG Ansbach (Aktenzeichen 2 O 829/18) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Ansbach vom 13. Februar 2018, Az.: 2 O 829/18, wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
III. Das in Ziffer I genannte Urteil des Landgerichts Ansbach und dieser Beschluss sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 29.988 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das Fahrzeug des Klägers, ein Mercedes-Benz GLE 350 d, wurde bei einem Verkehrsunfall beschädigt. Die volle Haftung der Beklagten steht außer Streit. Das vorgerichtlich vom Kläger eingeholte Gutachten schätzte die Reparaturkosten auf 33.357,44 EUR, den Restwert auf 38.510 EUR und den Wiederbeschaffungswert auf 63.000 EUR (je brutto). Der Kläger rechnete gegenüber der Beklagten unter Zugrundelegung des Gutachtens den Wiederbeschaffungsaufwand ab und beschaffte sich ein Neufahrzeug (Mercedes-Benz GLE 350 d 4MATIC).
Mit der Klage machte der Kläger den Nutzungsausfall für weitere 252 Tage (273 Tage abzüglich regulierte 21 Tage) bis zur Auslieferung des von ihm nach dem Unfall für 64.268,69 EUR bestellten Neufahrzeugs geltend, insgesamt 29.988 EUR.
Hinsichtlich der weiteren tatsächlichen Feststellungen und des Streitstandes wird auf das erstinstanzliche Urteil und die dort in Bezug genommenen Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Das Landgericht Ansbach hat die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass Nutzungsersatz zwar grundsätzlich zugesprochen werden könne. Rechne der Kläger jedoch auf der Basis des Gutachtens ab, habe er Anspruch auf Nutzungsersatz lediglich für den Zeitraum, der objektiv der geschätzten Reparaturdauer entspreche. Der Kläger hingegen wolle die konkrete mit der fiktiven Schadensabrechnung kombinieren. Das sei unzulässig. Zu den Einzelheiten wird auf das angegriffene Urteil verwiesen.
Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Klageziel in vollem Umfang weiter verfolgt.
Er hat beantragt zu erkennen:
Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Ansbach vom 13. Februar 2019 wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 29.988 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10. März 2017 sowie weitere 479,57 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich des Parteivortrags in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Der Senat hat am 3. Juni 2019 einen Hinweis nach § 522 Abs. 2 ZPO gegeben. Hierzu hat der Kläger im Schriftsatz vom 11. Juli 2019 Stellung genommen. Auf beides wird verwiesen.
II. Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ansbach vom 13. Februar 2019, Az. 2 O 829/18, war gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Entgegen der Auffassung des Klägers steht ihm kein weitergehender Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung zu.
1. Bleibt nach der Beschädigung eines Kfz die Summe aus Reparaturkosten und verbleibendem Minderwert hinter den Kosten der Wiederbeschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs zurück, ist das Fahrzeug also reparaturwürdig, so bieten sich dem Geschädigten, der die Behebung des Schadens in die eigene Hand nimmt, regelmäßig zwei Wege: Er kann sein Fahrzeug reparieren lassen oder er kann sich ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug anschaffen. Es handelt sich hierbei um zwei verschiedene Formen der Naturalrestitution (BGH, Urteil vom 15. Oktober 1991 - VI ZR 314/90 -, juris Rn. 9; Urteil vom 23. Mai 2017 - VI ZR 9/17 -, juris Rn. 7, st.Rspr.). Das Ziel der Restitution besteht darin, den Zustand herzustellen, der, wirtschaftlich gesehen, der ohne das Schadensereignis bestehenden Lage entspricht.
Für die Überbrückung der durch Reparatur oder Wiederbeschaffung entstehenden Ausfallzeit kann der ohne das Schadensereignis bestehende Zustand wirtschaftlich am ehesten dadurch hergestellt werden, dass entweder der...