Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung des dinglichen Arrests zur Zurückgewinnungshilfe hinsichtlich Steueransprüchen
Leitsatz (amtlich)
1. Ein dinglicher Arrest kann in Ausnahmefällen auch zur Zurückgewinnungshilfe in Bezug auf Steueransprüche des Fiskus gemäß den §§ 111b Abs. 5, Abs. 2, 111d StPO, 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StGB bei einem Drittbegünstigten angeordnet werden.
2. Voraussetzung für das Sicherstellungsbedürfnis eines strafprozessualen Arrestes ist, dass die Tatsachenlage noch unklar ist, eine zeitnahe Arrestanordnung aber unerlässlich erscheint.
Normenkette
StPO § 111b Abs. 5, 2, § 111d; StGB § 73 Abs. 1 S. 1, Abs. 3
Tenor
Die weitere Beschwerde der D.S. Gaststättenbetriebs GmbH gegen den Beschluss der 6. Strafkammer des Landgerichts R. vom 29.7.2010 (- 6 Qs 13/10 Ws -) wird kostenpflichtig als unbegründet verworfen.
Gründe
I. Die Staatsanwaltschaft R. führt unter dem Az.: 157 Js 12330/10 gegen den Beschuldigten S.D.P. ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung. Gegen ihn besteht der Verdacht, als Geschäftsführer und Gesellschafter der Firma D.S Gaststättenbetriebs GmbH in den Veranlagungszeiträumen 2004 bis 2008 Steuerverkürzungen zu eigenen Gunsten und zugunsten der GmbH in einer Gesamthöhe von 229.501 Euro veranlasst zu haben. Mit Beschluss vom 27.5.2010 ordnete das Amtsgericht R. (- Gs 1125/10 III -) den dinglichen Arrest in das Vermögen der D.S. Gaststättenbetriebs GmbH als Drittbegünstigter in Höhe von 203.322 Euro an. Eine hiergegen eingelegte Beschwerde wurde vom Landgericht R. mit Beschluss vom 29.7.2010 (- 6 Ws 13/10 Ws -) als unbegründet verworfen und die Arrestanordnung sprachlich neu gefasst. Gegen diesen Beschluss hat der Beschuldigte mit Anwaltsschriftsatz vom 11.8.2010 Beschwerde, ersatzweise Gegenvorstellungen, erhoben und geltend gemacht, gegenüber der Staatsanwaltschaft sämtliche Kontobewegungen im Ausland offengelegt zu haben. Darüber hinaus habe er mit dem Finanzamt eine Vereinbarung getroffen, dass er gegen Vorlage der entsprechenden Kontoauszüge über das sistierte Konto der Gesellschaft verfügen dürfe. Die Generalstaatsanwaltschaft N. hält die eingelegte weitere Beschwerde für zulässig, aber unbegründet und hat ihre Verwerfung beantragt.
II. Da sich der angegriffene dingliche Arrest gegen das Vermögen der D.S. Gaststättenbetriebs GmbH richtet, ist das von dem Beschuldigten eingelegte Rechtsmittel gemäß § 300 StPO als eine nach § 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO statthafte weitere Beschwerde der D.S. Gaststättenbetriebs GmbH auszulegen, deren Geschäftsführer der Beschuldigte ist. In der Sache hat die weitere Beschwerde keinen Erfolg.
Zutreffend geht die Kammer davon aus, dass ein dinglicher Arrest auch zur Zurückgewinnungshilfe in Bezug auf Steueransprüche des Fiskus gemäß den §§ 111 b Abs. 5, Abs. 2, 111 d StPO, 73 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 StGB bei einem Drittbegünstigten angeordnet werden kann (vgl. BGH, NStZ 2001, 155, 156 f.; OLG Celle, StV 2009, 120, 121). Auch hat die Kammer zu Recht das Bestehen eines Tatverdachts gegen den Beschuldigten und das Vorliegen einer Drittbegünstigungssituation im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB für gegeben erachtet. Hiergegen werden in der Beschwerde keine Einwände vorgebracht.
Soweit die Beschwerdeführerin vorträgt, sämtliche Kontobewegungen im Ausland offengelegt und der Staatsanwaltschaft zugänglich gemacht zu haben, wird der Annahme eines Arrestgrundes gemäß den §§ 111 d Abs. 2 StPO, 917 Abs. 1 ZPO nicht der Boden entzogen. Ein Arrestgrund ist gegeben, wenn die Vereitelung oder wesentliche Erschwerung der Vollstreckung zu besorgen ist (vgl. OLG Frankfurt, NStZ-RR 2005, 111; OLG Düsseldorf, NJW 2008, 1605, 1607). Dies ist vorliegend auch in Bezug auf die GmbH der Fall. Diese wird offenkundig von dem Beschuldigten dominiert, der sich durch die ihm zur Last gelegte Straftat fortlaufend rechtswidrige Vermögensvorteile verschafft und diese verbraucht hat. Bei dieser Sachlage liegt es nahe, dass er auch versuchen wird, als Geschäftsführer der GmbH deren Vermögen zu eigenen Gunsten dem Zugriff des Fiskus zu entziehen. Soweit das Finanzamt gegen Vorlage entsprechender Kontoauszüge Kontoverfügungen zugelassen haben sollte, stellt dies das vorhandene grundsätzliche Sicherungsbedürfnis nicht in Frage.
Der Umstand, dass die Finanzbehörden selbst nach § 324 AO zur Sicherung ihrer Forderungen den dinglichen Arrest anordnen können, steht der Arrestanordnung vorliegend nicht entgegen. Grundsätzlich dürfen strafprozessuale Arrestanordnungen zum Zweck der Rückgewinnungshilfe nur dann ergehen, wenn der Geschädigte ein anzuerkennendes Sicherstellungsbedürfnis hat, weil er nur unter Schwierigkeiten in der Lage ist, seinen aus der Tat erwachsenen Anspruch gegen den Täter durchzusetzen. Verfügt der Verletzte dagegen über eigene Sicherungsmöglichkeiten und soll der beantragte Arrest lediglich dazu dienen, ihm Arbeit und Mühe abzunehmen, hat seine Anordnung zu unterbleiben (OLG Düsseldorf, NStZ-RR 2002, 173; OLG Oldenburg, StV 2008, 241). Der für die Steuerfestsetzung zuständ...