Leitsatz (amtlich)
Bei üblichen Mittagspausen bis zu etwa einer Stunde sind diese nicht als Teilnahme an der Hauptverhandlung anzusehen. Hierbei ist es unerheblich, ob der Rechtsanwalt die Pause für anderweitige anwaltliche Tätigkeiten nutzen kann oder nicht. Soweit eine Mittagspause über diesen zeitlichen Rahmen hinaus geht, kommt für die eine Stunde überschreitende Zeit eine Behandlung als Teilnahme an der Hauptverhandlung in Betracht. Dabei sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere wie lange die Unterbrechung war und ob der Rechtsanwalt die Möglichkeit hatte, diese sinnvoll zu nutzen.
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Entscheidung vom 06.08.2007) |
Tenor
Die weitere Beschwerde des Rechtsanwalts X gegen den Beschluss der 10. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 06.08.2007 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe
Das Amtsgericht Erlangen hat dem Angeklagten dem mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth vom 05.04.2006 sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen in Tateinheit mit Freiheitsberaubung zur Last gelegt wurde, Rechtsanwalt X als Pflichtverteidiger beigeordnet.
Termin zur Durchführung der Hauptverhandlung war für 26.10.2006, 9.00 Uhr, bestimmt. Bei Aufruf der Sache um 9.00 Uhr war der Angeklagte mit seinem Pflichtverteidiger Rechtsanwalt LIM erschienen. Die Sitzung endete um 14.30 Uhr nach Verkündung eines Urteils, des Bewährungsbeschlusses und der Erteilung der Rechtsmittelbelehrungen. Ausweislich des Sitzungsprotokolls war die Sitzung zwischen 12.00 Uhr und 13.15 Uhr (wegen einer Mittagspause) unterbrochen.
Mit Schreiben vom 26.10.2006 hat der Pflichtverteidiger die Festsetzung der Gebühren beantragt. Dabei hat er auch die Zusatzgebühr zur Terminsgebühr für die Teilnahme an der Hauptverhandlung von mehr als 5 und bis 8 Stunden gemäß Nr. 4110 W RVG in Höhe von 92 Euro geltend gemacht. Bei der Festsetzung der Vergütung hat das Amtsgericht Erlangen diese mit der Begründung abgezogen, dass die Unterbrechung von 1 1/4 Stunden im Gegensatz zu kurzen Pausen von der Gesamtdauer der Hauptverhandlung vergütungsrechtlich abzuziehen sei. Im Übrigen hat es die Vergütung antragsgemäß festgesetzt.
Dagegen hat der Pflichtverteidiger mit Schreiben vom 10.01.2007 Beschwerde eingelegt. Er hat vorgetragen, Sinn und Zweck der zusätzlichen Terminsgebühr sei es, den Zeitaufwand des gerichtlich bestellten Verteidigers für die anwaltliche Tätigkeit angemessen zu honorieren und diesen nicht auf die Bewilligung einer Pauschvergütung zu verweisen. Dabei sei die Verhandlungsdauer der Zeitspanne zwischen dem gerichtlich verfügten Beginn und der in der Verhandlung angeordneten Schließung der Sitzung gleichzusetzen. Verhandlungspausen seien grundsätzlich nicht abzuziehen. Der Verteidiger müsse sich während der Terminszeiten zur Verfügung halten und sei deswegen an einer anderweitigen Ausübung seines Berufs gehindert. Bei längeren Sitzungspausen sei darauf abzustellen, ob der Verteidiger sie anderweitig für seine Berufsausübung sinnvoll hätte nutzen können, wobei allerdings bei Sitzungsunterbrechungen während der Mittagszeit dem Verteidiger eine Mittagspause in der üblichen Länge von etwa einer Stunde grundsätzlich zuzugestehen sei. Diese diene gewöhnlich der Erholung, so dass der Verteidiger auch nicht auf-eine Nutzbarkeit dieser Zeit zu beruflicher Tätigkeit verwiesen werden könne.
Der angehörte Bezirksrevisor beim Landgericht Nürnberg-Fürth hat ausgeführt, der Kanzleisitz des Verteidigers befinde sich lediglich 429 Meter vom Gericht entfernt und er hätte die Unterbrechung daher sinnvoll für eine andere berufliche Tätigkeit nutzen können.
Mit Beschluss vom 16.05.2007 hat das Amtsgericht Erlangen auf die Erinnerung des Pflichtverteidigers die Vergütungsfestsetzung dahingehend abgeändert, dass dem Pflichtverteidiger weitere 106,72 Euro aus der Staatskasse zu erstatten seien. Die Mittagspause von einer Stunde sei bei der Berechnung der Dauer der Hauptverhandlung einzubeziehen. Grundsätzlich sei die Zeitspanne zu berücksichtigen, die zwischen dem gerichtlich verfügten Beginn und der in der Verhandlung angeordneten Schließung der Sitzung liege. Während einer einstündigen Mittagspause könne von dem Verteidiger nicht verlangt werden, dass er in dieser Zeit andere Verfahren bearbeitet. Es stehe zu befürchten, dass von der Dauer der Hauptverhandlung auch kurze Unterbrechungen und die Wartezeiten des Verteidigers während einer Urteilsberatung in Abzug gebracht würden.
Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Nürnberg-Fürth hat das Landgericht Nürnberg-Fürth mit Beschluss vom 09.07.2007 den Beschluss des Amtsgerichts Erlangen vom 16:05.2007 aufgehoben und die Erinnerung des Pflichtverteidigers gegen die Vergütungsfestsetzung des Amtsgerichts Erlangen vom 05.01.2007 als unbegründet verworfen. Weiter hat es die weitere Beschwerde zugelassen.
Mit Beschluss vom 07.09.2007 hat der gemäß §§ 56 Abs. 3 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 1 RVG zuständige Einzelrichte...