Leitsatz (amtlich)

Grundsätzlich hat der Verurteilte aufgrund des Veranlassungsprinzips die Kosten, die durch Führungsaufsichtsmaßnahmen entstehen, selbst zu tragen. Die Zurechnung der Kosten findet ihre Grenze jedoch im Übermaßverbot. Als Folge einer unabdingbaren Führungsweisung können in diesem Fall subsidiär die Kosten der Staatskasse auferlegt werden.

 

Verfahrensgang

LG Amberg (Entscheidung vom 05.12.2008; Aktenzeichen 2 StVK 237/08)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Verurteilten B. gegen die Weisung in Ziffer 3g des Beschlusses der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Amberg vom 05.12.2008 wird auf seine Kosten mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass Ziffer 3 g wie folgt ergänzt wird:

"Eine Überschreitung des oben genannten 14-tägigen Meldezeitraums um bis zu sieben Tagen ist nur dann gestattet, wenn der Verurteilte dies zuvor schriftlich oder fernschriftlich beim Bewährungshelfer unter Angabe zwingender beruflicher Gründe anzeigt und diese auf Verlangen des Bewährungshelfers auch nachweist. Der Bewährungshelfer möge in derartigen Fällen der Therapieeinrichtung Mitteilung machen."

2. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Amberg vom 05.12.2008 wird kostenpflichtig verworfen.

 

Gründe

I.

Die Jugendschutzkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth hat den Verurteilten B. mit Urteil vom 08.06.2006 wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Hausfriedensbruch und gefährlicher Körperverletzung mit Bedrohung in zwei tateinheitlichen Fällen und Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Nach Verbüßung der Strafe am 28.05.2008 trat Führungsaufsicht in Kraft. Mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Amberg ist entschieden worden, dass diese nicht entfällt und es sind verschiedene Weisungen für die Dauer der Führungsaufsicht erteilt worden. Unter Ziffer 3 g dieses Beschlusses ist angeordnet:

"Er hat unverzüglich nach der Haftentlassung mit einer psychiatrischen bzw. psychotherapeutischen Therapie seiner Pädophilie und seiner Gewaltproblematik zu beginnen, dies dem Bewährungshelfer nachzuweisen und die Therapie ordnungsgemäß abzuschließen."

Mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Amberg vom 05.12.2008 ist vorstehende Weisung in Ziffer 3 g wie folgt geändert worden.

"Er hat sich 14-tägig bei dem Psychotherapeuten Dr. zur Durchführung einer ambulanten Psychotherapie vorzustellen sowie 14-tägig an der ambulanten Gruppentherapie im Klinikum am Europakanal in 91056 Erlangen, Am Europakanal 71, teilzunehmen. Dies hat er dem Bewährungshelfer nachzuweisen.

Die jeweiligen Sitzungen darf er nicht schuldhaft versäumen. Er hat die Therapien ordnungsgemäß abzuschließen.

Die Fahrtkosten zu den therapeutischen Behandlungen nach Nürnberg oder Erlangen sowie die Kosten der Behandlung beim Therapeuten Dr. V fallen bis auf weiteres der Staatskasse zur Last."

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Verurteilte durch Schriftsatz seines Verteidigers vom 23.12.2008, da die strikte Anordnung der Meldung im Abstand von jeweils exakt 14 Tagen für ihn unzumutbar sei. Er sei mittlerweise berufstätig als Kraftfahrer im Fernverkehr und müsse sich an Ladezeiten und Fahraufträge halten. Durch die starre Regelung der Weisung laufe er Gefahr, entweder seinen Arbeitsplatz zu verlieren, oder sich wegen Weisungsverstoßes strafbar zu machen.

Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer Beschwerde vom 07.01.2009 gegen die Kostenentscheidung im vorgenannten Beschluss. Mangels gesetzlicher Grundlage sei eine derartige Auferlegung der Fahrt- und Therapiekosten auf die Staatskasse gesetzeswidrig, sie sei auch nicht veranlasst oder unverhältnismäßig, da der bayerische Landesverband für Gefangenenfürsorge diese Kosten übernehme.

II.

1. Die Beschwerden sind zulässig, insbesondere können mit der Beschwerde trotz der Beschränkung des § 453 Abs. 2 Satz 2 StPO auf Gesetzmäßigkeitsüberprüfung auch Verstöße gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und den Bestimmtheitsgrundsatz gerügt werden (vgl. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 453 Rdn. 12).

2. Die Beschwerde des Verurteilten ist weitgehend unbegründet; durch die vom Senat vorgenommene Ergänzung wird der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt. Zur Notwendigkeit einer psychiatrischen bzw. psychotherapeutischen Therapie wird auf die Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Amberg vom 23.06.2008 und vom 05.12.2008 Bezug genommen. Ein Gesetzesverstoß ist hierin grundsätzlich nicht zu sehen. Auch ist es vom Ansatz her nicht unzumutbar, im Abstand von 14 Tagen sich zu melden und an einer Therapie teilzunehmen. Unter Berücksichtigung der beruflichen Situation des Verurteilten und der Notwendigkeit als Berufsfernfahrer Ladezeiten, aber auch Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten, erachtet der Senat aber eine flexiblere Gestaltung der Meldefrist für notwendig. Dabei war zum einen darauf zu achten, dass für Abweichungen vom strikten 14-Tag...

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