Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksame Vertragsstrafenklausel in einem Bauvertrag
Normenkette
BGB §§ 635, 307 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 17.12.2009; Aktenzeichen 3 HKO 7264/08) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 17.12.2009, Az. 3 HKO 7264/08, durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Das Rechtsmittel hat keine Aussicht auf Erfolg.
Gründe
1. Die Klägerin begehrt Zahlung restlichen Werklohns, welche die Beklagte verweigert, weil sie der Auffassung ist, die Klägerin habe eine Vertragsstrafe in entsprechender Höhe verwirkt.
Die Parteien haben im schriftlichen Bauvertrag unter Nr. 12 vereinbart:
12.1 Die ... Termine des Baubeginns und der Fertigstellung sind Vertragstermine und verbindlich.
12.2 Bei Verzug hinsichtlich auch nur eines der vorgenannten Vertragstermine, sei es des Termins zum Baubeginn, sei es des Termins zur Fertigstellung, wird für jeden Werktag des Verzugs eine Vertragsstrafe von 0,2 % der Bruttoauftragssumme zur Zahlung an den Auftraggeber fällig, wobei die verwirkte Vertragsstrafe für alle Fälle auf gesamt maximal 5 % der Bruttoauftragssumme begrenzt ist, auch wenn der Auftragnehmer soweit hinsichtlich des Beginnstermins als auch hinsichtlich des Fertigstellungstermins in Verzug ist und sich somit eine höhere Vertragsstrafe errechnen würde.
12.3 Die Parteien vereinbaren bereits heute, dass der Baubeginnstermin und auch der Fertigstellungstermin vertragsstrafenbewehrt bleiben, auch wenn diese Termine von den Parteien verschoben werden sollten oder sich aus anderen Gründen verschieben, und zwar auch dann, wenn dies die Parteien bei der Vereinbarung des oder der Ersatztermine nicht noch einmal gesondert vereinbaren.
Die Regelung ist Bestandteil der von der Beklagten vorgegebenen allgemeinen Geschäftsbedingungen.
2. Das LG hat die Wirksamkeit der Vertragsstrafenregelung zu Recht gem. § 307 Abs. 1 BGB verneint, weil diese die Klägerin unangemessen benachteiligt.
Eine Vertragsstrafenvereinbarung in allgemeinen Geschäftsbedingungen muss auch die Interessen des Auftragnehmers ausreichend berücksichtigen. Eine unangemessen hohe Vertragsstrafe führt zur Nichtigkeit der Vertragsklausel nach § 307 Abs. 1 BGB. Eine geltungserhaltende Reduktion findet nicht statt (BGH NJW 2003, S. 1805, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Die Angemessenheit einer Vertragsstrafenvereinbarung setzt u.a. voraus, dass sie ihrer Funktion gerecht wird. Sie soll als Druckmittel den Schuldner anhalten, seine Leistung ordnungsgemäß zu erbringen und zugleich den Gläubiger in den Stand setzen, sich bei Verletzung der sanktionierten Vertragspflichten jedenfalls bis zur Höhe der Vertragsstrafe ohne Einzelnachweis schadlos zu halten (BGH NJW 2000, S. 2106; OLG Dresden, BauR 2001, S. 949). Dagegen ist die Schöpfung neuer, vom Sachinteresse des Auftraggebers losgelöster Geldforderungen nicht Sinn der Vertragsstrafe (BGH NJW 2003, S. 1805).
a) Daraus hat die gefestigte höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung in einer Vielzahl von Entscheidungen insb. gefolgert, dass die Vertragsstrafe nicht bereits nach einer relativ kurzen Verzögerung vollständig verwirkt sein darf.
Bereits mit Urteil vom 20.1.2000 hat der BGH festgestellt, dass bei einem vereinbarten Satz von 0,5 % der Auftragssumme je Arbeitstag auch bei einer Obergrenze von 5 % der Auftragssumme die mit jedem Tag des Verzugs steigende Dringlichkeit der Erledigung, welche durch eine angemessen gestaltete Vertragsstrafenklausel bewirkt werden soll, nicht entstehen kann. Bei einer derartigen Regelung ist bereits nach zehn Arbeitstagen, die im Allgemeinen zwei Wochen entsprechen, die volle Vertragsstrafe verfallen (NJW 2000, S. 2106). Hierdurch wird der Zweck der Vertragsstrafe verfehlt. Zugleich verliert sie den Zusammenhang mit den Verzugswirkungen.
Der zu enge Zeitrahmen bewirkt darüber hinaus, dass die Vertragsstrafe sich nicht in dem Bereich voraussichtlicher Schäden hält und damit im Rahmen der generalisierenden und typisierenden Betrachtung, welche bei der Kontrolle des Inhalts allgemeiner Geschäftsbedingungen geboten ist, auch der zweiten Funktion der Vertragsstrafe - Schadloshaltung ohne Einzelnachweis - nicht gerecht wird. Bei generalisierender und typisierender Abschätzung möglicher Verzugsfolgen kann nicht angenommen werden, dass Nachteile i.H.v. 5 % der Auftragssumme innerhalb von zehn Arbeitstagen entstehen (BGH NJW 2000, S. 2106).
An diese Rechtsprechung anknüpfend hat das OLG Dresden mit Urteil vom 8.2.2001 entschieden, dass auch eine Vertragsstrafe von 0,3 % der Bruttoabrechnungssumme je Kalendertag, welche 0,42 % je Arbeitstag entspricht, und bei einer Verzögerung von nur zwei Wochen und drei Tagen zur vollständigen Verwirkung der Vertragsstrafe führt, unangemessen ist.
Als für sich betrachtet gerade noch angemessen hat sich in der Rechtsprechung ein Tagessatz von 0,3 % je Werktag herausgebildet (vgl. BGH NJW-RR 2008, S. 615, m.w.N.).
b) Den vorstehenden Anforderungen muss eine...